Arne Gabius - "Habe am meisten gestrahlt"
Mit seinem Lauf zu Silber hat Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen) am Mittwoch für einen Auftakt nach Maß für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) bei der EM in Helsinki (Finnland) gesorgt. Der 5.000-Meter-Spezialist feierte in 13:31,83 Minuten den größten Erfolg seiner Karriere. leichtathletik.de hat die ersten Reaktionen des 31-Jährigen eingefangen.
Arne Gabius, herzlichen Glückwunsch zu Silber. Wann war Ihnen klar, dass es eine Medaille wird?Arne Gabius:
Erst 30 Meter vor Schluss. Ich war in der Spitzengruppe, habe auf die Gegner geachtet und gewartet, dass Mo Farah angreifen wird. Das hat er 300 Meter vor Schluss gemacht. Ich habe nur gedacht: Du kannst die Anderen schlagen und musst versuchen, dranzubleiben. In der Zielkurve ist es mir gelungen, auf Platz zwei zu gehen. 30 Meter vor Schluss habe ich dann nach links und rechts geschaut und da war niemand. Das war unglaublich.
Bei der Pressekonferenz haben Sie und Goldmedaillen-Gewinner Mo Farah interessiert auf den Ergebnismonitor geschaut, was wollten Sie wissen?
Arne Gabius:
Platz drei bis fünf waren nur um ein paar Hundertstel auseinander. Wir haben geschaut, wie eng es war. Auch die Zeit der letzten Runde hat uns interessiert: Es war eine 53,6 für Mo, ich bin eine 55er Schlussrunde gelaufen. Das ist nicht schlecht.
Wie ist es zu erklären, dass Sie so gut spurten konnten?
Arne Gabius:
Durch die 13:13, die ich in diesem Jahr gelaufen bin, habe ich ein neues Niveau. Wenn ich heute auf 13:30 anlaufe, kann ich ganz anders beschleunigen. Im letzten Jahr bin ich 13:32 gelaufen und war damit am Anschlag. Jetzt kann ich aus einem anderen Topf schöpfen, weil ich mich bei diesem Tempo wohlfühle.
Wie war das Gefühl auf der Ehrenrunde?
Arne Gabius:
Es war toll. Mein Bruder hat mir eine Deutschland-Fahne zugeworfen. Er hatte sie schon eingepackt. Mit Mo Farah auf die Ehrenrunde zu gehen, war ein Traum. Ich glaube, ich habe am meisten gestrahlt.
Dann ging es weiter zur Siegerehrung, wie haben Sie die erlebt?
Arne Gabius:
Wir mussten etwas warten und haben uns unterhalten. Da ist die Spannung etwas abgefallen. Bei der Pressekonferenz realisiert man dann so langsam, was man geschafft hat. Es wird noch ordentlich gefeiert. Außer meinem Bruder ist auch meine Freundin da.
Im Alter von 31 Jahren haben Sie Ihre erste Medaille geholt. Kommen da Gedanken auf, dass sportlich in den Jahren zuvor etwas falsch gelaufen ist?
Arne Gabius:
Ich bereue nichts. Ich habe mein Medizin-Studium beendet. Das war ein Kindheitstraum von mir. Den nächsten werde ich mir in sechs Wochen erfüllen und bei den Olympischen Spielen einmarschieren. Jetzt habe ich schon eine internationale Medaille geholt. Was will ich mehr?
Wie sehen die Wochen vor Olympia für Sie aus?
Arne Gabius:
Am Freitag geht es zurück nach Deutschland. Dann werde ich ins Trainingslager nach St. Moritz fahren. Für drei Wochen bin ich dort und werde einige Kilometer machen. Mit diesem Erfolg im Rücken geht hoffentlich vieles einfacher. Ich habe bei Olympia nichts zu verlieren. Ich will ins Finale - unter die besten 15.
Glauben Sie, Ihre Medaille bringt Rückenwind für das DLV-Team?
Arne Gabius:
Eine Medaille tut immer gut. Vor zwei Jahren in Barcelona lief es am Anfang nicht so gut. Da gab es eine Mannschaftsbesprechung im Innenhof des Hotels. Ich erinnere mich noch, dass Carsten Schlangen dabei rumgetigert ist, weil es kurz vor seinem Endlauf war. Er hat dann Silber geholt und es ging richtig los. Diesmal gibt es keine Krisentage, die Meisterschaft geht gleich richtig los und es wäre toll, wenn noch die ein oder andere Medaille dazukommt.
Haben Sie eigentlich schon einen Doktortitel?
Arne Gabius:
Ich habe mein Studium im letzten Jahr im Mai beendet. Einen Doktortitel macht man später. Ich habe mich entschieden, erst einmal Sport zu machen. Ich war dann etwas überrascht, dass Dieter Baumann mit seiner Arbeit als Trainer aufgehört hat. Er wollte mehr Zeit mit seiner Familie verbringen.
Sie trainieren sich seitdem selbst, wie kommen Sie damit zu Recht?
Arne Gabius:
Ich habe viel Zuspruch bekommen. Mir wurde gesagt, dass ich gut organisiert bin. Ich habe die richtigen Dinge verändert. Aber ohne die sechs Jahre bei Dieter Baumann und ohne die Jahre bei Gerd Seemann vorher in Hamburg wäre das alles nicht möglich gewesen. Gerd Seemann hat mich in der Jugend nicht verheizt. Ich blühe jetzt erst richtig auf.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Dieter Baumann heute?
Arne Gabius:
Er hat am Samstag bei der Abschluss-Einheit zugeschaut. Wir wohnen in Tübingen 250 Meter auseinander. Wir sehen uns dreimal die Woche, wenn ich vor meiner Haustür gymnastische Übungen mache. Wir sind jetzt noch bessere Freunde als vorher.
Planen Sie, auch einmal die 10.000 Meter in Angriff zu nehmen?
Arne Gabius:
Wahrscheinlich im nächsten Jahr, man sieht bei Mo Farah, was möglich ist: Er läuft super 10.000 Meter und auch tolle 5.000. Für einen erfolgreichen Start über 10.000 Meter müsste ich im Training die Qualität beibehalten und an den Kilometern schrauben.
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