Ariane Friedrich stimmt die Kritik traurig
Ariane Friedrich (LG Eintracht Frankfurt) schrie entsetzt auf, ihre schwarze Sonnenbrille wirbelte durch die Luft. Die Höhe hatte im entscheidenden Moment gestimmt, artistisch hatte die deutsche Hochspringerin ihren Körper durchgebogen, nur die Hacken bekam sie nicht mehr rechtzeitig hoch - und so flog ihr diese vermaledeite Latte hinterher. Es war das Quali-Aus statt des erhofften Finaleinzugs in London (Großbritannien), und das trotz übersprungener 1,93 Meter.
"In mir tobt ein innerer Kampf. Das war meine Saisonbestleistung, aber trotzdem bin ich nicht glücklich", sagte sie schluchzend. Beim letzten Versuch über 1,96 Meter habe sie "die Latte noch mit den Hacken gerissen", erklärte die Polizeiobermeisterin, nur mühsam unterdrückte sie ihre Tränen.Nachdem sie das Olympia-Finale verpasst hatte, nahm Ariane Friedrich auch zu der an ihrer Nominierung geübten Kritik Stellung. "Es ist traurig, wenn man solche Nestbeschmutzer hat. Ich habe mit denjenigen nie ein Problem gehabt bis jetzt. Ich habe in meinen Augen auch schon viel für den deutschen Hochsprung geleistet. Ich möchte mich aber auch nicht auf das Niveau herablassen da zurückzuschießen. Das ist es nicht wert", sagte die 28-Jährige.
Gemünzt waren diese Worte auch auf Olympiasiegerin Ulrike Nasse-Meyfarth, die der Frankfurterin eine Finalchance abgesprochen und dabei auch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) angegriffen hatte. "Ich habe kein Verständnis für die Nominierung von Ariane Friedrich", hatte die Siegerin der Spiele in München 1972 und Los Angeles (USA) 1984 gesagt.
Chance aufs Finale war da
Ariane Friedrich wies zumindest nach, dass sie eine Finalchance besaß. Haarscharf nur verfehlte sie den Endkampf der besten Zwölf. Die Qualifikation am Donnerstag hatte für die deutsche Rekordlerin (2,06 m) auch vielversprechend begonnen: Beim Einspringen jubelte sie über einen guten Versuch, klatschte sich mit ihrem Trainer und Manager Günter Eisinger ab. 1,85 Meter und 1,90 Meter schaffte sie im Wettkampf auf Anhieb, 1,93 Meter dann erst im dritten Anlauf.
Anschließend entspann sich eine heiße Diskussion darüber, ob tatsächlich alle 14 Springerinnen, die 1,93 Meter gemeistert hatten, im Finale seien. Die Deutsche rechnete offensichtlich damit. Traurig sagte sie: "Ich hatte mich schon gefreut." Doch das Reglement besagt, dass bei der entscheidenden Höhe die geringere Anzahl der Fehlversuche den Ausschlag gibt. Ariane Friedrich gehörte nicht zu den zwölf Springerinnen, die 1,93 Meter mit weniger als zwei Fehlversuchen geschafft hatten.
Kämpferisches Comeback
Ihr Fazit: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe alles gegeben, sogar einen Mentaltrainer gehabt. Ich habe wirklich den Hintern zusammen gekniffen." Nach dem Reißen ihrer Achillessehne im Dezember 2010 hatte sie mit hohem Einsatz und wachsender Verzweiflung um das Comeback gekämpft. Ende Januar startete sie in die Hallensaison, ab Ende Mai jagte sie vergeblich die deutsche Olympia-Norm (1,95 m). Sie erfüllte aber zweimal die B-Norm und rückte als "Härtefall" ins Team für London.
Dort kam sie am Donnerstag zu einer wichtigen Erkenntnis: Es lohnt sich noch, Hochspringerin zu sein. "Ich habe diesen Wettkampf gebraucht, um richtig motiviert in die neue Saison zu gehen. Das war für meine weitere Karriere unheimlich wichtig", sagte sie.
Günter Eisinger zufrieden
Die "kritischen Stimmen", glaubt sie, "gab es vorher, und die wird es auch jetzt wieder geben. Ich hätte daher gerne das Vertrauen zurückgezahlt, deswegen bin ich noch trauriger." Sie habe lernen müssen, drei Schritte zurückzugehen, um dann einen nach vorn zu machen.
Günter Eisinger ist zuversichtlich, dass Ariane Friedrich bald wieder in die Weltspitze springt. "Sie war zu Recht bei Olympia", sagte er. "Wer ihren Leidensweg kennt, kann nur zufrieden sein. Ich freue mich über ihren Kommentar, dass sie durch diesen Wettkampf wieder die Motivation bekommen hat, weiterzumachen."
Unterstützung gab es auch von DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen: "Ariane Friedrich hat aus meiner Sicht einen guten Wettkampf bestritten. Ihr Potenzial für die 1,96 Meter konnte man sehen. Für die Zukunft hat das gezeigt, dass sie wieder 1,96 Meter und höher springen kann."
mit Material des Sport-Informations-Dienstes (sid)
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