André Pollmächer - „An die Grenzen gegangen“
Er ist bodenständig, aber selbstbewusst, zielstrebig und kampfeswillig. Mit diesen Tugenden bewältigte André Pollmächer am Sonntag sein Marathondebüt in Frankfurt. In 2:14:18 Stunden blieb der Chemnitzer auf Anhieb unter den angestrebten 2:15 Stunden. Christian Fuchs hat für leichtathletik.de mit dem 25 Jahre alten Langstreckler am Tag danach gesprochen.
André Pollmächer, zunächst herzlichen Glückwunsch zu Ihrem erfolgreichen Marathondebüt in Frankfurt. Wie fühlen Sie sich jetzt 24 Stunden später?André Pollmächer:
Ich bin schon noch ein bisschen müde, die Füße tun weh. Mein Kreislauf ist noch nicht wieder hundertprozentig auf der Höhe. Aber ich kann zufrieden auf das Rennen zurückblicken und werde mich jetzt gut erholen und pflegen lassen.
Dieser erste Marathon war schon ein gehöriger Kraftakt...
André Pollmächer:
Das war es definitiv. Vor allem die letzten drei Kilometer waren hart, da bin ich an die Grenzen gegangen. Davor lief es eigentlich recht gut.
Wie ist das Rennen insgesamt aus Ihrer Sicht verlaufen?
André Pollmächer:
Für mich galt es vor allem, mich an dem Tempomacher zu orientieren. Dieser hatte die Anweisung bekommen, eine Zeit von 3:10 Minuten pro Kilometer zu laufen, was eine Endzeit von 2:13:30 Stunden bedeutet hätte. Das hat bis Kilometer 30 hervorragend funktioniert. Allerdings hat meine Verpflegung nicht so geklappt wie geplant. Mein Fahrrad-Sheriff, der mitfahren sollte, war nicht da. Wenn mein Trainer, Herr Dießner, nicht auch mitgefahren wäre, hätte ich wahrscheinlich überhaupt keine Getränkeflasche bekommen. Es gab also organisatorische Dinge, die nicht geklappt haben. Nach 32 Kilometern war ich auf mich alleine gestellt. Dann habe ich das Tempo noch einmal verschärft, bei Kilometer 38, 39 kam aber wirklich der Mann mit dem Hammer. Es hat sich alles gedreht, mir war schwindlig, mir war schlecht. Ich bin am Ende froh gewesen, dass ich überhaupt noch richtig ins Ziel laufen konnte.
Umso stolzer können Sie nun sein, das geschafft zu haben...
André Pollmächer:
Ich bin froh, dass ich nicht ausgestiegen bin. Das wäre nämlich schlecht gewesen. So aber bin ich mit einer respektablen Zeit ins Ziel gekommen. Die Zeit ist sicherlich noch ausbaufähig. Ich bin auch überzeugt davon, dass mir eine weitere Steigerung gelingen wird. Ich habe noch einige Reserven erkannt.
Wie sehen Sie nach dem Marathondebüt Ihre Position in der deutschen Laufelite?
André Pollmächer:
Ich bin jetzt fest im Marathonteam integriert, nachdem es 2009 bei der WM in Berlin für den Weltcup fünf Startplätze gibt. Ich bin Nummer zwei, also müssten vier noch schneller laufen. Ich denke, ich habe schon einen relativ sicheren Startplatz beim WM-Marathon. Ich werde mich aber auch wieder über 10.000 Meter probieren. Vielleicht gelingt mir da auch noch eine Normerfüllung.
Damit drängt sich natürlich die Frage auf: Haben Sie schon eine Priorität für die WM, die 10.000 Meter oder den Marathon?
André Pollmächer:
Das wird entschieden je nachdem, wie die Vorbereitung über 10.000 Meter läuft und ob der Aufwand nicht doch zu groß wird. Ich muss sehen, wie sich die Form entwickelt und welche Zeit ich über 10.000 Meter auf der Bahn bringe. Andererseits wird es eine Zusammenarbeit bei uns Langstrecklern geben, die phasenweise in Richtung Marathon geht, zumindest mit Falk Cierpinski. Aber Martin Beckmann hat sich uns zumindest verbal auch schon angeschlossen.
Wie soll diese Zusammenarbeit aussehen und welche Ziele sind damit verbunden?
André Pollmächer:
Wir haben schon konkrete Vorstellungen, zum Beispiel in welche Trainingslager wir fahren wollen. Mein Trainer hat sich auch bereits mit Waldemar Cierpinski, dem Vater von Falk, abgesprochen. Ich selbst werde jetzt erst einmal nach Monte Gordo reisen, in das Trainingslager des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Dort werde ich versuchen, mit dem Sportdirektor Jürgen Mallow zu sprechen, weil wir vorhaben, ein Marathonprojekt ins Leben zu rufen, das dann auch durch den Verband finanziell abgesichert werden müsste. Ich werde deutlich machen, dass gemeinsame Trainingslager stattfinden müssen, um die bestmögliche Leistung zu erreichen. Disziplintrainer Detlef Uhlemann unterstützt das Marathonprojekt in vollen Zügen. Er hat auch selbst dieses Marathonprojekt schon in den Mund genommen. Wir werden uns nun beide mit Jürgen Mallow unterhalten in der Hoffnung, auch dessen Rückendeckung zu bekommen und so eine Bekenntnis zum Marathon zu erreichen. Es hat zwar noch kein Läufer die Einzelnorm, aber wir haben auch das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. Alle vier, also Stefan Koch, Falk Cierpinski, Martin Beckmann und ich, sind noch ausbaufähig.
Ihr Trainer ist Bernd Dießner, der ja auch gewissermaßen Ihr Entdecker und Förderer ist. Wie muss man sich dieses Verhältnis vorstellen?
André Pollmächer:
Wir verstehen uns. Wir arbeiten schon seit neun Jahren zusammen. Da ist man natürlich nicht immer einer Meinung, aber trotzdem haben wir ein sehr gutes Verhältnis. Wir tauschen uns aus, sind methodisch auf einer Wellenlänge. Ich kann mich mit dem Training, das er für mich plant, identifizieren. Er macht sich viele Gedanken, wie wir noch etwas optimieren können. Er hat viel Erfahrung. Marathon ist für ihn auch noch Neuland, aber er holt sich Informationen ein, zum Beispiel bei Waldemar Cierpinski oder dem Bundestrainer.
Nach dem Auftritt in Frankfurt war nun auch gleich von einem Vergleich mit Dieter Baumann zu lesen („Einer wie Baumann“). Wie gehen Sie damit um?
André Pollmächer:
Das hängt schon noch ein wenig zu hoch. Dieter Baumann ist Olympiasieger, davon bin ich meilenweit entfernt. Sicherlich beziehen sich solche Vergleiche zum Beispiel auf den Europacup-Sieg, den wir beide als bisher einzige Deutsche erreicht haben. Aber Dieter Baumann ist schon eine ganze Kategorie höher anzusiedeln als ich.
Frankfurt war ja nun ihr erster Stadtmarathon, bei dem Sie gleich mittendrin waren und viel Aufmerksamkeit bekommen haben. Wie konnten Sie diese Szene mit dem ganzen Drumherum erleben?
André Pollmächer:
Es ist Wahnsinn, welche Mittel und Wege bei so einer Veranstaltung gefunden werden, um richtig Leistung zu zeigen. Auch so ein Rummel findet auf den Bahnstrecken natürlich nie statt. Es ist hier ein Millionengeschäft, es ist Geld da. Man merkt schon, dass man Geld verdienen kann, wenn man sich auf den Marathon konzentriert.
Gibt das den Kick in Richtung Marathon?
André Pollmächer:
Es wird nicht der letzte Marathon gewesen sein, den ich gelaufen bin. Aber bei mir spielt momentan schon noch die Bahn auch eine große Rolle.