| Interview

Alain Blondel: "Eine neue Ära für Karlsruhe"

In wenigen Wochen ist in der Halle 2 der Karlsruher Messe eine moderne Leichtathletik-Arena entstanden. Als erstes Highlight vor der Hallen-DM (21./22. Februar) steigt am Samstag (von 20 bis 22 Uhr live bei Eurosport2) das internationale „Indoor Meeting“ in der Messehalle. Meeting-Direktor Alain Blondel spricht im Interview über den Umzug aus der Europahalle, die Bedeutung von Überflieger Renaud Lavillenie und deutsche Talente.
Martin Neumann

Alain Blondel, Hand aufs Herz: Sie haben am Wochenende doch sicherlich zum ersten Mal Senioren-Landesmeisterschaften besucht?

Alain Blondel:

Ja, stimmt (lacht). Aber nicht unbedingt wegen der Starterfelder, die Senioren mögen es verzeihen. Ich wollte einfach sehen, wie die ganze Anlage beim ersten Wettkampf reagiert. Sie wurde komplett in Karlsruhe neu aufgebaut. Mit ihr beginnen wir hier ein ganz neues Kapitel Leichtathletik-Geschichte.

Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?

Alain Blondel:

Zunächst haben wir ein ganz anderes Bild in der Messehalle 2 als in der Europahalle. Das liegt zum einen an der Farbe. Alles erstrahlt in Blau. Von der Europahalle waren wir ja eher Grün- und Rottöne gewöhnt. Zum anderen ist da die Akustik. Die Anlage steht rund 50 Zentimeter über dem Boden. Man hört also die Läufer genauso wie die Springer im Anlauf. Daran muss man sich gewöhnen.

Was muss bis zum Indoor Meeting am Samstag noch verändert werden?

Alain Blondel:

Einige Details müssen noch angepasst werden. Beispielsweise in der Technik und bei der Präsentation der Wettkämpfe. Außerdem muss das ganze Bild der Halle noch stimmig gemacht werden, was den Aufbau der Sponsorenbanden angeht.

Der Auf- und Abbau der Arena kostet eine Stange Geld. Sollte man diese Infrastruktur nicht nutzen, um eine weitere Veranstaltung zu etablieren. Vielleicht ein Spezialmeeting für Springer oder einen Läuferabend. Schließlich verfügt die Bahn als erst zweite in Deutschland nach Leipzig über sechs Rundbahnen?

Alain Blondel:

Generell ist das eine gute Idee. Allerdings muss man sich dem Terminkalender anpassen. Nicht nur dem der Leichtathletik, sondern auch dem der Messe Karlsruhe. Man darf nicht vergessen: Diese Halle wurde für Messen gebaut. Allerdings ist die Leichtathletik-Anlage so konzipiert, dass wir auch einzelne Teile aufbauen können. Beispielsweise nur die Anlage für Weit- oder Stabhochsprung. Damit sind wir zeitlich deutlich flexibler.

Gehen wir ein paar Monate zurück, als die Messehalle noch ein „Parkplatz“ war, wie Martin Wacker, Chef des Veranstalters Karlsruhe Event GmbH, sagte. Haben Sie es für möglich gehalten, dass dort Ende Januar ein Leichtathletik-Meeting durchführbar ist?

Alain Blondel:

Ja. Ich war in den letzten Jahren als Technischer und Sportlicher Leiter bei der EM-Organisation in Zürich eingebunden. Dort gab es zwar das Stadion, aber viele weitere Anlagen rund um den Letzigrund mussten ganz neu konstruiert werden. Darum habe ich fest daran geglaubt, dass dieser Umbau möglich ist. Wobei der Zeitplan sehr eng war. Man muss bei so einem Projekt die richtigen Prioritäten setzen. Kleine Details müssen dann in den Folgejahren geklärt werden. Zu 98 bis 99 Prozent sehe ich die Anlage so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Dafür ein großes Lob an alle Beteiligten der Karlsruhe Event GmbH.

Schauen wir aufs Starterfeld: Auf welche Disziplin freuen Sie sich besonders?

Alain Blondel:

Auf den Stabhochsprung. Vor zwei Jahren hat man Renaud Lavillenie zum Nachfolger von Sergey Bubka erklärt. Mittlerweile ist er es geworden. Sein Weltrekord von 6,16 Metern ist extrem wichtig für die ganze Leichtathletik. Wenn man Usain Bolt für sein Meeting nicht bekommen kann, sollte man Renaud haben. Dass er nach Karlsruhe kommt, ist ein Riesen-Ding.

Renaud Lavillenie hat am Samstag in Rouen 6,00 Meter überquert. Noch steht sein Karlsruher Meetingrekord bei 5,83 Metern. Gibt es eine Prämie für eine Steigerung des Rekords?

Alain Blondel:

Wenn man mit Renaud verhandelt, redet man bei Höhen zwischen 5,80 und 5,90 Metern nicht über Prämien. Die sind schon im Startgeld eingepreist. Das sind Mindestleistungen, die wir von ihm und er auch von sich selbst erwartet.

Renaud Lavillenie trifft auf ein starkes Feld, unter anderem auf Weltmeister Raphael Holzdeppe. Wird Karlsruhe den ersten Sechs-Meter-Sprung sehen? Und gibt es dann eine Sonderprämie?

Alain Blondel:

Dafür kommt Renaud zu uns. Es ist sein Ziel, regelmäßig sechs Meter zu springen. Über eine Sonderprämie haben wir noch nicht gesprochen.

Rund 120 Athleten starten in Karlsruhe im Hauptprogramm. Wie viele Absagen sind schon bei Ihnen eingegangen?

Alain Blondel:

Bis jetzt sind es 15. Aber die große Flut an Absagen kommt in den letzten drei bis sechs Tagen vor dem Meeting. In einem Jahr hatte ich 40 Absagen. Das heißt: Ich musste ein Drittel des Starterfelds neu vergeben. Das war gewaltig. In den vergangenen Jahren waren es meist zwischen 20 und 25 Absagen. Darauf muss man sich einstellen und bei den Gesprächen mit den Managern zwischen den Zeilen lesen. So kann man manche schwierige Situation schon im Vorfeld vermeiden.

Sie haben kurzfristig noch Max Heß verpflichtet. Was erwarten Sie vom neuen deutschen Jugend-Rekordler im Weitsprung?

Alain Blondel:

Erwartungen habe ich keine an ihn. Max muss niemandem etwas beweisen. Ich möchte ihm eine Plattform bieten, um gegen Weltklasse-Athleten zu springen. So kann er sich an das höchste Niveau und das ganze Umfeld eines großen Meetings herantasten. Junge Athleten mit herausragenden Fähigkeiten haben wir nicht im Überfluss. Ein Grund für die Einladung war auch meine Neugier. Ich will sehen, wie er springt und welche Reserven er noch hat.

Von einem Talent zur einer Weltrekordlerin: Susanna Kallur ist 2008 in Karlsruhe die 60 Meter Hürden in 7,68 Sekunden gelaufen. Danach war die Schwedin oft verletzt und wurde Mutter. Nun feiert sie am Samstag ihr Comeback nach fast sieben Jahren Pause über ihre Rekordstrecke. Haben Sie Kallur zu einem Start ermuntert oder hat die Schwedin bei Ihnen angefragt?

Alain Blondel:

Über einen möglichen Start diskutieren wir seit einem Jahr mit Susanna und ihrem Management. Natürlich spielt auch der Zufall eine Rolle, dass sie schmerzfrei ist und Karlsruhe an diesem Samstag ansteht. Aber sie weiß auch, dass wir alles für sie tun. Dazu kommen die guten Erinnerungen an unser Meeting.

Es könnte sogar ein Doppel-Comeback auf großer Bühne geben. Denn auch Carolin Dietrich hat sich am Sonntag mit 8,21 Sekunden bei den Landesmeisterschaften zurückgemeldet. Wird sie starten?

Alain Blondel:

Die Bahn war für sie schon seit Längerem reserviert. Nach ihrem Auftritt in Sindelfingen am Sonntag hat sie den Start bestätigt.

Welche Leistung wünschen Sie den beiden?

Alain Blondel:

Der erste Start ist immer sehr schwierig. Es ist der Sprung ins kalte Wasser. Läufe im Training sind immer anders als ein Wettkampf. Aber ähnlich wie bei Max Heß habe ich keine großen Erwartungen, möchte sie nicht belasten. Ich würde mich freuen, wenn in diesem Winter bei ihnen die Sieben vor dem Komma steht. Trotzdem ist nach einer so langen Pause für beide jeder Lauf über die Ziellinie wertvoll, egal wie schnell. Wenn sie kommen, sind sie auch stark genug. Daran habe ich keinen Zweifel.

Letzte Frage: Sie sind ein absoluter Leichtathletik-Insider. Welche drei eher unbekannten Athleten sind in dieser Hallensaison für Überraschungen gut?

Alain Blondel:

Da möchte ich zwei deutsche und zwei internationale Athleten nennen. Auf deutscher Seite sind es wie schon gesagt Max Heß und Kugelstoßer Christian Jagusch. Ich habe das Gefühl, dass Christian sich konstant steigert und noch ein großes Potenzial hat. International sind das die Stabhochspringer Shawn Barber und Sam Kendricks mit 5,87 bzw. 5,86 Metern in diesem Winter. Wenigstens einen von ihnen hätte ich gern in Karlsruhe gehabt, um Renaud ein wenig zu kitzeln. Leider war das nicht möglich, da beide in den USA für ihr College starten müssen. Ich bin mir aber sicher: Irgendwann sehen wir die beiden beim Indoor Meeting in Karlsruhe.

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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