André Pollmächer: „Es geht immer weiter“
Er ist das Stehaufmännchen der deutschen Langstreckenszene. André Pollmächer (Rhein Marathon Düsseldorf) meldete sich Anfang September nach erneuter Verletzungspause eindrucksvoll zurück an der deutschen Spitze. Beim Düsseldorfer Kö-Lauf lief er mit 28:46 Minuten so schnell wie nie zuvor über 10 Kilometer. Im Interview spricht der 30-Jährige über das Aufstehen nach Niederlagen, Vorsichtsmaßnahmen und das nächste Ziel: den Berlin Marathon.
Willkommen zurück im Wettkampf, André Pollmächer. Wie hat sich das angefühlt? Endlich wieder eine Startnummer auf der Brust?André Pollmächer:
Mehr als angenehm. Zum einen war es in meiner neuen Heimat Düsseldorf, da haben mich die Leute am Straßenrand besonders gut unterstützt. Zum anderen kenne ich die Strecke inzwischen ziemlich gut und wusste, sie ist schnell.
Und damit auch Sie. Aber ohne eine gute Form läuft man ja auch auf einem schnellen Kurs keine guten Zeiten. Die Oberschenkelverletzung scheint Sie nicht mehr zu stören.
André Pollmächer:
Nein, das ist alles ausgestanden. Seit Anfang Juni kann ich wieder problemlos trainieren. Ich musste anfangs aber einige Zeit im Kraftraum verbringen. Gewichte und ich – das ist sonst nicht so meine Welt. Aber mein Physiotherapeut hat mir viele neue Übungen gezeigt, die den Muskel wieder richtig aufgebaut haben, so dass ich auch jetzt keine Probleme mehr habe. Aber ich war dann auch heilfroh, als ich endlich wieder richtig trainieren konnte und das ist für mich nunmal laufen.
Anfang des Jahres haben Sie sich beim Halbmarathon in Lissabon mit einer tollen Zeit zurück gemeldet, ebenfalls nach langer Verletzungspause. Kurze Zeit später dann der erneute Rückschlag. Ihren Start beim Düsseldorf Marathon mussten sich aufgrund der eben beschriebenen Muskelverletzung absagen. Das Auskurieren der körperlichen Verletzung ist das eine, aber wie hat Ihr Kopf diesen erneuten Rückschlag verkraftet?
André Pollmächer:
Im ersten Moment war es extrem schlimm. Zwei Wochen vor dem Marathon musste ich meinen Start absagen, als dann der Marathon ohne mich gestartet wurde, tat es nochmal weh. Aber danach war das Thema für mich durch. Ich konnte mir ja keinen Vorwurf machen. Ich habe im Training nicht überzogen, oder war unvorsichtig. Ich habe mich im Wettkampf verletzt und dann lag diese Zerrung auch noch an einer sehr ungünstigen und damit schmerzhaften Stelle, damit hätte ich nicht laufen können.
Mit Verletzungen kennen Sie sich leider aus eigener Erfahrung aus. Wie schnell war nach dieser für Sie klar, dass Sie dennoch weiter laufen wollen?
André Pollmächer:
Sofort. Ich habe keinen Moment gezweifelt. Es geht immer weiter. Und ich wusste ja, dass ich eine gute Form habe. Das haben die Wettkämpfe vorher ja gezeigt. Und diese Form ist trotz Verletzung ja nicht ganz weg, davon profitiere ich ja auch heute wieder.
Und konnten sich deshalb auch direkt mit Bestzeit beim Kö-Lauf zurück melden?
André Pollmächer:
Natürlich nicht nur deshalb, aber auch. Ich habe in der Zwischenzeit ja nicht nur Däumchen gedreht, sondern richtig was getan. Ich trainiere mich ja auch selber, aber habe mich in der Zwischenzeit auch weiter gebildet. Ich habe mich mit dem Bundestrainer Wolfgang Heinig über Trainingsmethoden ausgetauscht, Literatur gewälzt, mit Ärzten über optimale Fettverbrennung gesprochen und diese neuen Erkenntnisse auch in mein Training eingebaut.
Neben diesen Neuerungen ist auch Ihr Wohnort neu. Seit Anfang des Jahres leben und trainieren Sie in Düsseldorf. Sind Sie dort inzwischen richtig angekommen?
André Pollmächer:
Auf jeden Fall, es war der absolut richtige Schritt. Ich trainiere zwar jede Einheit alleine, zumindest als Läufer, aber irgendjemand begleitet mich immer auf dem Fahrrad und unterstützt mich so. Außerdem habe ich nun engen Kontakt zu Jan Fitschen, wir wohnen ja gar nicht weit auseinander. Gerade ist er leider verletzt, wir wechseln uns da irgendwie ab, aber sobald er wieder gesund ist, haben wir abgemacht, dass wir viele Einheiten zusammen trainieren wollen. Ich glaube, da profitieren wir gegenseitig voneinander. Das kann eine gute Zusammenarbeit werden.
Während Jan Fitschen nun wegen Achillessehenproblemen seinen Start in Berlin abgesagt hat, haben Sie nach überstandener Verletzung zugesagt. Bei Ihrer Geschichte, trauen Sie sich da überhaupt schon jetzt einen Ausblick auf den Marathon abzugeben?
André Pollmächer:
Es ist genau wie Sie sagen, ich bin da vorsichtig. Ich und mein Team um meinen Chef Jan Winschermann, wir haben beschlossen, jetzt noch nicht an den Marathon zu denken. Wir gehen den Weg jetzt ganz normal weiter und bis dahin gibt es noch viele Zwischenziele, aus denen ich Erfolgsmomente ziehen kann. Die richtige Marathoneuphorie, die möchte ich erst mit der Anreise in Berlin aufkommen lassen.
Diese Zwischenziele, sind das auch noch andere Wettkämpfe?
André Pollmächer:
Es gab zwar Halbmarathon-Angebote aus Polen oder Österreich, aber wir haben beschlossen, dass wir dieses Mal auf Wettkämpfe in der Vorbereitung verzichten. Außer der Kö-Lauf, das war ja für meinen Verein. Aber in der letzten Vorbereitung hat mir das kein Glück gebracht, wobei der Wettkampf an sich da ja nichts für konnte, dass ich mich verletzt habe. Aber dennoch fahren wir dieses Mal lieber die Sicherheitsvariante. Es ist mir wichtig, dass dieses Mal nichts schief geht.
Es soll nichts schief gehen im Hinblick auf das Knacken der EM-Norm, oder was meinen Sie?
André Pollmächer:
Die Norm tangiert mich schon, klar, aber nur am Rande. Zumal ja auch noch gar nicht fest steht, wo sie genau liegen wird. Wichtiger ist mir aber, dass ich endlich mal wieder bei einem Marathon ins Ziel komme.
Das letzte Mal ist Ihnen das 2009 gelungen. Wissen Sie eigentlich noch, wie sich das anfühlt? So ein Marathon?
André Pollmächer:
Ja, das bleibt. Ich bin im Training ja auch die letzten Jahre nicht immer nur zehn Kilometer gelaufen, sondern habe auch Läufe bis zu 40 Kilometer gemacht. Ich kenne das Gefühl noch, wie es ist unter Ermüdung zu laufen. Aber ich hoffe trotzdem, dass sich mein nächster Marathon anders anfühlt, als die zuvor. Ich habe mich ja in den letzten vier Jahren weiter entwickelt, damals steckte mein Marathonlauf ja praktisch noch in den Kinderschuhen. Und damit meine ich jetzt gar nicht zwingend die Zeit, sondern die Ermüdung. Ich bin schon jetzt gespannt, wie ich mich in Berlin fühle.