Auch Druck kann Roman Fricke nicht am Boden halten
Wenn andere Nervenflattern kriegen, wachsen ihm Flügel: Roman Fricke, Hochspringer in Reihen des TSV Bayer 04 Leverkusen, ist ein Wettkampftyp. Wenn der Druck groß, der Adrenalinspiegel hoch, die Zuschauerkulisse lautstark und der Wettbewerb wichtig ist, fühlt er sich erst so richtig wohl. "Das ist für mich die beste Motivation", sagt der 27-Jährige, der in diesem Jahr erstmals 2,30 Meter überfolg, damit die Olympianorm in der Tasche hat und am Wochenende für Deutschland beim Europacup im polnischen Bydgoszcz eine Top-Platzierung erreichen will.
Roman Fricke freut sich auf seinem Europacup-Start (Foto: Klaue)
Die Vorfreude auf den vierten Einsatz im Nationaltrikot ist groß, denn immer wenn es darauf ankommt, ist Roman Fricke, der bei der Weltmeisterschaft in Paris im vergangenen Sommer überraschend das Finale erreicht hatte und dort 13. geworden war, da. "Ich fühle mich von begeistertem Publikum und anderen guten Springern herausgefordert. Am liebsten würde ich nur bei Wettkämpfen mitmachen, wo diese Voraussetzungen gegeben sind." Zweimal war er schon beim Europacup dabei. Im Februar 2003 in Leipzig setzte er in der Halle zum ersten echten Höhenflug an. Bei seinem Debüt im Nationaltrikot vertrat er den damals noch amtierenden Weltmeister Martin Buß und verbesserte sich auf 2,24 Meter. Auf die gleiche Höhe schraubte er im Juni 2003, eine Woche nach seiner Europacup-Teilnahme in Florenz (Fünfter mit 2,20 Meter), auch seine Freiluft-Bestmarke bei einer seiner Lieblingsveranstaltungen: in Langen bei Bremerhaven.
Großer Druck in Langen
Genau bei diesem Springen überzeugte Fricke auch 2004 wieder. Vor Wochenfrist wurde der Schützling von Hans-Jörg Thomaskamp in Langen mit 2,27 Metern Dritter. Zum vierten Mal in seiner Karriere überwand er diese Höhe. Dass ihn ausgerechnet ein kleineres Meeting wie in Langen schon zwei Mal beflügelte, liegt an der Nähe des Ortes zu seiner Heimat. Roman Fricke ist ein Nordlicht und kommt aus der Gegend. "Deshalb ist der Druck der Zuschauer auf mich in Langen immer besonders groß." Nur knapp scheiterte er dort am zurückliegenden Sonntag an 2,30 Meter.
Diese Höhe hatte der Leverkusener Bayer-Athlet erstmals am Pfingstsamstag (29.5.) in Herzogenbuchsee in der Schweiz überquert. Auf einer Schulsportanlage, wo die Hochsprunganlage vor einer Mauer stand, der Anlauf leicht bergauf führte und der Wind auch noch von vorne kam. "Das waren überhaupt nicht meine Bedingungen. All diese Dinge mag ich nicht." Trotzdem forderten sie ihn heraus.
Zwei Stunden überlegt
Doch darauf musste sich der Student der Holztechnik, der gerade ein Urlaubssemester einlegt, um sich voll auf den Sport konzentrieren zu können, erst besinnen. Denn schon kurz nach der Anreise am Tag vor dem Wettkampf wollte er eigentlich wieder wegfahren: "Ich habe zwei Stunden dagelegen und überlegt, ob ich bleibe." Die Erinnerung an die guten Versuche beim vorangegangenen Wettkampf in Eppingen bewog Roman Fricke letztlich zum Bleiben. Das zahlte sich aus und gipfelte im Sieg und einem Höhenflug.
Die Herausforderung am morgigen Samstag um 15 Uhr in Bydgoszcz heißt Stefan Holm. Auf den Schweden, der Hallen-Weltmeister ist und mit 2,37 Meter in der Halle und 2,35 Meter unter freiem Himmel exzellente Bestleistungen zu Buche stehen hat, freut sich Roman Fricke besonders. Denn auch wenn es nicht mit einem eigenem Höhenflug klappen sollte, wäre die Begegnung mit dem Skandinavier für Roman Fricke etwas Spezielles. Bei ihm nimmt er am liebsten Anschauungsunterricht. "An seiner Technik orientiere ich mich."
Dieser Anschauungsunterricht soll ihm irgendwann auch zu einer Höhe von 2,34 Meter und mehr verhelfen. Aber nicht in Bydgoszcz. Roman Fricke hat ganz andere Vorstellungen: "Ich sage immer: Wenn ich in diesem Jahr 2,34 Meter springe, dann im Olympischen Finale in Athen."