André Collet mit starkem 100-Kilometer-Debüt
André Collet, in Belgien lebender Langstreckenläufer des ATG Aachen, sorgte bei der am Samstag ausgetragenen 29. Auflage des 100-Kilometer-Laufs in Grünheide/Kienbaum für ein echtes Highlight. Nur Insider erinnern sich noch daran, wann – mit Ausnahme von Jörg Hooß bei der DM 2007 – ein anderer deutscher Läufer als Rekordmeister Michael Sommer die Sieben-Stunden-Marke bei einem 100-Kilometer-Lauf unterboten hat. Der Umstand, dass André Collet es gleich beim ersten Start geschafft hat, lässt auf Wiederholung und Leistungssteigerung hoffen.
Genau 80 Läufer/innen hatten für den am 28. März auf dem Gelände des Bundesleistungszentrums in Kienbaum durchgeführten ältesten deutschen 100-Kilometer-Laufs gemeldet und damit so viele wie noch nie bei einer Veranstaltung ohne den Status einer Deutschen Meisterschaft, die seit 2004 alleine dreimal in Kienbaum durchgeführt wurde.Die äußeren Bedingungen waren beim Start um 06.30 Uhr gut. Es war kühl, trocken und schon bald sorgte die Sonne für läuferfreundliche Temperaturen bis 10 Grad. Gute Voraussetzungen also, um auf dem nicht ganz flachen 5-Kilometer-Rundkurs eine gute Endzeit zu erzielen.
Dies hatte sich insbesondere André Collet vorgenommen. Der 37 Jahre alte in Belgien lebende Marathonspezialist hatte sich nach entsprechenden Kontakten mit dem DLV im November 2008 zum Versuch entschlossen, sich in Kienbaum für den im Juni im belgischen Torhout stattfindenden 100-Kilometer-World Cup mit Europameisterschaft direkt zu qualifizieren.
Unter sieben Stunden beim Debüt
Dies bedeutete nicht weniger als das erklärte Ziel, die klassische Ultradistanz gleich beim ersten Mal in weniger als sieben Stunden zu absolvieren. Der Optimismus, das Unterfangen realisieren zu können, gründete sich zum einen auf seine beim Frankfurt-Marathon im Oktober erzielte persönliche Bestleistung von 2:25:24 Stunden, zum anderen auf die beim Rennsteiglauf des vergangenen Jahres mit Rang zwei in 5:20:31 Stunden unter Beweis gestellte Fähigkeit, auch über die Marathondistanz hinaus erfolgreich laufen zu können.
Mit einer Anfangsrunde von 19:50 Minuten wurde er dem Anspruch von Beginn an gerecht und befand sich dabei zumindest bis Kilometer 35 in Gesellschaft. Denn auch der amtierende niederländische 24-Stunden-Meister Jan-Albert Lantink, der für den LTV Erfurt startende Brite Matthew Lynas und Gerhard Läpple vom TSV Hildrizhausen hatten sich einiges vorgenommen und beendeten die siebte Runde in etwa zeitgleich in gut 2:22 Stunden.
Das Rennen war mit den ständigen Führungswechseln ausgesprochen spannend und auch der nur wenige Meter zurück liegende Karlheinz Wild (TLV Rangsdorf) schien in der Lage zu sein, am Ende bei der Vergabe um die ersten Plätze mitreden zu können.
Simone Stegmaier in der Führungsposition
Bei den Frauen begab sich Simone Stegmaier (LG Nord Berlin) sogleich in Führung, allerdings schloss Vereinskameradin Silke Stutzke nach wenigen Runden auf. Silvia Rusche (SuS Olfen), Daniela Drilling (KSC Strausberg) und Grit Seidel (LG Nord Berlin) hielten zunächst einen deutlichen Abstand zu den beiden führenden Frauen.
Ab Kilometer 40 konnte André Collet sich absetzen und auch die übrige Gruppe löste sich auf. Kilometer 50 wurde vom Führenden in 3:22:32 Stunden zurückgelegt und Optimisten zogen bereits die Möglichkeit in Betracht, dass der Streckenrekord von 6:47:42 Stunden, im Jahr 1996 von Dr. Dr. Lutz Aderhold aufgestellt, in Gefahr geraten könnte.
So weit kam es aber nicht, denn ab Kilometer 70 musste André Collet sein Tempo dann doch ein wenig reduzieren – kein Wunder, betrat er spätestens bei Kilometer 75 läuferisches Neuland und richtig hart wurde es für ihn nach 90 Kilometern, als die Rundenzeit auf 23:00 Minuten absackte, bevor er die Schlussrunde wieder um über eine halbe Minute schneller zurücklegte.
Wichtige Erfahrungen gesammelt
„Ich wusste, dass ich es unter sieben Stunden schaffen könnte, aber dass es zum Ende hin so hart werden würde, damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet“, meinte der Sieger erschöpft, aber glücklich nach dem Zieleinlauf, als ein wundgelaufener Zeh kurz medizinisch behandelt werden musste. Neben der ausgezeichneten Endzeit von 6:57:16 Stunden sammelte er einiges an Erfahrung, was für eine ebenfalls gute Leistung bei seinem nächsten 100-Kilometer-Lauf bei World Cup/EM in Torhout hoffen lässt.
Zuvor steht für ihn noch die Teilnahme an den Deutschen Marathon-Meisterschaften am 10. Mai in Mainz an, dort möchte er mit zwei ebenfalls starken Teamkameraden des ATG Aachen nach Möglichkeit um den Titel des Deutschen Mannschaftsmeisters kämpfen.
Hinter ihm hatte Matthew Lynas zwar eine Schwächephase zwischen Kilometer 50 und 70 zu verzeichnen, fing sich aber wieder und finishte in neuer persönlicher Bestleistung von 7:10:38 Stunden, womit er die alte Marke um sechs Sekunden verbesserte.
Gerhard Läpple deutlich unter 7:30 Stunden
Auch Gerhard Läpple musste seinem hohen Anfangstempo Tribut zollen und es sah bereits so aus, als würde er wie im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften die 7:30-Stunden-Marke deutlich verfehlen. Doch weit gefehlt: Mit einer neuen persönlichen Bestleistung von 7:23:41 Stunden steigerte er sich um rund eine Viertelstunde, und das in seinem ersten Jahr in der AK M 50.
Bei den Frauen absolvierte Simone Stegmaier die 50 Kilometer in 4:44:15 Stunden, knapp gefolgt von Silvia Rusche, dahinter hatte sich Grit Seidel auf Rang drei vor Silke Stutzke geschoben, Daniela Dilling war zurückgefallen. Musste die unter starken Magenproblemen leidende Silke Stutzke bei Kilometer 70 passen, so stieg Silvia Rusche erschöpft bei Kilometer 85 aus. Während Simone Stegmaier in der zweiten Hälfte das Tempo reduzieren musste, zog Grit Seidl nun durch und siegte in der Zeit von 9:51 Stunden. Es war ihr erster Sieg bei einem 100-Kilometer-Lauf.
Heike Christ mit schnellerer zweiter Hälfte
Lange Zeit unauffällig deutlich hinter den ersten Frauen laufend, arbeitete sich Heike Christ (LT Sulz am Eck) im Wettkampfverlauf immer weiter nach vorne. Mit 5:01:10 Stunden nach 50 Kilometern demonstrierte sie bei einer Endzeit von 9:57:31 Stunden die Kunst der schnelleren zweiten Hälfte und kletterte damit auf Rang zwei vor Simone Stegmaier, die in 10:09:00 Stunden finishte.
Wie für Sabine Strotkamp von der LG Kreis Ahrweiler (Platz vier in 10:20:54 h) bedeutete der Wettkampf für Grit Seidel und Heike Christ den zu absolvierenden Leistungsnachweis für die in fünf Wochen anstehende 24-Stunden-World- und European Challenge in Bergamo (Italien). Ebenfalls zu diesem Zweck waren Ralf Weis (SG Neukirchen-Hülchrath, 5./8:02:29 h), Roland Riedel (Adler-Langlauf Bottrop, 6./8:09:21 h), Friedemann Hecke (VFL Ostelsheim, 7./8:28:17 h) und Andreas Baier (TSV Kusterdingen, 11./8:44:58 h) nach Kienbaum gereist.
Die Ausstiegsquote bei diesem Wettkampf war ungewöhnlich hoch, denn von den 80 Startern/innen kamen nur 40 Männer und sechs Frauen innerhalb des Zielschlusses an.
Resultate unter http://www.harri-schlegel.ag.vu/100_km_kienbaum.html