Allyson Felix: "Pünktlich zum Sommer in Form"
Im 200-Meter-Finale von Moskau hatte Allyson Felix vergangenen Sommer die Chance, mit neun Goldmedaillen Carl Lewis und Michael Johnson als erfolgreichste WM-Athleten überhaupt hinter sich zu lassen. Doch ein Muskelfaserriss stoppte die 28 Jahre alte US-Sprinterin, die 2012 in London Olympia-Gold über 200 Meter sowie mit der 4x100-Meter- und 4x400-Meter-Staffel gewonnen hatte. Mittlerweile trainiert sie wieder und hat im Interview ihre Zukunftspläne verraten.
Allyson Felix, auf den letzten Bildern, die wir von Ihnen gesehen haben, wurden Sie von Ihrem Bruder aus dem Moskauer WM-Stadion getragen. Wie geht es Ihnen fast ein halbes Jahr nach dem Muskelfaserriss?Allyson Felix:
Seitdem habe ich sehr viel Zeit in der Reha verbracht und daran gearbeitet, dass mein Körper wieder bereit fürs reguläre Training ist. Mittlerweile ist es soweit. Ich trainiere wieder normal.
Wie groß war die Enttäuschung nach der Verletzung? Immerhin hatten Sie die Chance, mit neun Gold-Medaillen die erfolgreichste WM-Athletin überhaupt zu werden.
Allyson Felix:
Das war eine Riesen-Enttäuschung, aber ich bin nicht die einzige Athletin, die so etwas erlebt. Es ist immer hart, so lange auf einen Moment hingearbeitet zu haben, und dann zerplatzen alle Hoffnungen in einer Zehntelsekunde. Allerdings hatte ich zuvor in meiner ganzen Karriere das Glück, von Verletzungen weitestgehend verschont geblieben zu sein.
Haben Sie angesichts der Verletzung auch mal an ein Karriere-Ende gedacht?
Allyson Felix:
Nein, ich will auf jeden Fall noch einmal bei Olympischen Spielen starten. Und bei Weltmeisterschaften sowieso.
Wie kam es eigentlich, dass Ihr Bruder in Moskau auf die Bahn gelangte, um Sie nach der Verletzung aus dem Stadion zu tragen?
Allyson Felix:
Er ist mein Manager und deshalb bei allen meinen Reisen zu den Wettkämpfen dabei. In Moskau muss er es beim 200-Meter-Finale irgendwie in den Innenraum geschafft haben. Fragen Sie mich aber nicht, wie er an den Sicherheitskräften vorbeigekommen ist. Es war jedenfalls überraschend und großartig, dass er in diesem Moment bei mir war. Er ist halt schon mein ganzes Leben der große Bruder, der darauf aufpasst, dass es mir gut geht. Und es ist schön, immer mit einem Teil der Familie unterwegs zu sein.
Sie waren in London dreimal Olympiasiegerin. Beschreiben Sie doch mal, wie es sich anfühlt, Gold zu gewinnen …
Allyson Felix:
… das ist unbeschreiblich. Die meisten Leute sehen ja nur den einen Moment, in dem alles zusammenkommt. Aber für mich ist es das erfolgreiche Ende einer langen, langen Reise: die vielen Stunden auf der Bahn, die Aufs und Abs im Training, die Verletzungen, die Zweifel, ob alles gut geht. Das alles geht einem in diesem Moment durch den Kopf.
Der kommende Sommer bietet keinen globalen Leichtathletik-Höhepunkt. Was haben Sie sich für 2014 vorgenommen?
Allyson Felix:
Ich will einfach zurückkommen und eine erfolgreiche Saison haben. Dabei werde ich mich auf die Diamond League konzentrieren.
In dieser Hallensaison sehen wir Sie nicht mehr, oder?
Allyson Felix:
Nein, ich arbeite daran, pünktlich zum Beginn der Freiluft-Saison in Form zu kommen.
Haben Sie nach der Verletzung von Moskau Veränderungen an Ihrem Training vorgenommen?
Allyson Felix:
Ja, ich versuche, alles zu tun, um so eine Verletzung in der Zukunft zu vermeiden. Ich arbeite vor allem daran, die entscheidenden Muskeln zu stärken.
Wie sieht Ihr Trainingsalltag aus?
Allyson Felix:
Ich trainiere an der Universität von Los Angeles an sechs Tagen in der Woche zweimal: jeweils drei Stunden auf der Bahn und zwei Stunden im Kraftraum.
Bemerken Sie dabei, wie sportverrückt Ihre Heimatstadt ist?
Allyson Felix:
Ja klar, das ist toll, und es wird immer mehr. Die Menschen hier sind sehr gesundheitsbewusst, sie achten auf ihren Körper und sind sehr aktiv.
Laufen Sie eigentlich auch längere Strecken in Ihrem Training?
Allyson Felix:
Ja, immer montags. Dann stehen auch schon mal fünf Kilometer auf dem Programm, aber das ist dann auch die längste Distanz, die wir laufen.
Aber nur mal so zum Spaß joggen Sie nie, oder?
Allyson Felix:
Nein (lacht). Das passt nun wirklich nicht in meinen Trainingsplan. Vielleicht später mal, wenn ich mit dem Leistungssport aufgehört habe.
Und Sie machen gar keinen anderen Sport außer Sprinten?
Allyson Felix:
Doch, nach der Saison spiele ich gern Tennis und fahre auch viel Fahrrad, aber wenn ich im Training bin, verzichte ich darauf. Und in der Wettkampfsaison sowieso. Aber nur zum Spaß und in den Ferien vom Sprinten, die ich mir jedes Jahr im Herbst gönne. Ich finde so eine Zeit, in der man mal Abstand vom Sport gewinnt, ist wichtig, um dann mit neuer Frische zurückzukommen.
Haben Sie einen speziellen Ernährungsplan?
Allyson Felix:
Nein, ich bemühe mich aber um eine möglichst ausgewogene Ernährung. Ich bin nicht der Typ, der eine strikte Diät einhalten kann. Aber ich achte darauf, Essen und Trinken unter Kontrolle zu halten: nicht zu große Portionen, die richtige Zusammensetzung. Aber ab und zu sind auch schon mal Süßigkeiten drin.
Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift