André Höhne will nicht nur dabei sein
Ein Jahr ist inzwischen fast vergangen: da gingen die Bilder von der WM in Osaka (Japan) um die Welt. Lange Zeit auf dem Weg zu Bronze, taumelt Deutschlands bester Geher Andrè Höhne schließlich 200 Meter vor dem Ziel, stürzt sich später, wieder auf den Beinen, in einen Wassergraben und muss schließlich total erschöpft ins Krankenhaus gebracht werden. „Manchmal hatte ich hinterher den Eindruck, es wurde darüber mehr berichtet, als wenn ich eine Medaille geholt hätte“, sagt der Berliner.

„André hat zwar die negative Erfarung des letzten Jahres bei seinem WM-Wettkampf in Osaka, doch er kann bei Hitze sehr gut gehen. Er wird seine Chance nutzen“, sagte der Cheftrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), Jürgen Mallow, der zwischen 1985 und 1992 selbst die zwei Spitzengeher Volkmar Scholz und Andreas Hübner betreut hatte.
Gemeldet hat André Höhne, der sich momentan im Vorbereitungstrainingslager in Shibetsu (Japan) aufhält, sowohl über 20 Kilometer als auch über 50 Kilometer. Allerdings wird er sich erst nach seinem Start über 20 Kilometer entscheiden, ob er auch bei den 50 Kilometern dabei ist. „Da muss man erst einmal abwarten, wie der Körper auf die Bedingungen reagiert. Ein gesundheitliches Risiko gehe ich jedenfalls nicht ein. Ich selbst war noch nie in Peking, doch es wird mit Sicherheit verdammt hart. Rein von der Hitze her erwarte ich, dass es ähnlich wie in Osaka wird.“
Mit Saisonverlauf zufrieden Mit seiner Saison kann André Höhne bisher zufrieden sein. Schon frühzeitig hat er sich für Olympia qualifiziert und in Rio Maior (Portugal) bewiesen, dass er zu den Top-Gehern der Welt zählt. In 1:20:19 Stunden ging er über die Distanz von 20 Kilometern die zweitschnellste Zeit seiner Karriere. Nur bei der WM 2005 in Helsinki (Finnland) war er mit 1:20:00 Stunden noch schneller. „In Rio Maior habe ich so richtig Tempo gemacht, dem musste ich am Ende Tribut zollen“, sagt André Höhne.
Wer gedacht hat, Gehen ist eine Sportart, bei der man sich nicht so quälen muss, liegt völlig daneben. Bei Spitzenbelastungen kommen im Training schon mal 200 bis 220 Kilometer in der Woche zusammen. Hinzu kommen Tempo- und Ausdauerläufe. Da geht er dann mal 40 Kilometer am Vormittag, um am Nachmittag noch 10 Kilometer draufzusetzen.
Vorbereitet auf den Saisonhöhepunkt hat sich André Höhne unter anderem im Höhentrainingslager im Juni in St. Moritz (Schweiz). Den letzten Schliff holte er sich vom 12. bis 30. Juli in der Sportschule Kienbaum. „In Shibetsu kann man nur noch Kleinigkeiten machen. Jetzt ist es wichtig, die Spannung für den Wettkampf aufzubauen und sich den klimatischen Verhältnissen anzupassen. Die Bedingungen sind in diesem Jahr in Shibetsu noch besser als vor der WM in Osaka, denn diesmal ist es wesentlich heißer.“
Gegen Betrug rigoros vorgehen Olympia ist für den Geher des SCC Berlin, der von Peter Selzer trainiert wird, das Nonplusultra. „Für jeden Sportler sind Olympische Spiele ein Traum. Du bist allerdings erst dann ein richtiger Sportler, wenn du alles willst und es dir nicht reicht, nur dabei zu sein.“ Eine klare Kampfansage an die Konkurrenz. Für André Höhne ist es keine Frage, dass die Russen wieder eine dominante Rolle bei der Medaillenvergabe spielen werden, auch wenn erst in dieser Woche zwei russische Geher wegen Dopings suspendiert worden sind.
„Das ist schon eine Genugtuung für mich, denn wenn man sieht, was da inzwischen für Zeiten gezaubert werden, dann verliert man oft den Glauben. Man quält sich, geht oft über Verletzungen und wird dann betrogen, doch gegen Betrug im Sport muss man weiter rigoros vorgehen. Ich freue mich über jeden, der erwischt wird.“
Bereits 2004 bei den Spielen in Athen (Griechenland) liebte er das Leben im Olympischen Dorf und auch diesmal freut er sich darauf. „Ich möchte möglichst viele Sportler anderer Sportarten kennenlernen.“ Warum nicht einmal mit Basketball-Star Dirk Nowitzki frühstücken? Sollte er nicht über die 50 Kilometer starten, dann will er gern Turn-Ass Florian Hambüchen bei seinem Wettkampf zuschauen, den Basketballern und den Turmspringern. Zunächst einmal konzentriert er sich allerdings komplett auf den 16. August. Dann beginnt um 9 Uhr der Wettkampf im 20 Kilometer Gehen und da möchte André Höhne zeigen, dass man ihn auf jeden Fall auf der Rechnung haben muss.