| Nach Babypause

Ariane Friedrich – Comeback und Olympianorm rücken näher

Die deutsche Rekordhalterin im Hochsprung hat sich nach der Geburt ihrer Tochter Amy über den Sommer fit gemacht. Ihr Plan, nach den körperlichen Veränderungen einen guten Ausgangszustand für die Olympiavorbereitung zu erreichen, ging auf. Schon seit Ende Oktober 2014 arbeitet die 31-Jährige für das Ziel Rio (Brasilien). In der kommenden Hallensaison will sie wieder Wettkämpfe bestreiten und ein „sehenswertes Comeback“ hinlegen.
Pamela Ruprecht

Rund 20 Kilogramm hat Ariane Friedrich seit der Geburt ihres Töchterchens abgebaut. „Am Anfang nach der Schwangerschaft war alles sehr schwer“, erinnert sich die Frankfurterin. Aber das intensive Athletiktraining hat sie wieder in Form gebracht. Mit ihrem Fitnesszustand, den sie sich in den letzten Monaten erarbeitet hat, ist sie sehr zufrieden. Das bestätigt auch die Zwischendiagnostik. Als Hochspringerin hat es natürlich Vorteile, federleicht über die Latte zu fliegen.

Mit dieser Basis konnte sie im August in die planmäßige und spezielle Vorbereitung auf die Olympiasaison einsteigen. „Ich bin jetzt im ganz normalen Formaufbau drin“, kann die WM-Dritte von 2009 wieder von sich sagen. Ihr Körpergewicht entspricht dem ihrer besten Zeiten. Sie kann alles trainieren, was sie will und muss. Da kommt Optimismus auf: „Ich blicke der Hallensaison sehr erfreut und entspannt entgegen.“

Lange Wettkampf-Pause

Seit den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) hatte Ariane Friedrich wegen Verletzungsproblemen keine großen Meisterschaften mehr im Programm. Die Blessuren sind alle ausgeheilt, das Feuer für ihren Sport brennt noch in der Zwei-Meter-Springerin. Das Hochsprung-Finale der WM in Peking (China) hat sie im August auf dem Weg ins Trainingslager nach Zinnowitz im Live-Ticker verfolgt.

„Ich hoffe, dass ich noch einmal den Anschluss an die Weltspitze erreiche und wunderbare spannende, Olympische Spiele in Rio erleben kann", sagt die Mutter. „Dafür arbeite ich momentan sehr hart.“ Der Traum, wieder zu starten, wird von Tag zu Tag realer. Die Rückkehr in den Wettkampfzirkus nimmt langsam Konturen an.

Hallensaison vor der Tür

In der Hallensaison will Ariane Friedrich – vorausgesetzt es läuft weiter wie bisher – an drei bis vier Wettbewerben teilnehmen. Welche das sein werden, steht noch nicht fest. Angesichts der Flüchtlingssituation in Deutschland sei auch noch nicht genau planbar, welche Hallen für Unterkünfte belegt sein könnten. Die Wettkämpfe braucht sie, um ihren Leistungsstand zu überprüfen. Erst im Wettkampf wird sich ihre wahre Leistungsstärke zeigen. Sollten dann noch Trainingsrückstände und Schwachpunkte sichtbar werden, wäre noch Zeit, diese zu beheben.

Denn Ariane Friedrich ist in letzter Zeit nur sehr selten mit dem Rücken auf der Hochsprung-Matte gelandet. Bis auf zwei kurze Einheiten im Juli ist sie im Prinzip seit zwei Jahren nicht über die Latte geflogen. Und selbst da ist sie nicht aus vollem Anlauf gesprungen. "Das war in erster Linie ein Test, bei dem mein Knie gehalten hat und ich wieder Selbstvertrauen zurück erlangt habe."

Nach dem kleinen Flug-Test konzentrierte sie sich wieder ganz auf den Aufbau - das Wichtigste. „Die Athletik ist bei mir so entscheidend“, erklärt die EM-Dritte von 2010. Wenn die Zubringerwerte Stabilität, Kraft, Sprung und Schnelligkeit stimmen, kann sie auch technisch auf starkem Niveau springen. Im November soll es im Training so weit sein - gefloppt wird aber auch dann nur in Maßen.

Dosierte Sprünge

Während andere Hochspringer ein- bis zweimal Mal pro Woche am Kurven-Anlauf stehen, fährt die Hallen-Europameisterin von 2009 mit ihrem langjährigen Trainer Günter Eisinger eine andere Strategie. „Ich gehe eigentlich kaum an die Anlage.“ Stattdessen setzt das erfolgreiche Team auf Imitationen des Absprungs, um das Verletzungsrisiko zu mindern. Viele Sprünge mit technischen Elementen, zum Beispiel Steige-Sprünge an Hürden.

Erst wenn es interessant wird, wenn an Technik-Details für die Wettkämpfe gefeilt wird, springt die Bronzemedaillengewinnerin von Berlin richtig ab. Insgesamt also nur ein paar Monate im Jahr. Das reicht, den Flop hat sie im Blut. Hochspringen ist für sie wie Fahrradfahren. „Das übe ich ja auch nicht jede Woche und kann es einfach.“ Passen die Zubringer-Werte, kann es auch hoch hinausgehen. Zumindest in Settings, in denen es um etwas geht. Ariane Friedrich ist eine „Wettkampf-Springerin, keine Trainings-Springerin", sagt auch ihr Trainer.

Adrenalin und Publikum bringen 20 Zentimeter

In dem Jahr (2009), in dem sie den deutschen Freiluft-Rekord auf 2,06 Meter schraubte, ist sie im Training nie höher als 1,80 Meter gesprungen – bis heute ihre Trainingsbestleistung. Diese Differenz: „Das sind Welten im Hochsprung.“ Sie braucht einfach das passende Ambiente, um abzuheben. „Im Training ist das langweilig.“ Ihr Weg zur Höchstleistung führt über eine Kulisse mit Zuschauern und Konkurrentinnen. „Da kommen viele Dinge zusammen, die mich persönlich im Wettkampf beflügeln.“

Wenn Ariane Friedrich also im Training bei 1,75 Meter angekommen ist, stehen die Aussichten gut, dass sie im Wettkampf die Olympianorm von 1,94 Meter schafft. Das ist das erste Ziel für den Sommer. „Das Fernziel zwei Meter habe ich immer“, ist aber im aktuellen Horizont noch sehr weit weg. In ihrer Situation geht es erst mal darum, sich überhaupt auf einem hohen Leistungsniveau zurückzumelden.

Respekt für Sport-Mamis

„Unfassbar großen Respekt“ hat sie vor Speerwerferin Christina Obergföll (LG Offenburg) und Siebenkämpferin Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen). Die beiden Mütter sind dieses Jahr nach ihren Baby-Pausen zurückgekehrt und haben gleich erfolgreich an den Weltmeisterschaften in Peking teilgenommen.

Christina Obergföll bekam ihren Sohn drei Monate bevor Ariane Friedrich ihre Tochter auf die Welt brachte. Im "Vogelnest" belegte die Titelverteidigerin mit Saisonbestleistung (64,61 m) Rang vier. „Da habe ich schon Bauklötze gestaunt“, gibt die Hochspringerin zu. Im Unterschied zu ihr konnten die beiden anderen Mütter lange in die Schwangerschaft hinein trainieren. Ariane Friedrich musste dagegen extrem viel aufholen, denn nach dem vierten Monat bekam sie Sportverbot.

Klare Tagesstruktur

Ariane Friedrich wirkt entspannt. Der Leistungssport und das Muttersein lassen sich bei ihr relativ stressfrei vereinbaren. Amy schläft nachts sehr lange durch, hat seit September einen Platz in der Kinderkrippe, und ins Trainingslager reist eine gute Freundin zur Kinderbetreuung mit. „Das ist alles klar strukturiert und gut gestrickt“, beschreibt die erfahrene Athletin.

Am Donnerstag ging die Reise ins türkische Belek, Trainingslager auf einer Anlage mit Top-Bedingungen. Optimal für die nächste Etappe der Olympiavorbereitung. Ob sie ihre Karriere nach 2016 noch fortsetzen wird, hängt davon ab, wie das Jahr verläuft und wie ihr Körper den Leistungssport verkraftet. „Darüber mache ich mir im Moment noch keine Gedanken.“ Ariane Friedrich will nun erst mal ein gutes Comeback hinlegen.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024