Alexander Kosenkow - Unverhofft kommt oft
Der Größte ist er nicht, aber der Schnellste. Alexander Kosenkow, mit 1,68 Meter Körperlänge und 64 Kilo ein Leichtgewicht in der muskel-bepackten Sprinter-Szene, sorgte für einen Donnerschlag im Stadion Manfort. Im Sauseschritt düste er über die Kunststoffpiste. 10,14 Sekunden beim Bayer-Meeting am vergangenen Sonntag! Eine bittere Pille für seine deutschen Konkurrenten, doch für die arg gebeutelten DLV-Oberen ein Hoffnungsstreif am sonst so trüben Horizont.

Alexander Kosenkow sprintete sich in den Blickpunkt (Foto: Chai)
Wer ist dieser flotte Bursche? Kaum einer hatte ihn auf der Rechnung. Unverhofft kommt oft! Alexander Kosenkow, einer aus der Wattenscheider Sprintschule, ist Deutscher Meister. In Ulm hatte er unlängst den Titel geholt, doch davon hatten damals nur Insider Notiz genommen. 10,14 Sekunden – das ist jetzt natürlich ein Kaliber von internationaler Güte! Frankie Fredericks, der nimmermüde "Oldie" aus Namibia, einer der Großen seiner Zunft, lief bei seinem Sieg in Linz zwei Tage zuvor exakt die gleiche Zeit. Jason Gardener, der zweimalige Hallen-Europameister, war in Heusden-Zolder sogar neun Hundertstel später im Ziel.
Alexander Kosenkow ist 26 Jahre alt und lange im Geschäft. 1997 und 1999 gewann er mit der 4 x 100-Meter-Staffel jeweils Bronze bei der U 23-EM. National kletterte der gelernte Industriekaufmann in schöner Serie aufs Treppchen. Als Jugendlicher sammelte er bereits einige Titel, 2001 und 2002 wurde er auch Deutscher Meister in der Männerklasse.
Bestzeit vorgenommen
Der Knoten platzte dann in Leverkusen. Da zeigte der ehrgeizige Wattenscheider, was in ihm steckt. "Natürlich wusste ich, dass ich ein Pfund drauf habe", erzählte er nach seinem Triumph vor dem 10,0-Sprinter Eric Nkansah aus Ghana, der eine Hundertstel langsamer war, "ich hatte mir auch eine neue Bestzeit vorgenommen." Dass er seine alte "Hausnummer" (10,25 sec) allerdings gleich um elf Hundertstel steigern würde, "damit hatte ich nicht gerechnet".
Sprachlos war er im Ziel. 10,14! Diese Zahlen gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Pausenlos prasselten ihm die Glückwünsche entgegen. Alexander Kosenkow war auf den letzten Drücker noch auf den WM-Zug gesprungen. Okay, die B-Norm hatte er bereits geknackt. Doch dass er auch die A-Norm für das Einzelrennen deutlich unterbieten würde, war für ihn eine faustdicke Überraschung und für viele eine kleine Sensation.
Auf den Fersen von Marc Blume
Wie schnell der Bursche gerannt ist, verrät ein kurzer Blick in die ewige deutsche Bestenliste. Da ist er mit einem Schlag auf Position sieben vorgeprescht, direkt hinter seinem Klubkollegen Marc Blume (10,13 sec in Nürnberg 1996), der in Paris zum Staffel-Quartett zählen wird.
Tobias Unger, das Nachwuchstalent von Kornwestheim-Ludwigsburg, und Ronny Ostwald, noch ein Wattenscheider, waren in Leverkusen auch live dabei. 38,70 Sekunden erreichten sie. "Steigerungsfähig", meinte Kosenkow, "wenn wir die Wechsel ausreizen, sind auch eine 38,40 oder 38,50 möglich." Und damit kämen sie in Medaillennähe, nachdem sie bei der EM in München als Vierte knapp am Edelmetall vorbei gerannt sind.
Steigerung möglich?
Nach seiner Leistungsexplosion sind die Erwartungen groß. Riesengroß. Alexander Kosenkow lässt sich davon nicht verrückt machen. Auf eine neuerliche Steigerung hofft er. "Wenn alles stimmt, ist das durchaus möglich." Auf seine Lorbeeren will er sich nicht ausruhen. Unter dem Kommando von Ronald Stein, seinem Wattenscheider Coach, bereitet er sich auf die WM vor: erst daheim im Lohrheidestadion und dann ab dem 18. August im Trainingslager in Kienbaum.
Der Countdown läuft. Alexander Kosenkow sitzt bereits in den Startlöchern. Er freut sich auf seinen Einsatz im Stade de France, wo die weltbesten Sprinter um die Medaillen laufen. Und er mittendrin statt nur dabei.