André Höhne - „Aufgeben gibt’s gar nicht“
André Höhne hakte am Samstag in Rio Maior (Portugal) im Rahmen der Geher-Challenge des Weltverbandes IAAF als Neunter die EM-Norm über 20 Kilometer ab. Trotzdem war der WM-Fünfte im 50 Kilometer Gehen mit seiner Zeit (1:22:49 h) alles andere zufrieden. Mehr dazu erfahren Sie im Interview mit dem Berliner.
André Höhne, in Rio Maior konnten Sie die EM-Norm über 20 Kilometer erfüllen. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Auftakt in den Sommer?André Höhne:
Minimalziel erreicht, aber maximale Enttäuschung. Ich bin mit der Zeit unzufrieden. Ich kann noch nicht sagen, woran es gelegen hat. Ich bin die ersten zwei Kilometer vorne mitgegangen, habe dann aber den Anschluss verloren und keinen Tritt gefunden. Vom Gefühl her hätte ich am liebsten aufgegeben, aber Aufgeben gibt’s gar nicht. Ich hatte zwar die EM-Norm über 50 Kilometer mit der Leistung aus dem letzten Jahr schon sicher in der Tasche. Ich wollte aber trotzdem zeigen, dass ich auch schnelle 20 Kilometer gehen kann. Dieses Ziel habe ich nicht erreicht.
Wie gut konnten Sie sich auf den Wettkampf vorbereiten?
André Höhne:
Im Januar und Februar hatten wir natürlich Probleme mit dem Wetter. Aufgrund meines Studiums bin ich diesmal zum Jahresbeginn nicht nach Südafrika geflogen. Wir hatten hier minus zwanzig Grad und lange eine Schneedecke, so dass wir draußen nicht gehen konnten. Trotzdem ist die Hallen-DM relativ gut gelaufen. Danach ging es ins Trainingslager nach Potchefstroom (Südafrika). Dort habe ich mich vier Wochen lang intensiv vorbereitet. Ich bin ohne Erkältung durch den Winter gekommen, hatte aber mit leichten Belastungsproblemen zu kämpfen.
Planen Sie jetzt bei der EM einen Doppelstart über 20 und 50 Kilometer?
André Höhne:
Ich tendiere in Richtung der 50 Kilometer, aber ich möchte mir das noch ein bisschen offen halten und mich erst kurz vor der EM entscheiden.
Was nehmen Sie sich für Barcelona vor?
André Höhne:
Mein Ziel ist, dass ich mit vorne ankomme, dass ich das zeige, was ich die letzten Jahre bei Weltmeisterschaften gezeigt habe. Ich bin fast immer unter den Top Ten gewesen, bis vor auf Platz vier. Jetzt wäre es schön, wenn ich es endlich einmal schaffen würde, mir auch eine kleine Medaille um den Hals zu hängen.
Bei den letzten beiden Europameisterschaften in München und Göteborg hatten Sie als jeweils Elfter diese Top Ten verpasst. Stachelt Sie das jetzt umso mehr an?
André Höhne:
Auf jeden Fall. Man darf eine EM aber nicht zu leicht nehmen. Wir haben im Gehen sehr viele Hochkaräter, die aus Europa kommen. Man muss nur Richtung Russland, Spanien oder Italien gucken. Daher wird auch eine EM fast wie eine kleine Weltmeisterschaft sein.
Freuen Sie sich darüber, dass mit Christopher Linke diesmal bereits ein zweiter Geher die EM-Norm erreicht hat?
André Höhne:
Ich freue mich sogar sehr darüber, dass es endlich wieder einer geschafft hat. Sein Wettkampf in Dudince war ein starkes Stück. Er ist ein absolutes Talent.
Ist durch einen solchen Impuls das deutsche Gehen wieder im Aufwind?
André Höhne:
Das hat man zumindest im männlichen Bereich im letzten Jahr schon gesehen. Auch wenn wir nicht die breite Masse haben konnten wir zeigen, dass wir zum Beispiel mit dem U18-Weltmeister Hagen Pohle Athleten haben. Es gibt noch weitere wie Carsten Schmidt, die nach vorne rutschen können. Da deutet die Richtung nach oben, und es zeigt, dass das Gehen selber noch lebt.
Wenn Sie heute mit mehr Abstand auf Ihr Heimspiel bei der WM in Berlin zurückblicken, was geht Ihnen noch durch den Kopf?
André Höhne:
Es war eine tolle, eine so schöne WM, wie ich sie vorher noch nicht erlebt hatte. Wahrscheinlich hat es auch damit zu tun, dass ich ein Berliner bin und aus der Gegend komme. Ich hätte nicht gedacht, dass wir beim Gehen so viele Massen an die Strecke kriegen. Die Zeitungen haben von 30.000 bis zu 100.000 Menschen geschrieben. Das war immens, ich wurde die ganze Zeit angefeuert. So ist es eine bleibende Erinnerung, die mich stärkt. Das Ergebnis über 50 Kilometer war mit Platz fünf dann auch supergut. Die 20 Kilometer waren im nachhinein ein bisschen unglücklich. Wir vermuten, dass die Rückanpassung aus der Höhe nicht ganz hingehauen hatte und ich deshalb dort nicht so stechen konnte, wie ich es mir vorgenommen hatte. Deshalb bin ich jetzt auch glücklich, dass ich damals meine zweite Chance genutzt habe.