Alexander Straub - Der Bastler
Die Saison beginnt für Alexander Straub gerade, er scharrt ungeduldig mit den Füßen und wartet darauf, seinen Konkurrenten zeigen zu können, was er drauf hat. Das Ziel ist für den Stabhochspringer von der LG Filstal in den kommenden Monaten klar: „Berlin natürlich. Das schwebt doch über uns allen in diesem Jahr.“ Aber Alexander Straub hat nicht nur die WM im Fokus.
Für ihn, einen fleißigen und ehrgeizigen jungen Mann, schwebt noch ein anderes Ziel vor Augen. „Ich will mein hohes Niveau aus dem letzten Jahr weiter stabilisieren und mich in der Weltspitze etablieren. Die 5,80 Meter möchte ich öfter und konstanter springen und mir weiter einen Namen machen.“Doch zu Beginn der Saison will er auch erst einmal schauen, wie die anderen Stabhochspringer so drauf sind. Erste Gelegenheiten gibt es für ihn in diesen Tagen in Sindelfingen und Cottbus. Dabei wird er gleich auf nationale wie auch internationale Konkurrenz stoßen.
Im Gegenteil zu vielen anderen deutschen Athleten scheut er diese nicht und sucht sich Wettkämpfe auch nach Stärke der Gegner aus. Nur drei Tage nach dem Cottbuser Meeting springt er dann am 31. Januar (Samstag) für das deutsche Nationalteam bei einem Hallen-Länderkampf in Glasgow (Großbritannien). Vorgenommen hat er sich eine Wiederholung des Sieges vom letzten Jahr.
Hart trainiert
Im Winter trainierte er hart, aber es war kein leichter Winter für ihn. Immer wieder traten kleine Wehwehchen auf und seine Geduld wurde auf die Probe gestellt. „Man bekommt mit dem Erfolg auch einen höheren Anspruch an sich selbst. Wenn man dann rumkränkelt, belastet einen das ganz schön. Dafür denke ich, dass ich in den letzten Wochen effektiver trainieren konnte als noch im Jahr zuvor, wo ich doch recht früh schon in absoluter Top-Form war.“
Vor allem an zwei Dingen hat Alex Straub im Winter gearbeitet - seiner Schnelligkeit und an seinem Gewicht. „Ich bin jetzt leichter als noch 2008 und damit kam dann auch die Schnelligkeit. Jetzt kann ich es kaum abwarten wieder zu springen und all das umzusetzen woran ich in den letzten Wochen und Monaten gearbeitet habe.“
Die Uni ruft
Während er jedoch seinen Stab in die Hand nimmt, muss er auch seine reisefreie Zeit nutzen, um etwas für die Uni zu tun. Alexander Straub studiert Verfahrenstechnik, wobei es eine Art Ingenieursstudium ist, an der Uni in Stuttgart. Er muss für Kurse wie Quantenphysik lernen.
Anspruchsvoll, auch wenn er Zahlen und rechnen an sich mag. Die Uni ist für ihn ein Kampf auf einer anderen Ebene als der Sport. Im Sport jongliert er mit Zahlen, wenn es darum geht neue Sprunghöhen auszuloten um am Ende mit den wenigsten ungültigen Versuchen zu gewinnen. In der Uni geht es um Verfahrenstechniken. „Das ist schon immer sehr interessant und macht Spaß, auch wenn es mit dem Leistungssport schwer ist und die Uni oft zu kurz kommt.“
Stärken und Schwächen
Stärken hat der Filstaler im Stabhochsprung einige. Seinen Anlauf, den Einstich und den Absprung bezeichnet der 1,80 Meter große Überflieger selbst als seine größte Stärke, „denn da kann ich die meiste Energie rausholen.“ Aber auch psychisch ist er über die Jahre stark geworden. Er scheut weder große Namen noch große Wettkämpfe.
Er hat Ausdauer und die richtige Motivation für eine lange und harte Wettkampfsaison. Oft springt er über 20 Wettkämpfe in der Saison, 2008 hat er im gesamten Jahr 30 Wettkämpfe absolviert. „Ich denke ich bin ganz gut belastbar und kann gut und lange auf einem hohen Niveau springen“, sagt er. Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. Viele Bestleistungen ist er im dritten Versuch gesprungen und seit 2008, seiner besten Saison (Bestleistung 5,81 m), gehört ihm auch ein gesundes Selbstbewusstsein.
Keine Ausrede
Wenn man bei Alexander Straub nach Schwächen sucht, fällt wohl seine Technik auf, an der er aber kontinuierlich arbeitet. Sonst kommen Schwächen als Ausrede für ihn nicht in Frage. „Ich versuche keine Schwächen zu haben, sondern versuche an meinen Schwächen so lange zu arbeiten, bis sie keine mehr sind“.
Alexander Straub selbst ist ein offener und ehrlicher Typ, auch zu sich selber. Genau das achtet er auch bei anderen Personen. „Es gibt für mich kaum etwas Schlimmeres als unaufrichtige Menschen,“ sagt er. Diese, die vor einem immer gut Freund und hinten herum dann genau das Gegenteil sind, nerven ihn. „Wenn mir was nicht passt, dann sage ich es auch.“
Zwei sehr männliche Hobbies
Privat bastelt Alexander Straub gerne. Aber nicht am Schreibtisch, sondern in der Garage. Er übt wohl ein eher männliches Hobby aus. All seine freie Zeit steckt er in sein Auto. Nicht irgendeines, sondern das ehemalige Auto seiner Oma, einen VW Jetta 1, Baujahr? Natürlich 1983, wie er. Diesen hat er von seiner Großmutter vor drei Jahren geschenkt bekommen.
Seitdem hat er viel über Autos gelesen und in den Wintermonaten, wenn sich der ganze Wettkampfstress legt, geht er wohl sprichwörtlich mit seinem Auto zu Bett. Mittlerweile hat er seinen geliebten Jetta in einer Garage, die er zusammen mit Freunden gemietet hat, einmal komplett zerlegt. „Im Moment steht nur noch die Karosserie“, sagt der Autonarr. Am Ende soll das Auto aussehen und fahren wie vorher - und durch den TÜV kommen, denn das gehört zu seinen schönsten Momenten.
„Es ist jedes Mal eine Zitterpartie, das Auto durch den TÜV zu bekommen und wenn er dann die Plakette hat, freue ich mich natürlich riesig.“ Zum Schrauben an Autos ist er vor über drei Jahren durch seine Freunde gekommen. Einer seiner besten Freunde ist KFZ-Meister, der ihm auch viel über Autos beigebracht hat.
Bastellaune
Aber schon als Kind interessierte sich Alexander Straub für Autos, Matchbox-Autos. „Ich hatte eine riesige Kiste davon. Aber auch Playmobil und Lego fand ich toll.“ Ein Bastler war Alexander Straub also eh schon immer. So wundert es nicht, dass das Ende seines „Jetta-Projektes“ ist, dass sein Auto so aussieht wie vorher, nur das er „jede Schraube mindestens einmal in der Hand“ gehabt hat. Das Basteln an Autos ist wohl seine Art, dem Stress des Sportes zu entkommen und zusammen mit seinen Freunden Dinge zu besprechen, die für ihn abseits des Sportes wichtig sind.
Aber Alexander Straub hat noch ein anderes Hobby. Eigentlich ziemlich gegensätzlich zum Basteln an Autos. Wenn der Studenten-Weltmeister eine Angel in die Hand bekommt, geht es ihm gut. Seit 1993 macht er das schon. Genießen tut er daran die Zeit und Ruhe, die man hat, um über Dinge nachzudenken. Logisch eigentlich, denn in einer Sportart die von Zeitdruck, Reisestress und Leistung geprägt ist, kommt doch das nachdenken, ausruhen oder auch die Natur und die frische Luft genießen ziemlich kurz.
Ruhe beim Angeln
Außerdem nimmt er auch etwas für den Sport mit aus dem Angeln, die Geduld. „Manchmal musst du ewig einfach nur dasitzen und dann plötzlich beißt ein Fisch an. Im Sport musst du auch viel Geduld haben“, gerade auf Stabhochsprung-Wettkämpfen, die schon mal zwei Stunden oder länger dauern können.
Da der Filstaler kein richtiger Urlauber ist, genießt er freie Tage gerne an den Baden-Württembergischen Seen. Sein Traum wäre, einmal einen richtigen Fischerurlaub in Frankreich zu verbringen. Erst im vergangenen Herbst ist er zusammen mit einem Freund zum Comer See nach Italien gefahren, zum Angeln natürlich. Bei 25 Grad war zwar die Ausbeute relativ dürftig, aber er genoss die Zeit dennoch in vollen Zügen.
Erst Sport, dann Familie
Alexander Straub ist ein sehr bodenständiger Typ. Fragt man den jungen Mann nach seinen Visionen und Zukunftsplänen, zählt für ihn momentan vor allem „dass ich hoch springe“. Eine Familie wünscht sich der 25-Jährige aber auch, wobei ihm der Sport zunächst einmal wichtiger ist.
Seine Mutter gibt ihm stets die besten Tipps mit und einer ihrer Tipps hängt sogar am heimischen Kühlschrank: „Es gibt nichts, was du durch wiederholte Versuche nicht erreichen kannst.“ Sprich, irgendwann klappt alles.
Seine Familie bedeutet Alexander Straub viel. Sein Vater betreut ihn bis heute, seine Mutter hat ihren Sohn stets unterstützt. Auch viele Erfolge feierte er in seiner Heimat. Stuttgart, Sindelfingen und Co waren für ihn stets ein gutes Pflaster. 2006, als seine Karriere langsam begann, sprang er zum ersten Mal die 5,60 Meter. „Das war ein enorm schönes Erlebnis und auch Motivation,“ berichtet er. Aber auch die 5,81 Meter vom letzten Jahr in Wattenscheid waren „genial“ für Alexander Straub.
Superkräfte fürs Fliegen
Wenn Alexander Straub Superkräfte haben könnte, würde er sich wohl für das Fliegen entscheiden. „Das Fliegen liegt bei uns ja sehr nahe. Wir versuchen auch möglichst hoch über etwas rüber zu fliegen“. Aber abseits vom Stabhochsprung nahm er im letzten Jahr in San Diego (USA) eine Chance wahr, auf andere Art zu fliegen. Mit seinem Stabhochsprung-Kollegen Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen), hat er einen Tandem-Sprung gemacht.
„Das war super. Man ist so frei und spürt die Kraft des Fallens. Richtig zu fliegen muss toll sein“. Ein Vogel würde er dennoch nicht sein wollen. „Ich würde ein Affe sein. Die finde ich lustig. Sie können gut klettern und irgendwie sehen die so aus, als hätten sie keine Schmerzgrenze“. Das ist wohl wieder typisch Sportler. An die eigene Schmerzgrenze gehen sie oft, manche täglich. Vom Körper wird jeden Tag viel abverlangt, sich da zu wünschen, diese Schmerzgrenze herauszuzögern liegt auf der Hand.
Der perfekte Tag
Ein perfekter Tag hat für Alexander Straub zwar auch mit Sport zu tun, jedoch mehr mit seinem Hobby und seinen Freunden. „Ehrlich gesagt würde ich an meinem perfekten Tag um 8 Uhr mit meinen Kumpels zusammen aufstehen, das Auto zum Waschen fahren und dann mit allen zusammen frühstücken. Am liebsten Pizza, denn ich liebe Pizza. Dann würde ich etwas in der Sonne ausspannen und anschließend ein bisschen trainieren gehen. Danach geht’s heim, damit ich mich frisch geduscht wieder mit meinen Kumpels zum Grillen, natürlich Spanferkel, treffen kann.“
Diesen perfekten Tag wird der Schwabe wohl erst wieder nach der Saison erleben. Bis dahin hat er viel vor. Die Hallen-EM in Turin (Italien; 6. bis 8. März) steht genauso auf seinem Plan wie die Leichtathletik-WM in Berlin. Doch bevor es soweit ist, trägt er sein Nationalmannschaftsdress erst einmal in Glasgow.