Anier Garcia – Olympiasieger als Außenseiter
Jahre lang haben sie den Ton angegeben. Allen Johnson (USA) und Anier Garcia (Kuba), die beiden Hürdensprinter, waren die dominierenden Figuren im Hürdensprint. Allen Johnson, Olympiasieger 1996 und viermaliger Weltmeister, ist in Athen aber schon im Zwischenlauf gestrauchelt und ausgeschieden. Anier Garcia, Olympiasieger 2000, hat sich zwar fürs heutige Finale (20.30 Uhr) qualifiziert.
Anier Garcia will seine Außenseiterchance in Athen nutzen (Foto: Chai)
Doch ist er nur Außenseiter. Denn junge Burschen wie der Chinese Liu Xiang oder Ladji Doucouré, Frankreichs Shooting-Star, wollen ihn von der Bahn drängen. Aber Anier Octavio Garcia hat die Ruhe weg. Mag der Druck noch so groß sein, er bleibt ganz cool. "Das kubanische Volk erwartet eine Medaille von uns Hürdensprintern", sagte er schon im Vorfeld der Spiele, "und wenn ich in Form bin und meine Nerven im Griff habe, wird alles gut werden." Nachdem Joel Hernández und Yunier Hernández, seine beiden Landsleute, den Endlauf der besten Acht verpasst haben, trägt er, der Weltmeister von Edmonton 2001, ganz allein die Hoffnungen auf seinen breiten Schultern.
Nach einem Seuchenjahr, als er wegen fortwährender Verletzungsprobleme seinen WM-Titel in Paris kampflos preisgeben musste, hat Anier Garcia rechtzeitig die Kurve gekriegt. Schritt für Schritt hat er sich mühsam wieder hochgearbeitet. Sein Ziel war das Olympia-Finale! Er hat's geschafft dank couragierter Läufe und einer Steigerung seiner Jahresbestzeit auf 13,24 Sekunden.
Schwacher Start
Mit Santiago Antunes, dem Trainer seines Vertrauens, der auch Joel Hernández und Yunier Hernández zu seinen Schützlingen zählt, hat er sich voller Ehrgeiz auf den Saisonhöhepunkt vorbereitet. Sein Schwachpunkt ist nach wie vor der Start. "Ich habe eine schlechte Reaktionszeit", gibt Anier Garcia ehrlich zu, "doch ich gebe mich nicht so leicht geschlagen, mit mir muss man bis zuletzt rechnen." Wer ihn schon vorher abschreibt, erlebt bisweilen sein blaues Wunder.
Das Talent wurde ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater war 400-Meter-Hürdenläufer, seine Mutter Siebenkämpferin. "Ich bin ein vielseitiger Typ und hätte der Herausforderer von Javier Sotomayor werden können", sagt Anier Garcia, ein Modellathlet mit 1,89 Meter Gardemaß und 85 Kilo Kampfgewicht. "ich war sechzehn, als ich mit den Großen erstmals trainieren durfte. Javier Sotomayor war gerade Olympiasieger in Barcelona geworden, ich habe ihn bewundert." Längst sind die zwei gute Freunde.
Neugierige Kinder
Auch Anier Garcia hat eine olympische Goldmedaille gewonnen, allerdings im Hürdensprint. Acht Jahre nach dem Triumph von Javier Sotomayor siegte er in Sydney. "Dieser eine Wettkampf hat mein Leben verändert", erzählt der 27-jährige Kubaner, der daheim zum Helden aufgestiegen ist, "seitdem kennen mich die Menschen, verfolgen meine Resultate, fragen mich, wie's läuft, besonders die Kinder sind sehr neugierig."
Mittlerweile hat auch er einen Stammhalter. Im Mai wurde der kleine Anier geboren. Für Nachwuchs ist also gesorgt. Fehlt ihm zu seinem Glück nur noch eine weitere Medaille, auch wenn heute Abend andere die Favoritenbürde tragen. Doch das kann ihm und nur recht sein.
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