Anna-Lena Freese verzichtet auf Hallenstarts
Es war der wohl schlimmste Moment ihrer noch jungen Karriere. Kurz vor den Weltmeisterschaften in Moskau (Russland) reißt Anna-Lena Freese (FTSV Jahn Brinkum) sich einen Muskel im Oberschenkel. Der Traum, ihre erste WM-Teilnahme bei den Aktiven, er war dahin. Heute, knapp ein halbes Jahr später, schmiedet die 20-jährige Sprinterin neue Pläne und verzichtet dafür auch auf die Hallensaison.
Sie weiß es noch ganz genau. „Das war der 26. Juli“, sagt Anna-Lena Freese, die alle nur Anna nennen. Beim Staffeltraining in Dortmund übergab die Nachwuchs-Sprinterin, die damals bereits vom DLV für die Weltmeisterschaften nominiert worden war, den Stab aus der Kurve heraus an Inna Weit (LC Paderborn).Zumindest war das der Plan. Doch dann macht der Oberschenkel dicht. „Es hat richtig ‚knack‘ gemacht.“ Knack, weil ein Muskel im Oberschenkel gerissen war, wie die anschließende Untersuchung im Dortmunder Klinikum ergab. Der Traum von den ersten Weltmeisterschaften ihrer Karriere war zerplatzt.
„Scheiße war das“, erinnert sich Anna-Lena Freese. Aber lange hielt die niedergeschlagene Stimmung nicht an, so dass sie sich auch die WM-Staffelläufe im Fernsehen anschauen konnte. „Ich habe ordentlich mitgefiebert“, erzählt sie heute. „Klar wäre die WM das i-Tüpfelchen auf der tollen Saison gewesen, aber ich bin noch jung.“
Neu entdeckte Liebe zu den 100 Metern
Toll war die Saison in der Tat. Bei den U20-Europameisterschaften in Rieti (Italien) lief sie auf Platz vier über 200 Meter, nur die Winzigkeit einer Hundertstel trennte sie vom Podest. Beindruckender sind aber vielmehr ihre Bestzeiten, die sie im vergangenen Sommer aufstellte.
„Ich kann plötzlich 100 Meter sprinten“, sagt Anna-Lena Freese selber über sich. Was sie meint? 11,46 Sekunden lief sie in Göttingen bei den U23-Meisterschaften – damit steigerte sie ihre Bestzeit enorm, lag diese zuvor doch bei windunterstützen 11,84 Sekunden. „Vorher bin ich nie so richtig warm geworden mit den 100 Metern. Seit Göttingen weiß ich, auch 100 Meter machen Spaß.“
Diese Erkenntnis war für sie ein fast noch größeres Highlight als ihre neue Hausmarke über 200 Meter. In Mannheim steigerte sie sich auf 23,28 Sekunden und verbesserte sich damit um mehr als drei Zehntel. Nur die Deutsche Meisterin Inna Weit war im vergangenen Jahr schneller als die Nachwuchs-Sprinthoffnung.
Zeiten bestätigen, ist oberstes Ziel
Trotz der neu entdeckten Liebe zu den 100 Metern, Anna-Lena Freese will der halben Stadionrunde auch in Zukunft treu bleiben. „Ich liebe diese Strecke einfach.“ Außerdem sei eine Kurvenläuferin für eine Staffel immer wertvoll – und ein Einsatz in der Staffel, davon träumt sie auch in diesem Jahr.
„In Zürich in der Staffel zu laufen, das wäre natürlich toll“, sagt Anna-Lena Freese mit Blick auf die Europameisterschaften in der Schweiz (12. bis 17. August). Keine aus der Luft gegriffene Hoffnung, betrachtet man ihre Leistung aus dem vergangenen Jahr. „Mein primäres Ziel ist aber vor allem, meine Zeiten über 100 und 200 Meter auf dem Niveau des Vorjahres zu stabilisieren und im Idealfall zu verbessern.“
Doch über der Schnelligkeit steht im Leistungssport immer noch die Gesundheit, wie Anna-Lena Freese selber schon erfahren musste. Derzeit, knapp fünf Monate nach dem verletzungsbedingten WM-Aus ist die Sprinterin wieder schmerzfrei. „Ich habe die Verletzung lange auskuriert.“ Erst im September stieg sie unter der Aufsicht ihres Trainers Björn Sterzel wieder ins leichte Training ein. Seitdem standen viele komplexe Athletik-Einheiten auf ihrem Programm. „Ich will mich nicht wieder verletzen.“
Keine Hallensaison
Aus diesem Grund wird sie auch auf die Hallensaison verzichten. „Mich hetzt ja keiner, ich will jetzt erstmal wieder in Ruhe fit werden“, sagt Anna-Lena Freese, für die 2014 ihr erstes Jahr in der Frauenklasse ist.
„Frauenklasse – das klingt erstmal komisch“, sagt die 20- Jährige. Zumal in diesem Jahr auch keine U23-Meisterschaften anstehen. „Das ist schade, ich hatte bislang jedes Jahr ein nationales Großereignis.“ Aber die Erfüllung des Traums, bei den Aktiven in der EM-Staffel dabei zu sein, könnte auch diese Enttäuschung sicher schnell vergessen machen.