André Pollmächer - Sportler ohne Kompromisse
Auf seinen Schultern ruhen die Hoffnungen des deutschen Langstreckenbereichs. André Pollmächer, 23 Jahre alt, war im letzten Jahr der schnellste Deutsche über 10.000 Meter und errang Silber bei der Europameisterschaft U23 in Erfurt. Eine Medaille, die in ihm die Lust auf mehr weckte und ihn in seinem Wunsch, der Beste zu werden, bestärkte.

André Pollmächer holte bei der U23-EM Silber (Foto: Kiefner)
Der nächste Schritt auf diesem Weg soll an diesem Samstag beim 10.000-Meter-Europacup in Antalya (Türkei) gemacht werden, wo André Pollmächer zu seinem ersten Angriff auf die EM-Norm (28:45 min) startet. André Pollmächer ist ein Mensch, der weiß, was er will. Er ist Leistungssportler durch und durch. Bereits mit 16 Jahren kehrte er seiner Heimatstadt Riesa den Rücken zu und wechselte zur Sportschule nach Chemnitz. Warum? Ganz einfach! In seinem großen Vorbild Bernd Dießner, der dort als Langstreckentrainer arbeitet, sah er seine große Chance weiter nach vorne zu kommen.
Bernd Dießner, der selbst bei den Europameisterschaften 1966 die Bronzemedaille über 5.000 Meter errang, weckte zusätzlichen Ehrgeiz in dem aufstrebenden Läufer und schafft es auch heute, ihn immer wieder neu zu motivieren. Und das, obwohl er fast jede seiner 14 wöchentlichen Trainingseinheiten alleine absolvieren muss. Doch auch das ist kein Problem für André Pollmächer. "Ich will der Beste werden, also muss ich da durch", lautet sein einfaches Motivationskonzept. Der Beste war er bereits im letzten Jahr, als er mit 29:10,54 Minuten jahreschnellster DLV-Athlet über die 25 Stadionrunden war.
Ruhezone WG
André Pollmächer lebt den Sport mit all seinen Facetten. "An Nummer eins in meinem Leben steht der Sport. Alles andere muss sich unterordnen", lautet seine ehrgeizige Lebensphilosophie. "Das ist die einzige Variante, um Leistungssport zu betreiben. Ansonsten könnte ich es gleich sein lassen", sagt er und es wird klar, dass es im Leben des André Pollmächers keinen Platz für Kompromisse gibt.
Dennoch hat er auch ein Leben neben dem Sport. In der Musik und in seiner Wohngemeinschaft, in der er mit zwei Studenten lebt, findet er den nötigen Abstand zum alltäglichen Training. "Hierhin kann ich mich zurückziehen und mich entspannen", erzählt er aus seinem Alltag. Auch der ansonsten oft leicht aufbrausende Athlet braucht seine Ruhepole.
Der Sport geht vor
Seine hitzige Art, die vor allem dann zum Vorschein kommt, wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen klappt und die er selbst als Schwäche bezeichnet, kommt ihm jedoch in Wettkämpfen zu Gute. "Ich kann mich durchsetzen und das ist das A und O im Sport."
Durchsetzen konnte er sich auch im vergangenen Jahr im U23-Europameisterschaftsrennen über 10.000 Meter mit dem Gewinn der Silbermedaille und im anschließenden Dialog mit den wartenden Journalisten, die er zunächst stehen ließ und seinen Trainer suchte. "Das war nicht böse gemeint. Ich beantworte sonst immer alle Fragen", beteuert er im Rückblick und begründet sein Handeln damit, dass er sich bis innerhalb von einer Stunde hätte entscheiden müssen, ob er nun noch über 5.000 Meter an den Start gehen wollte oder darauf verzichtet.
André Pollmächer ist nun mal Sportler mit Leib und Seele und so verwundert es auch nicht, dass auch in dieser Situation wieder der Sport und die anstehenden Wettkämpfe wichtiger waren als der Rest der Welt.
Nicht unter Druck setzen lassen
Doch der 23-Jährige, dessen Schwester die 400-Meter-Läuferin Anja Pollmächer ist, macht sich auch über den Sport hinaus seine Gedanken. Der ausgebildete Bundespolizist setzt seit Februar letzten Jahres nur auf die Karte Sport. Dass dies nicht ewig so weiter gehen kann, ist ihm jedoch sehr wohl bewusst. "Ich gebe mir jetzt noch vier bis fünf Jahre Zeit, um meine sportliche Karriere weiter voran zu treiben, doch danach möchte ich auf jeden Fall noch studieren", verrät er seine außersportlichen Ziele, die auch vom roten Faden seines Lebens, dem Ehrgeiz, geprägt sind. Der gehobene Dienst bei der Bundespolizei soll es am Ende sein.
Im Hinblick auf seine sportlichen Ziele übt sich der gebürtige Sachse jedoch in Zurückhaltung. "Die Silber-Medaille bei der U23-EM hat sicherlich Lust auf mehr gemacht und hat mir gezeigt, dass ich noch mehr kann", erzählt er und spielt auf die Europameisterschaft im August in Göteborg (Schweden) an.
"Das ist das höchste Ziel in diesem Jahr. Vielleicht ist die Chance ja da", wählt er eine ganz vorsichtige Formulierung seiner Wünsche für die Saison 2006. "Ich möchte mich nicht selber unter Druck setzen und möchte auch nicht von außen unter Druck gesetzt werden", begründet er seine Bescheidenheit.
Hoffnungsträger-Qualitäten
Das klare Ziel ist dennoch die Norm von 28:45 Minuten. Auch DLV-Disziplintrainer Detlef Uhlemann glaubt an André Pollmächers Fähigkeiten und bescheinigte ihm schon Ende vergangenen Jahres Hoffnungsträger-Qualitäten: "André kann unter Umständen schon im nächsten Jahr die Norm knacken." Diesen Eindruck bestätigt der Athlet auch selber, denn trotz eines fünfwöchigen krankheitsbedingten Trainingsausfalles ist er im Plan.
Keine Frage also, dass am Samstag beim 10.000-Meter-Europacup in Antalya (Türkei) die Norm angegriffen werden soll. "Ich werde genau auf diese Zeit anlaufen und hoffe, dass ich ein geeignetes Hinterrad finde, so dass ich nicht allzu viel Tempoarbeit alleine leisten muss", gibt er Einblick in seinen Taktikplan für das morgige Rennen.
Doch auch dieser Wettkampf ist nur eine Station auf seinem Weg, der in diesem Jahr auch über die Europameisterschaft in Göteborg führen könnte und ihm seinem großen Ziel, Olympia in Peking 2008, etwas näher bringt. Eins steht aber jetzt schon fest: André Pollmächer wird alles daran setzen, sich diesen sportlichen Traum zu ermöglichen – und das ohne Kompromisse!