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Alina Kenzel - Motivationsschub verleiht der Kugel Flügel

Alina Kenzel hat in der vergangenen Hallensaison eine der herausragenden deutschen Jugend-Leistungen geboten. Bei drei Wettkämpfen flog ihre Vier-Kilo-Kugel dicht an die 17-Meter-Marke. Die 18-Jährige, Tochter zweier ehemaliger rumänischer Handball-Nationalspieler, brachte sich damit in eine verheißungsvolle Ausgangssituation für den Sommer und die U20-WM in Bydgoszcz (19. bis 24. Juli).
Pamela Ruprecht

Ihr früheres Hobby hat Alina Kenzel (VfL Waiblingen) geholfen, nach der stressigen Schulzeit den Kopf frei zu kriegen. Das Athletiktraining Richtung Handball war einer von vielen Faktoren, die dazu beitrugen, dass es auch mit dem wesentlich schwereren Ball aus Eisen steil bergauf ging. Die junge Kugelstoßerin verwandelte die neue Motivation in den vergangenen drei Monaten in starke Weiten: 16,98 Meter in Rochlitz, 16,95 Meter in Sassnitz und 16,96 Meter in Dortmund.

Letztes Jahr hatte die Deutsche U20-Hallenmeisterin noch eine Freiluft-Bestmarke von 16,13 Metern. Seitdem hat sich einiges verändert: „Wir haben das Training komplett umgestellt und vor allem auch die Einstellung“, erzählt die Schülerin des Berufskollegs für Sport- und Vereinsmanagement in Bad Cannstatt. Das Team-Work der Stuttgarter Trainingsgruppe von Peter Salzer, zu der auch die Deutschen Hallenmeister Tobias Dahm (VfL Sindelfingen) und Lena Urbaniak (LG Filstal) gehören, habe sich erheblich verbessert.

Leistungssprung der ganzen Trainingsgruppe

Auch bei den Hallen-WM-Finalisten ist 2016 der Knoten geplatzt. Tobias Dahm übertraf erstmals die 20-Meter-Marke, Lena Urbaniak die 18-Meter-Marke (Freiluft-PB: 18,00 m). Bei den Hallen-Weltmeisterschaften sprangen zwei Top-Acht-Platzierungen heraus. Beide kamen direkt aus Portland (USA) ins Trainingslager nach  Kienbaum und berichteten ihrer Trainingspartnerin von den internationalen Titelkämpfen – Inspiration für die Jüngere. „Das klang schon ziemlich cool“, sagt Alina Kenzel. „Diese Erfahrung will man natürlich selber auch machen.“

Ihre Nationalmannschaftseinsätze in der Jugend führten sie bislang 2013 zur U18-WM nach Donetsk (Ukraine; Platz sechs), 2014 zur U20-WM nach Eugene (USA; Platz sieben) und 2015 zur U20-EM nach Eskilstuna (Schweden; Platz fünf). Die besonderen Erlebnisse und Emotionen, die sie beim Sport erfährt, verewigt Alina Kenzel in einem Tattoo: Englische Wörter schmücken ihren Wurfarm.

Die Zukunftsträume heißen Europameisterschaften, Weltmeisterschaften und Olympische Spiele. Deswegen liegt ihre Konzentration mittlerweile ganz auf dem Wesentlichen: „Wenn man weiß, was man erreichen möchte, geht man auch ganz anders an das Training ran.“ Fünf bis sechsmal pro Woche trainiert sie in der Regel. Die Einheiten im Bundesleistungszentrum Kienbaum verliefen sehr gut. „Abgesehen vom Muskelkater, der immer wieder auftritt“, merkt sie mit einem Lächeln an.

Dynamische Technik

Nach dem Aufbau und Stoßen mit schwereren Kugeln feilt Alina Kenzel derzeit an der Technik. An der Dynamik ihres linken Stemmbeins, das beim Abstoß manchmal wegknickt. Und auch mit einem schnelleren Abdruck des rechten Beins will die Athletin mit den langen rötlichen Haaren noch mehr Power auf ihr Wurfgerät übertragen. Die Drehtechnik, wie sie Lena Urbaniak umsetzt, sei nichts für die 1,80 Meter große Werferin. „Ich bin schon eher voller Angleiter.“

Drehungen im Ring machte sie nur bis 2014, als sie auch den Diskus noch regelmäßig fliegen ließ und in der U18 Deutsche Vize-Meisterin wurde. Größeres Potenzial versprach nach Adduktorenproblemen aber das Kugelstoßen. Die Sportart Leichtathletik steht seitdem sie 14 Jahre alt ist im Mittelpunkt. Bis dahin spielte die 18-Jährige parallel Handball. Denn ihre Eltern, Daniela Filip und Adolf Kenzel, waren Mitglieder der rumänischen Nationalmannschaft, ehe sie vor 20 Jahren nach Deutschland auswanderten.

Reiselust nach Bydgoszcz

In das Land der Kugelstoßerinnen. In keiner anderen Disziplingruppe war der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) 2015 so erfolgreich. In allen Altersklassen wurden internationale Medaillen errungen. Allen voran Weltmeisterin Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge). Die „Sportlerin des Jahres“ 2015 trainierte früher auch eine Zeitlang in Stuttgart, ehe sie zurück nach Sachsen zu Bundestrainer Sven Lang ging. „Sie ist von ihrem Charakter ein schönes und tolles Vorbild“, meint Alina Kenzel.

Gelingt es ihr im Juli, in die gleichen Bereiche wie in der Halle zu stoßen („Ziel ist natürlich 17 Meter plus“), ist eine Medaille bei den U20-Weltmeisterschaften in Bydgoszcz nicht unrealistisch. Das Stadion hat Alina Kenzel schon auf Fotos gesehen. Vielmehr freut sie sich aber darauf, selbst dort hinzureisen. Denn ihre Passion für fremde Städte lässt sich „perfekt“ mit dem Sport verbinden. Gut möglich, dass sie auch bald die nächste Leistungsgrenze überschreitet – so wie ihre beiden Trainingskollegen.

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