Carsten Schmidt – "Meine Zeit kommt noch"
Mit sechs Jahren entdeckt Geher-Talent Carsten Schmidt (LAC Berlin) 1992 durch seinen Vater die Liebe zum Laufen und schließt sich bereits ein Jahr später der Leichtathletikgruppe des 1. VfL Fortuna Marzahn an.
Fünfmaliger Deutscher Jugendmeister Carsten Schmidt (Foto: Schmitt)
Schnell wird Siegfried Erm, Vater von Top-Geher Andreas Erm (WM-Dritter 2003), und Manja Berger (seine heutige Trainerin) bei einer Talentsichtung bewusst, dass der noch junge Carsten Schmidt nicht nur Talent für den Lauf- sondern auch für den Gehsport hat. "Wir mussten versuchen zu Gehen und die beiden suchten sich die Besten raus, die die Technik gut umsetzen konnten", blickt heute Carsten Schmidt auf seine ersten Gehversuche zurück. Von diesem Tag an trainierte er nicht nur allgemein Leichtathletik, sondern auch einmal wöchentlich die Geh-Technik. "Später gefiel es mir in der Geher-Gruppe besser und ich trainierte nun öfters dort", sagt der heute 18-jährige rückblickend. Der Kontakt zu den anderen Trainingskameraden und das Wissen, dass diese Disziplin nicht jeder beherrscht, beeindruckte den heutigen Polizeianwärter des Bundesgrenzschutz (BGS).Aufhören oder Neuanfang?
Im Jahr 2000 stand der Berliner aufgrund von Wachstumsproblemen vor der Entscheidung mit dem Gehen aufzuhören oder die Technik umzustellen und einen Neuanfang zu wagen. "Meine ganze Motorik war im Eimer", berichtet Carsten Schmidt. Mit Hilfe von Manja Berger und Volker Umlauft wagte der damals 14-Jährige den Schritt und erlernte das Gehen praktisch von neuem.
Nach der Technikumstellung folgte mit 2001 "ein unglaubliches Jahr". "Ich verbesserte meine Bestzeiten überall um mehr als drei Minuten und wurde als Schüler bei den Deutschen Jugendmeisterschaften Zweiter. Doch ich wäre auch fast Deutscher Meister geworden, hätte ich mich nicht 400 Meter vor dem Ziel als Führender übergeben müssen", gibt er mit ein wenig Enttäuschung zu. "Aber Vize-Meister war auch gut." Danach folgten mehrere Einsätze im Nationaldress und der fünfmalige Gewinn des Deutschen Jugendmeistertitels. Beim Weltcup in diesem Jahr in Naumburg schaffte Carsten Schmidt mit 41:40 Minuten die 10.000-Meter-Norm für die Junioren-WM in Grosetto. Dort allerdings konnte er das Rennen nicht beenden.
"Viele können Gehen, aber nicht schnell Gehen"
Der 1,77 Meter große Athlet, der die deutsche Bestenliste über 10.000 Meter Gehen mit 41:40 Minuten anführt, wuchs in einer Geherhochburg auf, in der er Gehen als Randsportart gar nicht kannte. Auf der Sportschule jedoch merkte Carsten Schmidt, dass seine Klassenkameraden dachten, er "habe nichts drauf" und sei deshalb Geher geworden. Doch schnell bemerkten sie, dass er sportlich Einiges zu bieten hat und überall mit zu den Besten gehört. Er empfand es auch nicht schlimm ein Geher zu sein. Heute ist er sich sicher, "als Geher muss man härter trainieren als in allen anderen Disziplinen, da man Technik und Geschwindigkeit in Einklang bringen muss. Deshalb können zwar viele Gehen, jedoch nicht schnell Gehen. Zum Gehen benötigt man eine gute Koordination, denn es ist wichtig beim schnellen Gehen die Frequenz und die Technik zu halten."
"Natürlich wird man als Geher nicht so wahrgenommen, wie in anderen Disziplinen, aber das ändert sich noch", glaubt Carsten Schmidt. "Durch den Walking- und Nordic-Walking-Boom kommt auch der Ball für die Geher ins Rollen." Er gibt zu, dass Unwissende ihre Witze über seine Sportart machen, doch da steht er drüber. "Bei Wettkämpfen ist es zwar schade, dass wir so abgegrenzt sind. Wir absolvieren lange Strecken, die man nicht ins Hauptprogramm legen kann oder will. Doch schließlich kommen zu unseren Gehveranstaltungen auch genügend Leute, die unseren Sport sehen möchten." Bei Wettkämpfen wird das Geher-Talent fast immer von seinen Eltern und seinem Cousin unterstützt, der die Wettkämpfe für eine spätere Analyse mit der Kamera aufnimmt.
Ziel: Olympische Spiele in Peking 2008
Im nächsten Jahr möchte er bei der Junioren-Europameisterschaft und dem Europacup sein Leistungsvermögen im Nationalkader wieder mal unter Beweis stellen und 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking am Start sein. "Doch sollte es aus irgendwelchen Gründen nicht klappen, so wäre es zwar schade, aber die Welt würde auch nicht untergehen. Schließlich bin ich dann erst 22 Jahre und die besten Geher-Jahre liegen zwischen Ende 20 bis Anfang 30. Ich setze mich nicht unter Druck. Meine Zeit kommt noch", sagt der Berliner selbstbewusst.