Annika Roloff - Auf dem Sprung
Mit konstanten Leistungen und neuer Bestleistung von 4,42 Metern hat sich Annika Roloff (MTV 49 Holzminden) in diesem Winter an die deutsche Spitze herangepirscht. Bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften könnte die Stabhochspringerin am Wochenende (25./26. Februar) sogar bei der Vergabe der Tickets zur Hallen-WM in Istanbul (Türkei; 9. bis 11. März) ein Wörtchen mitsprechen. Wichtiger ist der 20-Jährigen aber ihre langfristige Entwicklung.
Talentierte Stabhochspringerinnen gibt es im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) viele. Bei den insgesamt elf internationalen Nachwuchsmeisterschaften der vergangenen fünf Jahre haben sie neunmal Edelmetall mit nach Hause gebracht. Annika Roloff steuerte Bronze bei der U23-EM 2011 in Ostrava (Tschechische Republik) bei.Als nächste Hürde steht der schwierige Anschluss an die deutsche Spitze der Frauenklasse, um den einige dieser Medaillengewinnerinnen kämpfen. Lisa Ryzih (ABC Ludwigshafen) hat es vorgemacht. Annika Roloff ist auf dem besten Weg, dieses Kunststück ebenfalls zu schaffen.
2011 ging es schon voran
Der letzte Sommer brachte schon einen Schritt nach vorne, als sich die Studentin von 4,15 auf 4,40 Meter verbesserte, konstant Höhen jenseits der alten Bestleistung anbot und den deutschen Meistertitel bei den Juniorinnen holte. Beim Saisonhöhepunkt in Ostrava ging es noch einmal über 4,40 Meter, was mit U23-EM-Bronze belohnt wurde.
Auf diesem Niveau hat Annika Roloff in diesem Winter gleich weitergemacht. "Meine Hallensaison war noch nie besser." Vorläufiger Höhepunkt war das Internationale Hallen-Meeting in Karlsruhe, als in einem starken Feld mit 4,42 Metern eine Bestleitung herauskam, die sie in Potsdam fünf Tage später bestätigte. Rezept für die Verbesserung: "Ich habe zwei Trainingseinheiten in der Woche draufgepackt, neue Stäbe bekommen und mich an die neuen Höhen gewöhnt."
Beim ersten Wettkampf über 1,66 Meter
Der Weg zum Stabhochsprung war für Annika Roloff vorgezeichnet. Sie kommt aus einer "Leichtathletik verrückten" Familie. Von Anfang an wird sie von ihrem Vater Klaus trainiert. Mutter Susanne-Katharina ist mit dem Stab 3,30 Meter hoch gesprungen, lange bevor die Disziplin ins internationale Wettkampfprogramm aufgenommen wurde. Schon im Grundschulalter hatte Annika Roloff regelmäßig einen Stab in der Hand. "Meinen ersten Wettkampf hatte ich mit sechs oder sieben Jahren, da bin ich 1,66 Meter hoch gesprungen."
Stück für Stück ging es seitdem nach oben - besonders beim vom Vater organisierten Stabhochsprung-Meeting im heimischen Holzminden purzelte regelmäßig die Bestleistung. 2007 ging es dort zum Beispiel zum ersten Mal über vier Meter.
Vielseitig
Natürlich stand nicht nur Stabhochsprung auf dem Trainingsplan, sondern auch alle anderen Disziplinen, von Sprint bis Diskuswurf. Ein Teil der Vielseitigkeit ist bis heute geblieben. Bei den Landesmeisterschaften lief die 1,66 Meter große Athletin die 60 Meter Hürden im Januar als Dritte in 8,69 Sekunden. "Stab konnte ich aber immer am besten."
Durch die Begeisterung ihrer Familie für den Stabhochsprung war und ist die Unterstützung groß. Inzwischen ist Annika Roloff allerdings ein Stück unabhängiger geworden und von zu Hause ausgezogen.
Neben dem Sport läuft an der Uni Hannover ein Studium in Sport und Englisch auf Lehramt. "Das möchte ich auch in der Regelstudienzeit durchziehen." Hintergrund ist unter anderem, dass sie ihrem Vater nicht länger als nötig auf der Tasche liegen will. Training und Studium füllen den Alltag aus, für einen Job bleibt keine Zeit.
Hallen-WM in greifbarer Nähe
Über ihre sportliche Entwicklung in diesem Winter ist Annika Roloff selbst ein wenig überrascht und gleichzeitig sicher, dass es noch höher geht. Über 4,52 Meter hat sie schon vielversprechende Versuche gezeigt. "Ich bin mir sicher, dass ich das in den nächsten Wettkämpfen springe."
Interessant könnte es werden, wenn das schon an diesem Wochenende (25./26. Februar) bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Karlsruhe klappt. 4,52 Meter, das ist die Norm für die Hallen-WM in Istanbul (Türkei; 9. bis 11. Januar). Außer Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen) ist in diesem Winter noch keine DLV-Athletin höher gesprungen. Um das zweite verbleibende Ticket nach Istanbul kündigt sich ein spannender Kampf an, mit den besten Chancen für Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken).
Dahinter ist Annika Roloff in Lauerstellung, genau wie Titelverteidigerin Lisa Ryzih, die bei ihrem Sieg im letzten Jahr 4,65 Meter gesprungen ist, nach Verletzungsproblemen aber noch nicht wieder ganz an diese Höhen herangekommen ist. Die zuletzt angeschlagene Vize-Weltmeisterin Martina Strutz (SC Neubrandenburg) kündigte den Verzicht auf die Hallen-DM an.
Annika Roloff kennt ihre Chance, weiß aber auch um die Stärke der Konkurrenz. „Sehr viele springen auf einem hohen Niveau. Da will ich auch hin.“ Sie will bei der Hallen-DM einen guten Wettkampf machen und dann schauen, wie nahe ein Ticket nach Istanbul ist. "Möglich ist alles, aber ich rechne damit nicht."
Großes Ziel Olympia
Der Wettkampf bei der Hallen-DM wird der neunte in diesem Winter sein. Viele Starts helfen, sich zu neuen Höhen vorzutasten. Diese fehlende Gewöhnung sieht Annika Roloff als größtes Hindernis, das noch größeren Höhenflügen im Weg steht. "Die nötige Schnelligkeit bringe ich mit, ich bin auch stark genug." In der Technik sieht sie das größte Verbesserungspotential im Übergang zwischen Absprung und Aufrollen.
Angetrieben wird die ehemalige Deutsche B-Jugendmeisterin - wie viele Sportler - vom Traum von Olympia. Den Druck, dieses Ziel schon in diesem Jahr verwirklichen zu wollen, macht sich die 20-Jährige nicht, auch im Angesicht der starken nationalen Konkurrenz. Sie will Technik und Höhen weiter stabilisieren. Vater und Trainer Klaus hat seiner Tochter die nötige Geduld und Zuversicht beigebracht. "Er sagt immer: Wenn man schön springt, dann kommen die Höhen von selbst."