Einmal "Sadetakki" gegen den Regen bitte
Eigentlich sollte die Überschrift dieses Artikels "Es regnet mal wieder" lauten. Doch nachdem am Dienstagabend bei der WM in Helsinki der finnische Wettergott vorgeführt hat, welche Weltuntergangsspektakel er bei diesen Titelkämpfen aufzuführen bereit ist, wäre das maßlos untertrieben.
"Sadetakki" und finnische Fahne, die Grundausrüstung im WM-Regen (Foto: Kiefner)
Helsinki ist eigentlich eine nette Stadt mit netten Menschen. Menschen, die sich freuen, wenn mal die Sonne hervorblinzelt. Besonders freuen sich dann die nicht selten blonden Frauen, die rasch ihre kurzen Röcke rausholen und sich damit auf den Weg durch die Straßen, in denen ein oft kühler Wind weht, machen. Doch bei den vielen ausländischen Gästen, die sich in den letzten Tagen nach Helsinki aufgemacht haben, um dort die Rückkehr der Leichtathletik-WM an ihre Geburtsstätte zu erleben, festigt sich momentan der Eindruck, dass sie in einer Regenstadt gelandet sind. Und so mancher Schnupfen kündigte sich deshalb auch schon im deutschen Lager an.
Es regnet immer weiter
"Es regnet wieder mal…", so lautete der Dauerbrenner unter den WM-Sprüchen bislang. Inzwischen müsste man sagen: "Es regnet fast nur noch und immer weiter." Am Dienstagabend musste das WM-Programm für eine ganze Weile unterbrochen werden, weil ein gewittriger Wolkenbruch über dem Stadion niederging, der sich nicht mehr so schnell vertreiben ließ. Immer dunkler wurde der Horizont und immer heller waren die Blitze am Himmel. Das sorgte sogar für den Ausfall der Fernsehbilder.
"Das ist nun mal die Natur", sagte Hansjörg Wirz, der Präsident des Europäischen Leichtathletik-Verbandes in der ersten Regenpause der WM in Helsinki im finnischen Fernsehen, das wenig später ein "Hetkinen", was wohl soviel wie "Unterbrechung" heißen soll, einblenden musste. "Es ist soviel Wasser runtergekommen, dass es nicht fair gewesen wäre, den Wettkampf fortzusetzen. Es wird sich in solchen Situationen herausstellen, wie gut in der Vorbereitung der WM gearbeitet worden ist."
Vom Hurricane zum Weltuntergang
In den Stunden zuvor wurden die WM-Besucher noch von einer strahlenden Sonne angelacht und nur der starke Wind vermieste die Sommerlaune, die im Stadion nur allzu gerne über die manchmal karibisch angehauchten Musikeinspielungen angefacht werden würde. Wetterumschwünge kommen für Nicht-Finnen in Helsinki aber dann ebenso überraschend wie heftig und sind meistens in feuchter Begleitung unterwegs.
Auch die 100-Meter-Sprinterinnen wurden von solch einem Schauer schon überrascht. Die US-Amerikanerin Lauryn Williams nutzte das nasse Rennen zum Titelgewinn und meinte danach: "Das war ein Hurricane da draußen, aber das ist mein Wetter." Ob sie das auch am Dienstagabend gesagt hätte? Was am Montag noch ein Hurricane war, wäre am Dienstag wohl ein Weltuntergang geworden.
Wetterfeste Finnen
Es ist aber das Wetter der Finnen. Sie sind wetterfest und nicht zu beeindrucken. Sie haben ein ganz anderes Wetterempfinden als Mitteleuropäer. Von Wind und Wetter sind sie nicht unterzukriegen, fahren selbst bei einem Wolkenbruch auf dem Fahrrad durch die Straßen oder gehen schnurstracks und unbeirrt in T-Shirt und kurzer Hose ihrer Wege.
Und die Finnen haben eine weit verbreitete und in der Billigvariante nur zwei Euro teure Geheimwaffe gegen das Nass. "Sadetakki", so heißt die durchsichtige Regenhaut mit Kapuze, die jeder Finne irgendwo versteckt zu haben scheint, um sie dann hervorzuzaubern, wenn es das heimische Wetter gerade so erfordert. Beharrlich sitzen die Finnen dann mit ihren Fähnchen in der Hand auf den unüberdachten Teilen der Tribüne des Olympiastadions, wo so manches Nicht-Nordlicht schon längst die Flucht ergriffen hätte.
Eine Regen-WM
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Titelkämpfe in Helsinki als "Regen-WM" in die Geschichte eingehen werden. Denn auch die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind nicht besser. Schon am heutigen Mittwoch soll die Höchsttemperatur auf 15 Grad absinken. Bis zum Ende der WM sind tagtäglich neue Schauer angesagt. Ob die erste Regenpause die letzte war, ist fraglich.
Wer sich aber mit einem "Sadetakki" bewaffnet, sollte es in Helsinki bis zum kommenden Sonntag durchstehen können, auch wenn er kein Finne ist!