Eike Emrich – "Mit Augenmass und Leidenschaft"
Der "Top Team Kader Peking" des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) schwört sich derzeit in Dortmund auf die nächsten Aufgaben ein. DLV-Mediendirektor Peter Schmitt hat sich für leichtathletik.de am Rande des Lehrgangs mit Prof. Dr. Eike Emrich, dem DLV-Vize-Präsidenten Leistungssport, unterhalten.
Prof. Dr. Eike Emrich im leichtathletik.de-Interview (Foto: Chai)
leichtathletik.de:Prof. Dr. Eike Emrich, wie beurteilen Sie die Entwicklung im Top Team Peking, das sich erstmals vor einem Jahr in Dortmund getroffen hat und derzeit einen weiteren Lehrgang in Dortmund abhält?
Prof. Dr. Eike Emrich:
Bei den ins Top Team berufenen Athleten entwickelt sich eine Identität als Top-Team-Mitglied. Im Kern stehen zwei Merkmale: das Wissen darum, was man von ihnen erwartet und der feste Vorsatz, den Erwartungen genügen zu wollen. Dieses hohe Maß an Selbstvertrauen und gleichzeitig Realismus ist beobachtbar.
leichtathletik.de:
Jetzt gibt es zum einen mit den Werferinnen Sabine Rumpf und Susanne Keil zwei neue Gesichter im Top Team, zum anderen wurden die A-Kader-Athleten integriert. Wie bewerten Sie diese Konstellation?
Prof. Dr. Eike Emrich:
Die Mitgliedschaft im Top Team wird einerseits erworben durch gezeigte Leistung, andererseits wird sie zugewiesen im Vertrauen auf künftig zu erwartende Leistung und deshalb mischen sich objektive Kriterien mit einem kleinen Anteil subjektiver Kriterien. Aufgrund dieser Mischung ist die personelle Zusammensetzung entstanden.
leichtathletik.de:
Nach den Olympischen Spielen in Athen lag die deutsche Leichtathletik am Boden. Wie würden Sie den Zustand der deutschen Leichtathletik aktuell beschreiben?
Prof. Dr. Eike Emrich:
Hinzufallen ist keine Schande, nur Liegenbleiben. Dass wir wieder aufgestanden sind, war bei den Weltmeisterschaften in Helsinki schon erkennbar. Jetzt geht es darum, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Erstens bedeutet das: Optimierung der Trainingsprozesse bei Spitzenathleten unter Berücksichtigung ihrer individuellen Besonderheiten und unter Nutzung aktuell verfügbaren und bewährten Wissens. Zweitens: Verbesserung der Trainingsprozesse in den Vereinen und Leichtathletikabteilungen mit Hilfe von Landesverbänden und Vereinen und zwar auf der Basis veränderter langfristig orientierter Monotonie und eine frühe Spezialisierung vermeidender Trainingskonzepte.
leichtathletik.de:
Sie sind jetzt über ein Jahr als Vize-Präsident Leistungsport beim DLV. Wie sieht Ihr ganz persönliches Fazit aus?
Prof. Dr. Eike Emrich:
Bereut habe ich es bisher noch nicht. Ganz generell werden die Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten überschätzt. Veränderungen gelingen wirklich nur durch Sachargumente und kontinuierliche Überzeugungsarbeit und brauchen auch Zeit. Es gibt keinen Schalter, den man einfach umlegen kann, sondern nur das beharrliche Bohren dicker Bretter mit Augenmass und Leidenschaft zugleich.