Ashton Eaton steht vor dem Olymp
Ziegelsteine und Bretter sind keine Gegner für Ashton Eaton. Mit einem schnellen Schlag, einem spektakulären Tritt zerschmettert der Zehnkampf-Weltrekordler auch dicke Eisscheiben - er hat einen schwarzen Gürtel in Taekwondo.
"Ich habe mit sieben Jahren damit angefangen. Und es hat mir geholfen, meine Grenzen zu verschieben", sagt der US-Amerikaner, "Kampfsport-Trainer können sehr überzeugend sein. So habe ich gelernt, Ziele zu erreichen, die ich zuvor nicht für möglich hielt. Das hat mir auch in der Leichtathletik geholfen."Nun sind aber nicht Ziegelsteine seine Gegner, sondern Europameister Pascal Behrenbruch aus Frankfurt, Hans van Alphen aus Belgien oder sein Landsmann und Doppel-Weltmeister Trey Hardee. Die mit ihm gemeinsam am Mittwoch und Donnerstag (8./9. August) vor dem Zehnkampf-Olymp stehen.
Großer Favorit
Sie sind aus Fleisch und Blut, sie werden sich wehren - aber niemand zweifelt daran, dass sich am Ende Ashton Eaton in London (Großbritannien) zum Olympiasieger krönt, zum König der Athleten. "Er ist unschlagbar", sagt Pascal Behrenbruch, "fünf Leute kämpfen um Silber und Bronze."
Zu überragend präsentierte sich Ashton Eaton zuletzt, als er im strömenden Regen von Eugene (USA) mit einer sensationellen Vorstellung 9.039 Punkte sammelte und dem Tschechen Roman Sebrle (9.026) den Weltrekord entriss - als zweiter Athlet übertraf er die Traumgrenze von 9.000 Punkten.
Doch von seiner Rolle als Top-Favorit und einem möglichen neuen Weltrekord will der studierte Psychologe nichts wissen. "Dein härtester Gegner bist immer du selbst", sagt der 24-Jährige, der sich im hessischen Marburg auf den Showdown vorbereitet hat. "Ich bin schlagbar." Und: "Über einen erneuten Weltrekord nachzudenken, wäre leichtsinnig."
Noch Reserven
Dabei scheint der Schützling von Trainer Harry Marra, der schon Dan O'Brien zum Olympiasieger formte, noch große Reserven zu haben. Besonders im Kugelstoßen und Speerwurf hat Ashton Eaton, dessen Vater und Großvater erfolgreiche Footballer waren, Punkte liegenlassen.
Er hat nicht das Format eines Schranks wie früher Jürgen Hingsen. Dicke Muskelpakete wie bei Trey Hardee sucht man bei Ashton Eaton vergeblich - auch wenn sein Körper natürlich definiert und austrainiert ist. Das weiß seit seinen spektakulären Nacktfotos für ein US-Magazin nicht nur die Verlobte Brianne Theisen, eine kanadische Siebenkämpferin.
Vollblut-Zehnkämpfer
Die Stärke von Ashton Eaton ist seine unglaubliche Explosivität. Er ist der Schnellste unter den Zehnkämpfern, technisch stark und ein Bewegungstalent vor dem Herrn. "Ein Vollblut-Zehnkämpfer", sagt Harry Marra, der seinen Ausnahmeathleten nicht stundenlang im Kraftraum einsperrt, sondern ihm viel lieber einen Medizinball in die Hand drückt - um die Bewegungsabläufe zu verfeinern.
Ashton Eaton, der in seiner Jugend neben Taekwondo auch Football, Basketball und Fußball spielte, hat sich längst voll und ganz dem Zehnkampf verschrieben. "Das ist die ultimative Herausforderung", sagt er, "man durchlebt ein ganzes Leben in zwei Tagen. Du hast Höhen und Tiefen, Gutes und Schlechtes, liegst am Boden und hast Comebacks. Jeder liebt das Leben, und das ist der Grund, warum wir Zehnkampf lieben - er ist so wie das Leben."
Und das will er auch neben dem Sport genießen. Nach den Spielen in London wird er mit seiner Verlobten quer durch Europa reisen. "Wir werden bestimmt drei, vier Wochen unterwegs sein und uns alles anschauen." Doch bevor es auf den Olymp geht, hat er noch ein paar Gegner aus dem Weg zu räumen.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)