Alexander Lubina trägt Gips
Schreck am Abend! Alexander Lubina, der deutsche 10.000-Meter-Meister, schiebt Frust. "Ich muss pausieren", klagte er, "vier Wochen lang darf ich nicht laufen." Mit Schmerzen im rechten Fuß war der 23-jährige Wattenscheider zur Kernspintomographie gestiefelt, mit einem Gipsverband kam er aus der Praxis gehumpelt. "Sch...", kommentierte Trainer Tono Kirschbaum die Diagnose von Vereinsarzt Dr. Andreas Falarzik in drastischer Wortwahl, "das hat uns gerade noch gefehlt." Eine Stressfraktur im Fußwurzelbereich hat ihre gemeinsame Saisonplanung komplett über den Haufen geworfen.
Alexander Lubina bekam eine Zwangspause verpasst (Foto: Kiefner)
Das ganze Dilemma begann bei den Deutschen Cross-Meisterschaften in Bad Dürrheim. "Schon gleich am Start, beim ersten Schritt, spürte ich einen stechenden Schmerz", erinnerte sich Alexander Lubina, der Pechvogel vom TV Wattenscheid 01, "ich konnte den Fuß nicht mehr richtig abrollen und bin dann nach sechs Kilometern aus dem Rennen gegangen." So eine Stressfraktur kommt natürlich nicht von heute auf morgen. Sie gehört zu den häufigen - zumeist erst relativ spät erkannten – Überlastungsschäden des Bewegungsapparates. "Komisch, ich hatte vorher keine großen Beschwerden gehabt", meinte Alexander Lubina, "und fühlte mich auch prima in Schuss." Gut durchtrainiert hatte er in den vergangenen Wochen.
Athen adé!
Alles für die Katz! "Die European Challenge kann ich mir abschminken", stellte Alexander Lubina enttäuscht fest, "das passt vom Termin nicht mehr." Am 12. April wollte er in Athen die WM-Norm über 10.000 Meter aufs Korn nehmen. Wie vor zwölf Monaten im italienischen Camaiore, wo er seine noch heute gültige Bestzeit (28:29,15 min) aufstellte. "Das Thema ist gegessen." Schade drum. "Selbst die Teilnahme an den Deutschen 10.000-Meter-Meisterschaften ist in Gefahr, wenn's ganz dicke kommt." Alexander Lubina, eigentlich ein optimistischer Typ, malte den Teufel an die Wand. Aber Sekunden später ließ er wieder positive Töne anklingen: "Na ja, wird schon klappen." Wäre doch gelacht, wenn er seinen Titel am 17. Mai in München nicht verteidigen könnte.
Der "Doc" hat ihm auch Hoffnung gegeben. "Ich muss jetzt erst mal vierzehn Tage den Gips tragen, hat er gesagt. Dabei darf ich Radtraining machen", berichtete Alexander Lubina, "nach zwei Wochen folgt eine weitere Kernspinaufnahme. Und wenn der Bruch ausgeheilt ist, soll ich noch mal zehn bis 14 Tage Aquajogging machen, bevor ich mit entsprechenden Einlagen wieder ins Lauftraining einsteige."
In der Warteschleife
Der ehrgeizige Wattenscheider hängt in der Warteschleife. Gerade jetzt, wo Semesterferien sind, wollte er Kilometer "fressen". Dumm gelaufen! "Dafür hab' ich Zeit, meinen Umzug vorzubereiten." Denn der Student der Wirtschaftswissenschaften, der im fünften Semester an der Uni Bochum eingeschrieben ist, zieht in eine Sportler-WG. "Wir sind dann zu dritt: der eine ist Triathlet, der andere Sportstudent, und ich laufe." Tja, da kann er sich Ratschläge einholen, wie er die Zwangspause mit Aquajogging und Radfahren sinnvoll überbrücken soll.
Tono Kirschbaum, sein Coach beim TV Wattenscheid 01, war schockiert angesichts der schlechten Kunde, die ihnen Dr. Andreas Falarzik mitteilte. "Ich hatte auf eine Art Blockade im Fuß getippt", erzählte Kirschbaum, "so was wird wieder eingerenkt, und dann geht's weiter." An eine Stressfraktur hatte er nicht gedacht. Nie und nimmer. "Heute Abend", schimpfte er, "können mich alle mal gern haben." Kirschbaum hatte die Faxen dicke.
Nur schlechte Nachrichten
Die "bad news" hatten ihm die gute Laune geraubt. "Nur schlechte Nachrichten", bemerkte er mit einer Miene, als sei ihm eine Laus über die Leber gekrochen, "das nervt gewaltig." Jan Fitschen, auch ein Schützling von ihm, war morgens mit dem Flieger nach Südafrika gedüst: zum Höhentraining. "Aber ich weiß gar nicht, mit wem er dort trainieren soll", klagte Kirschbaum, "Mario Kröckert und Michael May haben im letzten Moment abgesagt."
Warum? "Formkrise oder wie man das nennen soll." Die beiden Leverkusener hängen momentan durch, sind nicht in allerbester Verfassung und haben freiwillig auf den Höhen-Trip verzichtet.
Deshalb hat ihn die plötzliche Verletzung von Alexander Lubina bis ins Mark getroffen. "Das", so Kirschbaum, "sind die Schattenseiten des Trainer-Jobs." Doch keine Bange: es kommen wieder schönere Tage. "Wollen wir mal davon ausgehen, dass ich spätestens nach vier Wochen wieder laufen kann", schlug Alexander Lubina auch wieder zuversichtliche Töne an, "die WM-Norm muss ich dann eben etwas später unterbieten." Er lässt sich nicht unterkriegen. Richtig so.
Ulrich Hörnemann