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Anita Wlodarczyk wirft Weltrekord

Beim ISTAF im Berliner Olympiastadion hat Anita Wlodarczyk am Sonntag im Hammerwurf einen Weltrekord aufgestellt. Die Polin schleuderte das 4-Kilo-Gerät auf 79,58 Meter.
Jan-Henner Reitze

Es war ein Weltrekord mit Ansage: Schon im Vorfeld hatte sich Anita Wlodarczyk bei den ISTAF-Veranstaltern nach einer Prämie dafür erkundigt. Ein Fingerzeig auf ihr Potential waren auch schon die 78,76 Meter vom EM-Gold in Zürich (Schweiz).

Im Berliner Olympiastadion eröffnete die Polin mit einem Sicherheitsversuch auf 75,29 Meter. Im zweiten Durchgang ging ein Raunen durchs Stadion, als der Hammer weit jenseits dieser Marke einschlug. Der Weltrekord war gefallen: 79,58 Meter, die gut drei Jahre alte Bestmarke von Betty Heidler (LG Eintracht Frankfurt; 79,42 m) überboten. 20.000 Dollar Prämie ist der Wurf wert gewesen.

"Es ist ein tolles Gefühl, den Weltrekord zu verbessern. Ich habe mir 80 Meter gewünscht und weiß, ich bin dazu fähig", erklärte die Europameisterin, die an gleicher Stelle beim WM-Sieg 2009 mit 77,96 Meter schon einmal Weltrekord geworfen hatte. "Das Stadion bringt mir Glück." Diesmal ging auch beim Jubeln alles gut: 2009 hatte Anita Wlodarczyk nach ihrem Rekord-Wurf Freudensprünge über die blaue Bahn im Olympiastadion gemacht, war dabei umgenkickt und verletzte sich so schwer, dass sie operiert werden musste. 

Wie geht es weiter bei Betty Heidler?

Betty Heidler landete an diesem Nachmittag beim ISTAF mit 75,20 Metern auf Rang zwei und musste mit ansehen, wie sich Anita Wlodarczyk auf der Ehrenrunde feiern ließ, um das Olympiastadion dann schnell zu verlassen, da der Flieger wartete.

Den verlorenen Rekord versucht die Frankurterin zu verschmerzen. "Ich habe auch einmal Weltrekord geworfen. Das nimmt mir nie jemand. Ich stehe im Geschichtsbuch und die 80 Meter sind immer noch nicht gefallen. Es bleibt also ein Anreiz, Gas zu geben", erklärte Betty Heidler, die in den nächsten Tagen auf ihrer Homepage bekanntgeben möchte, wie es bei ihr weitergeht.

Die Polin kennt die neunmalige Deutsche Meisterin als sehr konzentrierte Wettkämpferin, die sich nicht ablenken lässt. "Sie ist auf Sieg programmiert", erzählte Betty Heidler, die ein technisches Detail als Stärke von Anita Wlodarczyk nennt. Die frisch gebackene Weltrekordlerin versteht es besonders gut, Arme und Hammer in eine Linie zu bringen und damit den größt möglichen Radius für die Beschleunigung zu erzielen.

Starke Serie

Die Steigerung von Anita Wlodarczyk kommt nicht überraschend. Schon zwei Weltrekorde hat die 29-Jährige in ihrer Karriere aufgestellt. In fünf Wettkämpfen hat sie schon die 78 Meter übertroffen und fünf internationale Medaillen gewonnen.

Auch die Serie beim ISTAF spricht für sich: Mit 79,04 Metern landete der Hammer noch einmal jenseits der 79-Meter-Marke. Dazu gab es zwei weitere Versuche über 78 Meter.

Vom Bahnradsport zum Hammerwurf

Begonnen hat Anita Wlodarczyk ihre sportliche Karriere als Bahnradfahrerin - und stand sogar im polnischen Nationalteam. Mit 16 Jahren kehrte sie dem Radsport den Rücken und griff nebem dem Hammer auch gerne zum Diskus, mit dem sie im Jahr 2008 auf 52,26 Meter kam.

Im Hammerwerfen tastete sich die 1,78 Meter große Athletin im Schatten von Landsfrau Kamila Skolimowska in Richtung Weltspitze. Skolimowska hatte die polnische Werfer-Tradition auch im zu diesem Zeitpunkt noch jungen Hammerwurf der Frauen begründet und unter anderem im Jahr 2000 Olympiagold geholt. Sie war es auch, die als erste Polin die 70 Meter übertraf und den Landesrekord bis zum Jahr 2007 auf 76,83 Meter schraubte.

Das Leben der polnischen Pionierin im Hammerwerfen endete tragisch: Im Jahr 2009 starb Kamila Skolimowska im Trainingslager völlig überraschend an einer Lungenembolie.

Weltmeistertitel und Weltrekord in Berlin 2009

Genau in den Monaten nach diesem Ereignis gelang Anita Wlodarczyk der endgültige Durchbruch in die Weltspitze, nachdem sie im Jahr zuvor bei Olympia in Peking (China) Sechste (71,56 m) geworden war und ihre Bestleistung auf 72,80 Meter gesteigert hatte.

Im Jahr 2009 übertraf die fünfmalige Landesmeisterin schon beim ersten Start des Jahres erstmals die 75 Meter - wie in acht weiteren Wettkämpfen der folgenden Saison. Höhepunkt war die WM in Berlin, mit dem ersten Gold und Weltrekord (77,96 m), den sie ein Jahr später auf 78,30 Meter steigerte. Seitdem gehört die Polin zu den dominierenden Athletinnen der Szene.

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