Anna Rüh - „Ich schaffe es auch allein“
Das Schönebecker Wurfmeeting erwies sich am Donnerstag für U20-Weltmeisterin Anna Rüh (SC Neubrandenburg) als gutes Pflaster, auch mit Blick auf die Olympischen Spielen in London (Großbritannien; 3. bis 12. August). Die 19-Jährige schleuderte den Diskus im fünften Versuch auf 63,38 Meter, eine neue persönliche Bestleistung. Der Jubel war groß, eine Steigerung peilt die gebürtige Greifswalderin jetzt in London an.
Anna Rüh, mit neuer persönlicher Bestleistung nach London. Hatten Sie sich das so vorgestellt?Anna Rüh:
Ich hatte es mir schon vorgenommen nochmal Bestleistung zu werfen und war am Ende froh, als ich es geschafft hatte. Jetzt kann ich London ganz entspannt angehen und werde dort auch versuchen nochmal Bestleistung zu werfen.
Dabei begann der Wettkampf sicherlich nicht nach Ihren Vorstellungen. Erst im fünften Versuch schleuderten Sie den Diskus auf Ihre neue Bestweite von 63,38 Meter. Haben Sie eine Erklärung für den zähen Beginn?
Anna Rüh:
Genau weiß ich das nicht, vielleicht wollte ich zu viel. Eigentlich habe ich gedacht, wenn man mit 59 Meter anfängt, da geht noch was. Dass es dann bis zum fünften Versuch dauert, das hätte ich nicht gedacht.
Erstmals sind Sie bei den Olympischen Spielen dabei. Was ist das für Sie für ein Gefühl?
Anna Rüh:
Das ist natürlich ein tolles Gefühl und ich bin unheimlich froh, dass ich es mit meinen jungen Jahren schon geschafft habe. Schließlich ist es der Traum eines jeden Sportlers bei diesem Ereignis starten zu dürfen.
Was ist die Zielstellung für Ihre erste Teilnahme?
Anna Rüh:
Ich fahre ganz entspannt nach London, mit dem Ziel unter die besten Zwölf zu kommen. Wenn ich es schaffe sollte, dann mal sehen, aber die Qualifikation wird richtig schwer werden.
Was wäre ein Ergebnis, mit dem Sie leben könnten?
Anna Rüh:
Ich wäre auch mehr als zufrieden, wenn ich 64 Meter werfe und nicht im Finale stehe. Ärgern würde ich mich, wenn ich nicht das abrufen kann, was ich jetzt in den Wettkämpfen abrufen konnte, weil ich eigentlich weiß, dass ich es kann.
Eine gute Weite ist also das primäre Ziele?
Anna Rüh:
Ja, die ist für mich das Wichtigste. Vor allem, dass ich da nochmal zeigen kann, was ich kann.
Was verbinden Sie mit London?
Anna Rüh:
Eigentlich nicht so viel. Ich war noch nie in London, ich kenne die Stadt nur vom Hörensagen von meinen Eltern, die bereits dort waren. Dadurch dass ich gleich am ersten Tag dran bin, habe ich noch viel Zeit - anderthalb Wochen, um mir einiges anzuschauen.
Welche Wettbewerbe würden Sie sich gern noch anschauen?
Anna Rüh:
Auf jeden Fall Diskuswerfen von den Männern, Kugelstoßen wird schwer werden, weil wir am 3. August abends unsere Qualifikation haben und in dieser Zeit steigt auch das Männerfinale. Ansonsten mag ich die technischen Disziplinen - Wurf allgemein und vielleicht kann ich auch in andere Sportrichtungen reinschnuppern.
Die wären?
Anna Rüh:
Gewichtheben und Turnen, die Sportarten würde mich schon sehr interessieren.
Gewichtheben? Das heißt, Matthias Steiner könnte sich dann über Unterstützung freuen?
Anna Rüh:
Ja, auf jeden Fall (lacht).
Wann fliegen Sie nach London?
Anna Rüh:
Wir fliegen am Dienstag, 31. Juli.
Wie traurig sind Sie, dass Sie nicht an der Eröffnungsfeier teilnehmen konnten?
Anna Rüh:
Ich bin schon ein bisschen traurig, aber es gibt auch noch die Abschlussveranstaltung.
Wie verbringen Sie die Zeit bis zum Abflug?
Anna Rüh:
Ich bin seit einer Woche im Trainingslager in Kienbaum und dort bleibe ich auch bis zum Abflug. Wir haben im Trainingslager optimale Bedingungen, um uns vorzubereiten.
Gibt es kurz vor dem Start in Richtung London noch Baustellen, an denen Sie mit Ihrem Trainer arbeiten oder ist nur noch Feinschliff angesagt?
Anna Rüh:
Ich denke, ich kann noch viel an mir arbeiten, vor allem an der Kraftentwicklung oder an der Technik. Natürlich kann man immer feilen.
Kommt jemand aus Ihrer Familie mit nach London zum Daumendrücken?
Anna Rüh:
Leider nicht. Auch mein Trainer Dieter Kollark ist nicht dabei. Ich schaffe es auch allein (lacht).
Wer betreut Sie stattdessen in London?
Anna Rüh:
Das übernimmt der Bundestrainer Werner Goldmann oder René Sack, der Trainer von Nadine Müller.
Wo und wie wird Sie Ihre Familie anfeuern?
Anna Rüh:
Es wird sicherlich ein Public Viewing geben. Meine Eltern sind in dieser Angelegenheit sehr hinterher und freuen sich, wenn sie mich im Fernsehen sehen. Das wird dann bestimmt ein Großaufgebot von Familie und Freunden zu Hause geben.
Haben Sie eigentlich Glücksbringer dabei?
Anna Rüh:
Ja, ich werde wieder den Diskus von Franka Dietzsch mitnehmen und hoffe, dass ich ihn vielleicht mit ins Stadion nehmen kann. Ich denke aber eher nicht, denn es gibt im Vorfeld eine Liste, die vorher ausgeschrieben wird, mit welchen Disken man werfen darf. Wenn der eigene Diskus nicht dabei ist, dann darf man sein Gerät nehmen, steht er allerdings auf der Liste, dann bekommt man neue Disken vom Veranstalter gestellt.
Gibt es noch weitere Glücksbringer?
Anna Rüh:
Ich habe von Franka Dietzsch ein kleines Keramikschwein bekommen, von meinem Freund trage ich eine Kette und von meinen Eltern habe ich Ohrringe geschenkt bekommen. Die trage ich ebenfalls. Ich habe zwar meine Familie nicht dabei, aber es sind schon Teile, die ich trage, die mir helfen sollen.