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Alexander Ziegler und die Wachablösung im Ring?

Winzige drei Zentimeter fehlten Alexander Ziegler (LG Staufen) 2014 zum deutschen Meistertitel. In Ulm behielt noch einmal Altmeister Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen) die Oberhand. Aber in dieser Saison könnte die Zeit reif sein für eine Wachablösung im Ring. Weil Ziegler jedoch noch bis Ende Juni in den USA weilt, lässt das nächste Aufeinandertreffen der derzeit besten deutschen Hammerwerfer noch ein bisschen auf sich warten.
Philip Häfner

Auf 76,29 Meter hat sich Hammerwerfer Alexander Ziegler im vergangenen Jahr gesteigert, fünf der sechs besten Würfe seiner Karriere stammen aus 2014. Damit ist der 27-Jährige von der LG Staufen endgültig in der deutschen Spitze angekommen. Bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm trat Ziegler mit Vollbart in den Ring; sein Aussehen erinnerte entfernt an das eines Wikingers.

Doch der Breisgauer imponierte vor allem mit Leistung: 75,15 Meter bedeuteten Rang zwei im Donaustadion, gerade mal drei Zentimeter hinter Abonnement-Meis-ter Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen), der in Ulm seinen achten nationalen Titel – den fünften hintereinander – gewann. Für Ziegler war es das erste Mal, dass er bei Deutschen Meisterschaften der Aktiven den Sprung aufs Treppchen schaffte.

Mittlerweile ist der Bart wieder etwas gestutzt. Die Ziele für 2015 aber sind die gleichen wie im Vorjahr: „Ich will meine Bestleistung weiter steigern und wieder bereit sein, Markus Esser bei der DM die Stirn zu bieten“, sagt Alexander Ziegler. „Wir haben uns nach Ulm unterhalten und uns vorgenommen, uns auch 2015 wieder spannende Duelle zu liefern.“ Nachdem im vergangenen Jahr kein DLV-Athlet für die EM in Zürich (Schweiz) nominiert wurde, wollen sich Esser und Ziegler nun gegenseitig zu neuen Höchstleis-tungen anspornen. Für die Qualifikation zur WM in Peking (China) sind 77,50 Meter (1. DLV-Norm) bzw. 75 Meter (2. DLV-Norm) gefordert.

Deutsches Duell erst im Juli

Die beiden derzeit besten deutschen Hammerwerfer werden jedoch frühestens im Juli aufeinandertreffen, womöglich sogar erst bei den nationalen Titelkämpfen Ende des Monats in Nürnberg. Der Grund: Alexander Ziegler kommt erst Ende Juni aus den USA zurück, sein erster Wettkampf werden wahrscheinlich die Süddeutschen Meisterschaften am ersten Juli-Wochenende in Kaiserslautern sein.

Der 27-Jährige promoviert derzeit an der Universität von Kentucky in Lexington im Fach Verbraucherpsychologie. „Momentan belege ich Statistikkurse, Vorlesungen und Marketingseminare“, berichtet er. „Darüber hinaus habe ich einen Forschungsauftrag, bei dem ich Verbraucher- und Verhaltensstudien durchführe. Dieser wird im zweiten Jahr in einen Lehrauftrag umgewandelt. Das bedeutet, dass ich ab Herbst oder spätestens im Januar 2016 selbst Bachelorkurse im Fach Marketing geben werde.“

Zeit zum Training bleibt trotzdem. Der Deutsche hat sich dem Leichtathletik-Team der Kentucky Wildcats angeschlossen. Cheftrainer dort ist der Kanadier Edrick Floréal, ehemals WM-Teilnehmer und Olympiastarter im Weit- und Dreisprung. „Das Team hat mich freundschaftlich aufgenommen. Ich kann mit den NCAA-Athleten trainieren, das ist natürlich eine tolle Sache für mich“, sagt Ziegler. Im Gegenzug hilft er ein- bis zweimal pro Woche beim Training der Hammerwerfer aus. Auch bei Wettkämpfen startet er für Kentucky. Lediglich eine Teilnahme an den US-Hochschulmeisterschaften ist ihm als Doktorand nicht gestattet.

Ehrung vor 70.000 Zuschauern

Es ist nicht das erste Mal, dass der Staufener in Übersee weilt. Von Ende 2009 bis zum Frühjahr 2014 verbrachte Ziegler viereinhalb Jahre an der Virginia Tech-Universität. „Die Unis in den USA bieten eine unglaubliche Infrastruktur für Sportler. Ein riesiger Vorteil sind die kurzen Wege zwischen Sportanlagen und Universität. In meinem Fall befinden sich meine Wohnung, mein Büro und der Wurfplatz mit Kraftraum jeweils in einem Umkreis von zwei bis drei Kilometern“, sagt Ziegler.

Auch die Wertschätzung sportlicher Leistungen sei eine andere: 2011 und 2012 wurde er jeweils amerikanischer Hochschulmeister und dafür an seiner Hochschule überschwänglich gefeiert. Die Ehrung erfolgte während eines Spiels der örtlichen Football-Mannschaft vor knapp 70.000 Zuschauern. Ein Grund, weswegen ihm die beiden Titel in Amerika mindestens genauso viel wert sind wie die Bronzemedaille bei der U23-EM 2009 in Kaunas (Litauen), die sportlich sicher höher einzuschätzen ist.

Sein Heimtrainer war schon damals Fred Eberle, der ihn auch heute noch aus der Ferne betreut. „Wir kommunizieren mehrmals pro Woche via E-Mail und Skype. Dabei werden Trainingsinhalte und -pläne besprochen. Auch Videos werden analysiert“, erklärt der Werfer. Die langjährige Zusammenarbeit mit ihm bezeichnet Ziegler als einen der wichtigsten Bausteine für die jüngsten Erfolge.

Mit Esser befreundet

Im Vorfeld der Deutschen Meisterschaften 2014 trainierte er auch eine Weile mit Bundestrainer Helge Zöllkau in Leverkusen. „Die beiden Trainingswochen waren sehr produktiv“, sagt er. „Es hat mich gefreut, dass der Bundestrainer mich zu gemeinsamen Maßnahmen eingeladen hat. Das zeigt eine gewisse Wertschätzung, obwohl ich 2014 ja keinen Bundeskaderstatus genießen durfte.“ Den hat er mittlerweile. Alexander Ziegler gehört in dieser Saison dem B-Kader an – genau wie Markus Esser.

Der Leverkusener ist für Ziegler nicht bloß Konkurrent, sondern auch Freund und Vorbild. „Ich habe ihn bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney im Fernsehen gesehen. Damals habe ich als 13-jähriger Bub mit einer Drehung den Hammer geworfen“, erinnert er sich. Im direkten Duell zwischen den beiden steht es bislang 11:0 für Markus Esser. In diesem Jahr könnte die Zeit nun reif sein für eine Wachablösung.

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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