Aus der Sahara nach Mainz
Beim Novo Nordisk Gutenberg Marathon in Mainz startet am 10. Mai mit dem Dänen Søren Lilleøre ein ganz besonderer Läufer: Obwohl er an Diabetes leidet, hat der 29-Jährige kurz zuvor den Extremlauf „Marathon des Sables“ in der marokkanischen Sahara bewältigt.
Für diesen Mann wird der Novo Nordisk Gutenberg Marathon in Mainz ein Genusslauf: Søren Lilleøre aus Dänemark kommt mit frischen Erinnerungen an hunderte staubige Kilometer im Wüstensand und über Geröll an den Rhein, wo am 10. Mai die Bäume blühen werden. In Mainz sind etwa alle vier Kilometer Verpflegungsstände aufgebaut, an denen sich die Teilnehmer mit Wasser, Elektrolytgetränken und Bananen stärken können.In Marokko war das ganz anders. Beim Marathon des Sables in der Sahara musste der 29-Jährige jeden Tag im Schnitt neun Liter Wasser mitschleppen. Zum Trinken, aber auch fürs Zähneputzen und Waschen. Und das Gepäck von Søren Lilleøre war auf den sechs zwischen 28 und 91 Kilometer langen Tagestouren noch einmal schwerer als das der übrigen rund 850 Teilnehmer.
Gekühlte Spritzen
Der Däne ist Diabetiker, er musste das Insulin dabeihaben, das er täglich braucht, um seinen Blutzuckerspiegel im Griff zu haben. „Die Spritzen waren natürlich nicht das Problem. Sie sind ja ganz leicht“, erzählt er, „das hohe Gewicht wird von den Kühlelementen verursacht.“ Mehr als Zimmertemperatur verträgt Insulin nicht, in der Sahara können die Mittagstemperaturen locker über 40 Grad steigen, deshalb muss das Medikament gekühlt werden.
Søren Lilleøre leidet am Diabetes-Typ 1. Der angeborenen Variante, deren Entstehung nicht mit der Ernährung oder den Lebensgewohnheiten zusammenhängt. Die Betroffenen leiden an Insulinmangel, was ohne Behandlung dazu führt, dass der Blutzuckerspiegel ständig erhöht ist. Das merken die Erkrankten an verstärktem Harndrang, Durstgefühl und sogar Sehstörungen. „Ich habe jede Menge Wasser getrunken, war aber dennoch ständig durstig und extrem müde“, erinnert sich Søren Lilleøre an die Zeit vor der Diagnose und dem Beginn der Insulin-Behandlung.
Laufen als Bestandteil des Lebens
Fast zeitgleich mit dem Ausbruch der Krankheit vor sechseinhalb Jahren hatte er mit dem Laufen begonnen. Ein halbes Jahr vor der Diagnose war er seinen ersten Halbmarathon gelaufen. Sein Arzt bestätigte ihm, dass die körperliche Aktivität den Ausbruch der Krankheit verzögert hatte. „Ich wusste vom ersten Tag an, dass ich durch das Laufen besser mit der Krankheit klarkomme. Ich habe nie daran gezweifelt, dass Laufen fester Bestandteil meines neuen Lebens mit Diabetes sein würde“, erinnert er sich.
Mittlerweile hat er an zahlreichen exotischen Läufen teilgenommen: Er hat den Marathon auf der chinesischen Mauer mit seinen 5.164 Stufen bestritten und ist auf Grönland den Polarkreis-Marathon gelaufen – 42,195 Kilometer durch Eis und Schnee. Damit will er ein Zeichen setzen: Auch Diabetiker sind zu großen sportlichen Leistungen in der Lage. Und jetzt 240 Kilometer durch Sand und Geröll. An Ostern kam er zurück nach Kopenhagen, wo er für Novo Nordisk als Projekt-Manager arbeitet. Das Unternehmen ist Weltmarktführer bei der Herstellung von Insulinen.
91 Kilometer am Stück durch die Wüste
„Die Herausforderung in der Wüste hat von mir verlangt, dass ich meine Diabetes vollkommen unter Kontrolle habe. Und das hatte ich. Ich habe gezeigt, dass sich die Krankheit so flexibel und präzise behandeln lässt, dass man ein Rennen wie dieses durchstehen kann“, meinte er, als er das letzte Teilstück mit der vollen Marathondistanz hinter sich hatte. Am Tag zuvor war er 91 Kilometer am Stück durch die Wüste gelaufen – die längste Etappe überhaupt in der Geschichte des Marathon des Sables. „Jetzt nehme ich erstmal ein Bad, spüle mir den Staub aus den Augen und dann geht’s gradewegs an die Bar“, war sein erster Kommentar im Ziel.
Ein guter Monat blieb ihm danach zur Regeneration, bevor in Mainz der nächste Marathon auf dem Programm steht. Das dürfte reichen, zumal schnelle Zeiten bei Søren Lilleøre nicht im Fokus stehen. „Jeder Wettkampf ist etwas Besonders“, erklärt er, warum ihn ein Marathon auf den Straßen der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt genauso fasziniert und motiviert, wie der Lauf durch einsame Wüstenlandschaften in der Sahara. Und er kommt sogar gut informiert nach Mainz: „Dort hat doch Gutenberg den Buchdruck erfunden, oder?“ Stimmt, deshalb trägt der Marathon auch seit seiner ersten Auflage vor zehn Jahren den Namen des berühmtesten Sohns der Stadt.
Mehr Infos: runningwithdiabetes.com