Annika Drazek - Sprinterin auf der Überholspur
Die Gladbecker Sprinterin Annika Drazek hat mit ihren 16 Jahren schon viel erlebt: Sie trug mehrfach das deutsche Trikot und konnte bei der U18-WM in Lille (Frankreich) ins Finale einziehen. Ein schöner Erfolg, doch die Gymnasiastin richtete den Blick schnell wieder zielgerichtet nach vorne: Für die Hallensaison hat sie sich deutsche Hallen-Bestleistung in der B-Jugend über 60 Meter Hürden (8,37 sec) vorgenommen.

Die Grundschullehrerin sollte recht behalten: Nur ein Jahr später wurde sie mit neun Jahren in Gladbeck als „Schulsporttalent des Jahres“ ausgezeichnet. Seitdem verlief ihre Karriere gradlinig und bislang auch verletzungsfrei. Es gab durchgehend nur einen Weg: immer schneller von der Start- zur Ziellinie.
Im Jahr 2008 stand ihre Bestmarke über 100 Meter noch bei 12,32 Sekunden, 2009 dann bei 12,26 Sekunden, bevor sie sich 2010 gewaltig auf 11,85 Sekunden steigerte. 2011 schraubte sie ihre Bestmarke auf 11,76 Sekunden herunter.
„Es war geil“
Keine deutsche Sprinterin unter 18 Jahren ist damit schneller als Annika Drazek und sie liegt selbst in der U20-Bestenliste auf Rang drei. Ohne sich selbst unter Druck zu setzen, reiste sie im Juli 2011 zur U18-WM in Lille - der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere: Als erst 16-Jährige belegte sie dort Platz sieben. Nur eine Sprinterin war im Finale jünger, nur eine Europäerin schneller.
„Das ist ein Erlebnis fürs Leben“, sagte Annika Drazek damals. „Es war geil.“ Schnell hatte sie bei der WM gelernt, souverän mit der Kamera vor dem 100-Meter-Start zu spielen. „Das war zwar total neu, aber es war ein Gefühl der Freude - nicht der Nervosität“, sagt sie rückblickend.
Ein Jahr zuvor stand sie schon als 15-Jährige im nationalen Fokus und hatte dort ihre Vielseitigkeit unter Beweis gestellt. Denn 2010 war sie Deutsche Schülermeisterin im Blockwettkampf Wurf sowie Deutsche B-Jugend-Vizemeisterin über 100 Meter. Am Jahresende führte sie die DLV-Schülerinnen-Bestenliste sowohl im Sprint als auch im Blockwettkampf Wurf an.
Facebook und die Lockerheit
Die Lokalpresse überhäufte sie dafür schon oft mit Lorbeeren. Dort lauteten die Schlagzeilen: „Annika Drazek zeigt der Konkurrenz die Hacken“; „Drazek gewinnt mit Top-Leistung“; „Meisterlich in Form“; „Drazek ist Europas Schnellste“; „Drazek läuft der Konkurrenz davon.“ Unter Druck gesetzt hat sich die Sprinterin deswegen noch nie gefühlt. Ihre lockere Herangehensweise an die Wettkämpfe hat sie sich bewahrt.
Auch ihre Art Kontakte zu knüpfen ist von ähnlicher Lockerheit geprägt: Sie lebt die sozialen Netzwerke, ist regelmäßig auf Facebook unterwegs. Schon vor internationalen Wettkämpfen vernetzt sie sich dort mit anderen Athleten, ist mit ihnen „befreundet“, wie es im Facebook-Jargon heißt.
„Wettkämpfe treiben mich an“
Auf der Bahn ist sie konzentriert, abgeklärt, sie saugt das Erlebnis Wettkampf in sich auf: „Die Wettkämpfe sind es, die mich auch im Training antreiben“, sagt sie und macht damit deutlich, dass sie der absolute Wettkampftyp ist. „Es ist der Wunsch, mich immer gut zu präsentieren.“
Der Erfolg ist aber nicht nur auf ihren Trainingsfleiß zurückzuführen: Ihre Tante, Ewa Heblik, war polnische Jugendmeisterin sowohl über 800 als auch über 1.500 Meter: „Das wären aber keine Strecken für mich“, sagt Annika Drazek und rollt mit den Augen. „Viel zu lang.“
Für Deutschland starten
Und abseits der Bahn? Sie liebt es zu shoppen, sie surft häufiger im Internet - Facebook lässt grüßen - und trifft sich gerne mit Freunden. Wohin der Weg sie in den kommenden Jahren führen wird? „Ich lasse mich überraschen“, sagt die 16-Jährige. „Ich will vor allem Bestleistungen aufstellen und noch oft für Deutschland starten.“
Doch ein konkretes Ziel hat sie dann doch noch: Sie will die deutschen B-Jugend-Hallenbestleistung über 60 Meter Hürden knacken: Diese steht bei 8,37 Sekunden, aufgestellt von Sophie Krauel (TuS Jena) im Jahr 2002. Die Ziele werden Annika Drazek so schnell nicht ausgehen.