Sebastian Bürklein: Magen verdorben, Lauf verpatzt
Das Bircher Müsli hatte ihm erst den Magen verdorben und die gelaufene Zeit auch noch die gute Sonntagslaune. "Ich musste bei Kilometer 25 aufs stille Örtchen", dachte Sebastian Bürklein an den außerplanmäßigen Boxen-Stopp beim Frankfurt-Marathon, "danach lief es nicht mehr rund." Als Gesamt-Dreizehnter in 2:18:04 Stunden war er zwar bester Deutscher. "Doch mein Ziel habe ich deutlich verfehlt", gab der 30-jährige Wattenscheider ehrlich zu, "denn ich wollte unter 2:15 bleiben." Auch zwei Tage nach dem Rennen hatte er das Ergebnis noch nicht verdaut.
In Frankfurt kämpfte sich Sebastian Bürklein trotz Magenproblemen durch.
Am Sonntagmorgen in aller Herrgottsfrühe hatte er gemeinsam mit Alexander Lubina, seinem Klubkollegen, beim Frühstücksbüffet vom Bircher-Müsli gekostet. "Das", meinte Sebastian Bürklein, "hätten wir besser nicht getan." Denn beide, er und sein Wegbegleiter, der ihm als Schrittmacher wertvolle Dienste leistete ("Alex hat das ganz klasse gemacht"), bekamen auf der Strecke arge Probleme. Abstecher aufs Dixie-Klo
Die beiden Wattenscheider hatten "Flugzeuge im Bauch", wie Herbert Grönemeyer, auch ein Kind aus dem Ruhrpott, einen seiner Songs genannt hat. "Bei Alex fing das schon nach 17 Kilometern an", erklärte Sebastian Bürklein, "und ich habe dann bei Kilometer 22 erstmals nach einem Dixie-Klo Ausschau gehalten." Doch wurde er erst drei Kilometer später fündig. "Dabei habe ich etwa eine Minute eingebüßt", dachte Bürklein an seine "Auszeit" zurück, "das war höchst ärgerlich."
Mit Alexander Lubina als "Privat-Hasen" war er bis dato planmäßig auf Kurs gewesen. "Die Zwischenzeiten passten genau", erzählte Sebastian Bürklein, der als Assistenzarzt an der Poliklinik für Zahnerhaltung in Münster beschäftigt ist, "die Form war da, denn bis die Magen-Darm-Probleme auftauchten, war's richtig spielerisch." In 15:48 Minuten wurde er bei 5 Kilometer gestoppt, 31:35 waren es bei 10 Kilometer und 47:39 bei 15 Kilometer. Bei der Hälfte lag Bürklein mit 67:02 Minuten genau im Wunschbereich. Lubina ging dann nach 25 Kilometern und 1:19:31 Stunden raus, und Bürklein entschwand am Straßenrand im Dixie-Klo.
Nach der Erleichterung war es schwerer
Nachher fühlte er sich leichter, doch war es nun noch schwerer, das angestrebte Fernziel zu realisieren. "Ich wollte die deutsche Jahresbestzeit attackieren." Carsten Schütz hatte sie zwei Wochen zuvor in Essen aufgestellt. Sebastian Bürklein war ihm damals bis Kilometer 30 ein treuer Tempomacher gewesen, ehe er ausgestiegen ist. Schütz, der Debütant, siegte in 2:14:56 Stunden. "Diese Zeit", betonte Bürklein, "hatte ich in Frankfurt immer vor Augen." Doch spielte ihm der Magen einen Streich.
Nach der ungewollten Zwangspause sei er wohl auch zu ungestüm wieder losgerannt. "Als ich sah, dass Carstens Zeit nicht mehr möglich war, habe ich mich ein wenig hängen lassen", schlug Bürklein selbstkritische Töne an und konnte sein Pech nicht fassen, "noch nie im Training musste ich in die Büsche und schon gar nicht im Wettkampf. Das war für mich eine völlig ungewohnte Situation." Tono Kirschbaum, sein Trainer beim TV Wattenscheid 01, versuchte ihn aufzumuntern. Auf dem Radl begleitete er seinen Schützling. "Aber ich war nur noch gefrustet", berichtete Bürklein, "drum halfen seine Worte auch nicht mehr." Dennoch kämpfte er sich eisern durch.
Nur nicht aussteigen
Das Handtuch wollte er nicht werfen. "Nein, daran habe ich keinen Moment gedacht", bekräftigte Sebastian Bürklein, "denn wer einmal aussteigt, steigt immer aus." Nach Durchgangszeiten von 1:35:58 Stunden (30 km) und 1:52:30 Stunden (35 km) war bei ihm die Luft raus. "Zumal ich von Kilometer 25 bis ins Ziel Einzelkämpfer war." Den 5-Kilometer-Abschnitt von 35 bis 40 joggte er nur noch in 17:34 Minuten. Da vor allem verschenkte er eine bessere Endzeit als 2:18:04 Stunden.
Tief enttäuscht war er nach dem Rennen und musste sich dann auch noch dumme Kommentare anhören. Einige meinten: "Ha, ha, wärste man in Essen durchgelaufen." Das fand er nicht so lustig. Verständlicherweise. Bürklein, der seine eigene Bestleistung von 2:15:57 Stunden (Köln 2002) deutlich steigern wollte, schob Frust, denn der Lauf war verpatzt und der Magen verkorkst. "Hinterher beim Büffet saß ich zusammen mit Alex. Da gab's die tollsten Sachen, da hätten wir voll reinhauen können. Doch haben wir nichts herunter gekriegt." Beiden hatte es den Appetit verschlagen.
2004 beim Marathon zusammen mit Carsten Schütz
Aber den Kopf will er jetzt nicht in den Sand stecken. "Ich bleibe schön locker, werde im Winter gut durchtrainieren, um mir danach neue Ziele zu setzen." Mit Carsten Schütz, seinem "Spezi", mit dem er einst beim Essener Verein TLV Germania Überuhr das Einmaleins der Lauferei erlernt hat, möchte Bürklein im kommenden Frühjahr gemeinsam einen Marathon in Angriff nehmen. "Wir sind ein eingespieltes Team", sagte er, "und werden uns gegenseitig helfen."
Der Ruhr-Marathon von Dortmund nach Essen würde ihn reizen oder einer der großen Frühjahrsläufe auf einem flotten Kurs, der prima Zeiten verspricht. "Die Olympianorm von 2:11 Stunden", fügte er hinzu, "ist allerdings ein bisschen utopisch." Wo er letztendlich starten wird, lässt Sebastian Bürklein offen. Sicher ist aber, dass er ein Bircher-Müsli so schnell nicht mehr verputzen wird.