Andreas Erm – "Ich konnte kaum noch treten"
3 Stunden, 37 Minuten und 46 Sekunden unterwegs, 50 Kilometer allerhöchstes Marschtempo am Stück, Schmerzen im Oberschenkel. Was sich nach einem höllischen "Drill" anhört, war für den Potsdamer Geher Andreas Erm der Weg zu seinem bislang größten sportlichen Erfolg. Diese Zeit bedeutete eine neue deutsche Bestleistung und bescherte dem DLV in Paris die zweite Medaille der Weltmeisterschaft. Erfahren Sie, was Andreas Erm nach seinem Bronzemarsch sagte...
Andreas Erm holte WM-Bronze (Foto: Kiefner)
Andreas Erm, Sie sind bei der WM in Paris in die Weltspitze vorgestossen. Wie lief der Wettkampf aus Ihrer Sicht?Andreas Erm:
Es war ein sehr schwerer Wettkampf. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so schnell wird. Ich hatte mir vorher keine Taktik zurechtgelegt. Ich war überrascht, dass ich bei 25, 30 Kilometern mit Robert Korzeniowski alleine war. Ich habe ihn dann ziehen lassen, weil er plötzlich Rundenzeiten gegangen ist, die ich mir nicht zugetraut habe. Am Ende war der Abstand nur eineinhalb Minuten, das hätte ich nie erwartet.
Offensichtlich hatten Sie auch einige Schwierigkeiten, besonders zum Schluss. Was war die Ursache?
Andreas Erm:
Mir hat seit Montag letzter Woche der Oberschenkel Probleme gemacht. Deshalb bekam ich in den letzten Tagen auch 16 Spritzen in den Oberschenkel.
Was war der schwierigste Abschnitt auf den 50 Kilometern?
Andreas Erm:
Die letzten zwei Kilometer, da ging es noch einmal einen Berg hoch. Ich war schon so übersäuert und müde, ich konnte kaum noch "treten", das war das Schwerste. Ich hatte auch ständig die Angst im Nacken bis kurz vor dem Ziel. Die Russen kamen immer näher. Es wurden mir die Zeiten zugerufen. Ich habe dann versucht, das relativ sicher ins Ziel zu bringen.
Hatten sie eine neue deutsche Bestzeit, die bisher ihr Trainer Ronald Weigel hielt, erwartet?
Andreas Erm:
Längerfristig hatte ich vielleicht darauf spekuliert, aber in diesem Jahr rechnete ich noch nicht damit. Ich hatte auch insgesamt zehn Wochen wegen Verletzung Ausfall. Das entspricht rund 2.000 Trainingskilometern.
Was bedeutete das konkret im Training?
Andreas Erm:
Ich konnte nur Ausdauer trainieren und keine Tempoläufe, nichts Schnelleres machen, weil immer wieder eine Verletzung dazwischen kam. Wir haben dann versucht, die Dauerläufe auf einem höheren Niveau zu absolvieren.
Was macht für Sie den Unterschied zwischen den zwanzig und den fünfzig Kilometern aus?
Andreas Erm:
Über 50 Kilometer ist die Dichte nicht so groß wie auf den 20. Es sind höchstens zehn Mann, die richtig schnell gehen können. Außerdem kann viel passieren. Es kann immer jemand Probleme bekommen oder disqualifiziert werden. Die 50 Kilometer sind für mich etwas Neues. Ich hatte bisher noch keine negative Erfahrung damit, das hat mir ein bisschen geholfen. Es war erst mein dritter Wettkampf über diese Strecke und ich habe mich jetzt immer weiter gesteigert. Das Ergebnis in Paris schließt wunderbar an.
Mit Robert Korzeniowski und German Skyurgin lagen zwei Routiniers vor Ihnen. Welche Rolle spielen Alter und Erfahrung im Gehen?
Andreas Erm:
Das kann ich nicht genau sagen, ein bisschen eine Rolle spielt es sicherlich. Vielleicht hätte ich ihnen mit einem idealen Training in diesem Jahr sogar Paroli bieten können. Man muss bei den Gehrichtern aber auch einen Namen haben, das ist auch ganz wichtig.