Melanie Skotnik - Sport und Job im Einklang
Melanie Skotnik ist zweifelsohne eines der größten Hochsprung-Talente der vergangenen Jahre. Bisher konnte sich der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) mit ihr freuen, wenn sie zu Höhenflügen jenseits der 1,90 Meter ansetzte. Doch seit Oktober lebt, arbeitet und trainiert die gebürtige Hersbruckerin in Frankreich und fühlt sich dort pudelwohl.
Melanie Skotnik zieht es nach Frankreich (Foto: Chai)
Eigentlich war der Plan von Melanie Skotnik für das Jahr 2004 klar in Richtung Olympische Spiele ausgerichtet. Mit 1,93 Meter in der Halle qualifizierte sie sich für die Hallen-WM in Budapest. Danach sollte weiteres Training mit einem gezielten Formaufbau dafür sorgen, dass die Olympia-Qualifikation spätestens bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig klappen wird. Somit wäre der Weg für das große Ziel "Athen" frei gewesen. Doch es sollte alles anders kommen. Schon bei der Weltmeisterschaft in der Halle fühlte sie sich nicht mehr fit genug, der anschließende Trainingsaufbau in Richtung Sommer wurde mehr und mehr zu einer Qual. Die für den LAC Quelle Fürth/München/Würzburg startende Athletin ging buchstäblich die Puste aus. "Ich war nur noch müde und schlapp", so die Deutsche Meisterin von 2003. Folglich wurde es nichts mit der Titelverteidigung bei der DM in Braunschweig und Olympia war in weite, mittlerweile unerreichbare Ferne gerückt.
Der August war entscheidend
Auf der Suche nach den Gründen folgten viele medizinische Untersuchungen, bis letztlich eine Tomographie am Kopf durchgeführt wurde. Dabei diagnostizierten die Ärzte einen gutartigen Tumor an der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse). Bereits im August, etwa zeitgleich mit den Olympischen Spielen, folgte die Operation an der Uni-Klinik Götting bei Prof. Dr. Buchfelder, einem Spezialisten auf diesem Gebiet. Nach der Operation wurde ihr ein Monat komplette Ruhe verordnet. Doch Melanie Skotnik kam innerlich nicht zur Ruhe. Sie möchte sich in Zukunft "nicht ausschließlich mit dem Leistungssport beschäftigen." Neben dem Sport gab es kaum Ablenkung in ihrem Alltag, das war für sie nicht ideal. "In Deutschland fehlten mir die beruflichen Perspektiven, denn der Leistungssport kann sehr schnell und brutal zu Ende sein. Eine Lösung die Sport und Beruf verbindet war nicht in Sicht. Ich wäre weiterhin auf die Unterstützung meiner Eltern angewiesen gewesen."
So kontaktierte die bei Nürnberg lebende Athletin Jean Patrick Thirion, den französischen Hochsprungtrainer. "Er war von der ersten Minute an sehr an einem Wechsel in seine Truppe interessiert und hat in den folgenden Wochen alles dafür in Bewegung gesetzt." Bereits in der Vergangenheit hatte die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin mehrfach über einen Wechsel nach Frankreich nachgedacht. Naheliegend, da ihre Mutter Französin ist, ihre Großeltern in Straßburg leben und sie selbst die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt.
Neues Umfeld bringt neuen Schwung
Letztendlich ging alles sehr schnell. Keine zwei Monate nach dem ersten Kontakt mit den Franzosen folgte bereits die 1.000 Kilometer lange Autofahrt vom heimischen Zirndorf bei Nürnberg nach Rouen in der Normandie.
"Hier habe ich einen super Job, habe viele nette Leute kennengelernt und eine tolle Trainingsgruppe. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Schritt gemacht habe." Etwa 100 Kilometer nordöstlich von Paris arbeitet Melanie Skotnik nun im Veranstaltungsbüro der Region Normandie und ist dabei natürlich für Sportevents zuständig. Für sie ist die tägliche Arbeit entscheidend, um auch sportlich wieder erfolgreich zu sein. Der neue Arbeitgeber kommt ihr auch in Sachen Freistellung für Trainingslager und Wettkämpfe sehr entgegen.
Ganz nebenbei kann sie nun auch ihren für Frankreich startenden Freund, den Sprinter Jimmy Melfort, des Öfteren sehen. Die beiden haben sich in Budapest Mitte März kennengelernt, und überlegen nun, gemeinsam in eine Wohnung zu ziehen. Damit hat die sympathische Sportlerin endlich das Umfeld, in dem sie sich richtig wohl fühlt.
Die Zwei-Meter-Marke ist ein großes Ziel
Nun hofft sie bereits 2005 wieder in die Regionen ihrer Bestleistungen (Freiluft: 1,91 Meter Freiluft; Halle: 1,97 Meter) springen zu können. Damit wäre sie automatisch eine heiße Kandidatin für die "Equipe Tricolor" bei der Weltmeisterschaft in Helsinki. Über die Freude am Beruf soll nun auch die nötige Lockerheit zurückkehren, um einmal den Sprung über die magische Zwei-Meter-Marke zu schaffen. Melanie Skotnik ist erst 22 Jahre alt und kann somit noch eine lange Karriere vor sich haben. Doch in Zukunft wird sie mit Rückschlägen besser umgehen können, da ihr der Sport zwar sehr viel bedeutet, aber eben nicht alles im Leben ist.