Aufwind - Deutlicher Leistungsschub in Kassel
Bevor die Wettkampftermine in dieser Freiluftsaison wegen der Fußball-WM vorübergehend weniger werden, haben die DLV-Athleten am Donnerstagabend bei guten äußeren Voraussetzungen, ordentlichem Zuschauerzuspruch und bester Stimmung das Askina-Meeting in Kassel genutzt, um einen deutlichen Leistungsschub zu offenbaren.
Claudia Marx startet gut über die Hürden (Foto: Chai)
Es passte im Auestadion, das sich gerade als Baustelle präsentiert, vieles zusammen, wie auch DLV-Teammanager Siegfried Schonert bestätigte: "Wir hatten in dieser Saison noch nie so gute Bedingungen."Ideales Pflaster
"Kassel ist für mich ein ideales Pflaster", meinte Claudia Marx. Nachdem die Erfurterin dort im Vorjahr bei ihrer Premiere über die 400 Meter Hürden gleich mit 55,59 Sekunden beeindruckte, war sie nun bei ihrer Rückkehr ähnlich schnell unterwegs. In 55,72 Sekunden unterbot sie bereits zu Beginn des Meetings die EM-Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes von 56,00 Sekunden.
Damit belegte die 27-Jährige Platz zwei und musste sich nur der Polin Malgorzata Pskit (55,65 sec) geschlagen geben. Es war das erste Saisonrennen von Claudia Marx über die 400 Meter Hürden. Zuvor hatte sie sich nur in Cottbus über ihre ehemalige Paradestrecke, die 400 Meter, gezeigt. Dort war sie in 52,92 Sekunden als Dritte ins Ziel gelaufen.
55,72 Sekunden bedeuten zugleich die drittbeste Leistung für die Erfurterin in ihrer noch jungen Hürden-Karriere. Nur im Vorjahr in Kassel und bei den Weltmeisterschaften in Helsinki (55,64 sec, Halbfinale) war sie schneller gelaufen.
Auch Kirsten Bolm mit Norm
Auf den Plätzen vier und fünf landeten mit Ulrike Urbansky (Team Erfurt) und Anja Neupert (LG Nike Berlin) zwei weitere DLV-Athletinnen. Ulrike Urbansky, die zuletzt noch am Montag beim Meeting in Prag (Tschechische Republik) mit ihrer Leistung gehadert hatte, verbesserte ihre Saisonbestleistung deutlich auf 56,42 Sekunden. Anja Neupert konnte ebenfalls mit einer Steigerung auf 56,91 Sekunden aufwarten.
Sogar die zweite Normerfüllung über 100 Meter Hürden gab es für die Mannheimerin Kirsten Bolm. Nachdem sie bereits am vergangenen Freitag in Cottbus mit 12,90 Sekunden unter der vom DLV geforderten EM-Norm von 13,00 Sekunden geblieben war, sprintete sie in Kassel schon im Vorlauf zu sehr guten 12,79 Sekunden, einem neuen Stadionrekord.
Im Endlauf ließ die zuletzt etwas kränkelnde WM-Vierte noch einmal 12,91 Sekunden folgen und kam damit zu Platz eins vor der Brasilianerin Paula Machado (13,02 sec). Sie stellte allerdings fest: "Ich hatte nicht mehr ganz die Kraft für den zweiten Lauf."
Tim Lobinger hoch hinaus
In den Reigen der Normerfüller reihte sich auch der Pirnaer René Herms ein. In seinem dritten Freiluftrennen der Saison über 800 Meter lief der 23-Jährige nach 1:46,09 Minuten als Erster ins Ziel und blieb damit unter der EM-Norm von 1:46,25 Minuten, nachdem er diese in Dessau und Oslo noch knapp verfehlt hatte. Der Deutsche Meister legte mit einem beherzten Rennen auf der zweiten Hälfte den Grundstein zu dieser Zeit, offenbarte allerdings noch Reserven.
Bei den Frauen hat über diese Strecke die Wattenscheiderin Monika Gradzki die EM-Norm verfehlt. Die Deutsche Meisterin kam in 2:02,96 Minuten ins Ziel und wurde damit Zweite hinter Tamara Tverdostup (Ukraine; 2:02,77 min). "Ich hätte die Erste gern noch überholt, aber es sollte nicht sein. Meine Renneinteilung war vielleicht nicht ganz optimal", meinte Monika Gradzki. Ihre Teamkollegin Janina Goldfuß belegte in 2:03,87 Minuten Platz 3 und war hochzufrieden: "Ich bin diesmal langsamer angegangen, und das hat sich bezahlt gemacht. Nach hinten raus habe ich dann einen schönen Endspurt angezogen."
Gute Unterhaltung bei toller Stimmung boten wieder einmal die Stabhochspringer im Auestadion. Bester war einmal mehr der Kölner Tim Lobinger, der mit 5,80 Metern nicht nur zum zweiten Mal die EM-Norm von 5,70 Metern erfüllte, sondern als bester europäischer Springer dieses Jahres auch Medaillenansprüche für die EM in Göteborg (Schweden, 7. bis 13. August) anmeldete.
Franka Dietzsch erneut siegreich
Der Leverkusener Lars Börgeling hakte mit 5,70 Metern auf dem zweiten Patz auch die Vorgabe der zweimaligen Normerfüllung ab. Hinter den beiden Deutschen landete Toby Stevenson (USA), "der Mann mit dem Helm", mit 5,60 Metern auf dem dritten Rang.
Gleich im Dreierpack fiel die deutsche EM-Norm im Frauen-Stabhochsprung. Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen), die mit 4,51 Metern zu einer neuen persönlichen Bestleistung flog, die Schwerinerin Martina Strutz sowie die Mainzerin Carolin Hingst (beide 4,41 m) blieben jeweils über den geforderten 4,40 Metern. Den Sieg holte sich in Kassel allerdings die Polin Monika Pyrek (4,56 m). Silke Spiegelburg, die bereits die zweite Normerfüllung verbuchte, scheiterte dabei nur knapp an den 4,61 Metern. "Die Höhe wäre da gewesen", sagte sie, "ich stehe immer über der Latte, das ist schade."
Fast schon nach Belieben übertrifft Diskuswerferin Franka Dietzsch (SC Neubrandenburg) zur Zeit die EM-Norm von 61,00 Metern, die für sie als Weltmeisterin standesgemäß keinerlei Hindernis darstellt. Bei ihrem Sieg mit 65,78 Metern warf die 38-Jährige so weit wie noch nie in dieser Saison und zweimal im Wettkampfverlauf mehr als 65 Meter. Zwei ihrer Versuche landeten im Netz. Ulrike Giesa (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg) wurde mit 57,08 Metern Dritte hinter der Polin Wioletta Potepa (63,35 m).
Verwirrung um Florian Rentz
Konfusion gab es um die Zeit von Sprinter Florian Rentz (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg) über 200 Meter. Zwischenzeitlich wurde er in 20,65 Sekunden sogar als Schnellster aus dem B-Lauf geführt. Diese Zeit gehörte aber dem Südafrikaner Julius Leigh. Florian Rentz war in 21,13 Sekunden Zweiter. Im A-Lauf ließ der Südafrikaner Sherwin Vries (20,84 sec) den Wattenscheider Olympia-Halbfinalisten Sebastian Ernst (20,92 sec) hinter sich.
Auf den kürzeren 100 Metern waren es die Briten Tim Abeyie (10,25 sec) und Darren Campbell (10,36 sec), die der deutschen Konkurrenz um den Wattenscheider Ronny Ostwald (10,43 sec) davoneilten. Der Deutsche Hallenmeister meinte: "Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen! Die Bedingungen waren eigentlich recht gut, schönes Wetter und leichter Rückenwind. Bei der Europacup-Ausscheidung in Regensburg will ich in der nächsten Woche aber langsam mal die Norm angreifen."
Ein Sieger mit falscher Nummer
Die Verwirrung um Florian Rentz sollte nicht die einzige am Abend sein. Über 5.000 Meter war ein Läufer mit einer Startnummer als Sieger ins Ziel gelaufen, die in der Meldeliste gar nicht vorkam. Nach einiger Aufklärungsarbeit stellte sich dieser Athlet als Moses Kigen aus Kenia heraus, der nach 13:19,02 Minuten das Ziel erreicht hatte.
Gut schlugen sich mit Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01) und Arne Gabius (LAV Asics Tübingen) auch zwei deutsche Läufer. Mit Zeiten von 13:27,48 bzw. 13:30,74 Minuten unterboten sie auf den Rängen sieben und acht die EM-Norm des DLV (13:35,00 min) deutlich.
"Mocki" gut dabei
Über 3.000 Meter stellte sich die im Frühjahr noch verletzte Cross-Vize-Europameisterin Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon) einem ersten Härtetest. Sie lieferte sich einen Zweikampf mit der 23-jährigen Teyiba Erkesso (Äthiopien; 8:56,67 min), in dem sie nur knapp um 3,25 Sekunden unterlag. Damit ist die 25-Jährige in ähnlich guter Verfassung wie im Vorjahr, wo sie eine vergleichbare Leistung anbot.
Aus den weiteren Disziplinen, in denen die deutschen Athleten nicht im Mittelpunkt standen, ragte der Weitsprung der Männer heraus. Dort übertrafen mit James Beckford (Jamaika; 8,08 m) und Gable Garenamotse (Botswana; 8,04 m) zwei Athleten die acht Meter.
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