Amnestie? Heiße Diskussion um DDR-Trainer
Ein offener Brief von zwanzig deutschen Athleten, in dem sie sich für den früheren DLV-Disziplintrainer Werner Goldmann einsetzen, hat in der Szene eine heiße Diskussion ausgelöst. Während Trainer-Chefausbilder Dr. Wolfgang Killing, Leiter der Trainerschule in Mainz, eine „längst fällige Amnestie für DDR-Doping-Verstrickungen“ fordert, sieht DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop derzeit keine Chance für eine Rückkehr von Werner Goldmann zum Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV).
„Einen solchen Schritt schließen die Förderrichtlinien des Bundesinnenministeriums aus“, sagte der Jurist aus dem bayerischen Kelheim dem Sport-Informations-Dienst (sid).Derweil meinte der 55 Jahre alte ehemalige Hochsprung-Bundestrainer Dr. Wolfgang Killing in einem Gastbeitrag für die Fachzeitschrift „Leichtathletik“: „Man schiebt die Amnestie angesichts zu befürchtender politischer Diskussionen und Widerstände hinaus.“
Zugleich bemängelte Dr. Wolfgang Killing den Umgang mit dem Fall Werner Goldmann. „Nicht Trainer haben über die Vorwürfe gegen ihn und über seinen Ausschluss befunden, sondern Juristen, Politiker, Verwaltungsfachleute - allesamt trainerische Laien.“
Empfehlung vom DOSB
Die Empfehlung zur Nicht-Weiterbeschäftigung von Werner Goldmann hatte die unabhängigen Anti-Doping-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) unter Vorsitz des Bundesverfassungsrichters a.D. Udo Steiner ausgesprochen. Ihr gehören auch Doppel-Olympiasiegerin Heide Ecker-Rosendahl sowie der SPD-Bundestagsabgeordnete Steffen Reiche an.
Aus Sicht von Dr. Wolfgang Killing hätte eine Kommission „ausschließlich oder zumindest überwiegend aus Mitgliedern derselben Berufssparte“ gebildet werden müssen. Zugleich verteidigt der ehemalige Hallen-EM-Dritte im Hochsprung (Bestleistung: 2,28 m) die DDR-Trainer.
"Trainer nur Rad im Getriebe"
Sie seien nur „ein nachgeordnetes Rad im Getriebe des Spitzensports“ gewesen. Ihnen Mitläufertum zu unterstellen, sei sicher berechtigt. „Sie für die gesundheitlichen Folgen verantwortlich zu machen, die sie selber nicht überblicken konnten, doch wohl nicht.“
DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop rief den deutschen Sport auf, sich der Frage zu stellen, ob es Möglichkeiten der Resozialisierung von DDR-Trainern mit einer Dopingvergangenheit gebe. Dabei müssten jedoch zwei Punkte beachtet werden: „Die Weitergabe von Dopingmitteln ist ein schwerwiegender Vorgang und besonders kriminell, wenn Minderjährige betroffen sind.“ Außerdem setze eine solche Diskussion voraus, dass der betroffene Trainer sich mit der Vergangenheit „offen und ehrlich“ auseinandergesetzt habe. „Sonst kann es keine Amnestie geben.“
Existenzverlust droht
Noch heute seien Trainer „Sklaven des Erfolgs“, meint Dr. Wolfgang Killing, 1976 selbst Olympia-Teilnehmer. „Dass dann Grenzen überschritten werden, kann niemanden mehr überraschen.“ Die vor Olympia vorgelegte Ehrenerklärung des DOSB zwinge ehemalige DDR-Trainer zudem zur Lüge. „Sie erscheint angesichts des drohenden Existenzverlustes verzeihlich“, meinte Dr. Wolfgang Killing mit Blick auf die Verfehlungen von Werner Goldmann, der im letzten Sommer seine Unterschrift geleistet hatte.
Werner Goldmann betreut in Berlin als Heimtrainer den Diskus-WM-Zweiten Robert Harting sowie Diskus-U18-Weltmeisterin Julia Fischer (beide SCC Berlin) und will diese Aufgabe auch als arbeitsloser Trainer weiterführen. Im Juli 2008 hatte der frühere DDR-Kugelstoßer Gerd Jacobs gesagt, er sei Anfang der Achtziger Jahre von Werner Goldmann unter anderem mit dem Anabolikum Oral-Turinabol versorgt worden. Gerd Jacobs ist ein staatlich anerkanntes DDR-Dopingopfer.
Im leichtathletik.de-Forum:
"Gruppe" um Dietzsch solidarisch mit W.G. Quelle: Sport-Informations-Dienst