| Olympische Spiele 2016

Außenseiterin Kolak holt Speerwurf-Gold – Obergföll als Achte beste Deutsche

Die drei deutschen Speerwerferinnen hatten sich im Finale mehr vorgenommen. Doch am Ende blieben nur die Plätze acht, elf und zwölf. Der Sieg ging an die absolute Außenseiterin Sara Kolak mit neuem kroatischen Rekord.
Martin Neumann / Silke Morrissey

Eine absolute Außenseiterin hat sich zur Speerwurf-Königin von Rio gekrönt. Sara Kolak – gerade erst 21 Jahre alt gewordene Landesrekordlerin Kroatiens – schickte das 600-Gramm-Gerät im vierten Durchgang auf die weiteste Reise des olympischen Finals. Erst bei 66,18 Metern landete der Speer. Damit war der EM-Dritten der Sieg nicht mehr zu nehmen. Ihren Hausrekord – aufgestellt in der Qualifikation – steigerte die Kroatin um 1,88 Meter. Im Vergleich zum Vorjahr verbesserte sich die Olympiasiegerin gleich um 8,39 Meter.

Da konnten auch die arrivierten Werferinnen nicht mithalten. Christina Obergföll (LG Offenburg) hatte sich den besten Wurf des Finals für den letzten Versuch aufgehoben. Doch mit 62,92 Metern belegte die Olympia-Zweite von 2012 nur Rang acht. Applaus gab’s für den Auftritt unter den Augen der Diskuswerfer Robert Harting und Julia Fischer trotzdem. Schließlich war es das letzte große Finale der Weltmeisterin von 2013.

88 Zentimeter zwischen Rang zwei und sieben

Deutlich besser lief es für eine Dauer-Konkurrentin der Offenburgerin. Barbora Spotakova (Tschechien) – Olympiasiegerin von 2008 und 2012 – sicherte sich mit 64,80 Metern die Bronzemedaille. Zwölf Zentimeter weiter kam Sunette Viljoen. Das brachte der Südafrikanerin Silber. Platz zwei und sieben (Lyu Huihui; China mit 64,04 m) trennten lediglich 88 Zentimeter. Ein Beleg für ein spannendes, aber nicht hochklassiges Finale.

In dem erwischten Linda Stahl (TSV Bayer Leverkusen) und Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) einen gebrauchten Tag. Beide blieben unter 60 Meter und damit deutlich unter ihrer Qualifikationsleistung. Vize-Europameisterin Linda Stahl beendete ihren letzten großen internationalen Wettkampf als Elfte mit 59,71 Metern. Die Deutsche Meisterin Christin Hussong fand noch schwerer in den Wettkampf. Mit 57,70 Metern fehlten der Pfälzerin als Zwölfte rund vier Meter zum Endkampf.

STIMMEN ZUM WETTBEWERB

Christina Obergföll (LG Offenburg)
Die Chance war heute greifbar nah, noch mal eine Medaille mit nach Hause zu nehmen – eine 64 hoch hätte ich mir wirklich zugetraut. Andererseits habe ich im dritten Versuch angefangen zu würgen und mein Technikmuster verloren – und die Beine dann auch. Im fünften, sechsten Versuch habe ich sie wieder gespürt, aber ich habe jedes Mal die Nase runter gezogen, und dann komme ich eben nicht mit meiner ganzen Wucht an den Speer. Dann läuft es dir davon. Man denkt, die Medaille liegt auf der Straße, und dann ist sie doch wieder so weit weg. Die Gefühle sind gemischt. Ich bin jetzt trotzdem nicht unzufrieden. Ich bin nach der ganzen Diskussion im Vorfeld hier als beste Deutsche rausgegangen, und das ist etwas, das mich noch mal bestärkt. Damit habe ich meinen Seelenfrieden. Ich habe zwei olympische Medaillen, mit einer dritten sollte es nicht klappen. Aber das ist jetzt auch kein Beinbruch. Ich wollte nach Rio und noch mal zeigen, was ich kann. Und knapp 63 ist nicht sooo schlecht.

Linda Stahl (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Tja, das Finale war ganz schnell vorbei, eigentlich bevor es so richtig angefangen hat. Wenn ich eine Lösung gefunden hätte, hätte ich noch einen losgelassen… Die Beine waren schwer, mein Rücken hat mich genervt. Der ist grün und blau, von oben bis unten – ich habe heute beim Aufwärmen mehr Zeit auf der Physiobank verbracht als in der Vorbereitung. Nach der EM ist viel los gewesen, nicht alles positiv, die Diskussion um die Nominierung hat viel Energie gekostet. Zum einen bin ich mit Katharina Molitor in einer Trainingsgruppe. Zum anderen war ich die, die sie aus dem Team gekickt hat mit dem Silber-Wurf bei der EM. Wie es mir geht nach meinem letzten olympischen Finale? Mit Erleichterung kann man es vielleicht beschreiben. Es war viel Anspannung da, schon nach dem letzten Jahr, die Nominierungssituation im Speerwurf war nicht leicht. Jetzt habe ich es wieder ins Finale geschafft, wie bisher immer, und ich habe in meiner Karriere eine Olympia-Medaille gewonnen, darauf bin ich stolz. Jetzt mache ich eine Woche Urlaub, auf Sylt, den habe ich schon gebucht. Ob das hier mein allerletzter Wettkampf war, will ich heute noch nicht verkünden.

Christin Hussong (LAZ Zweibrücken)
Woran’s heute lag? Ich hab keine Ahnung. Sobald ich im Stadion war, hatte ich überhaupt keinen Druck mehr nach vorne, ich bin nicht an die Linie gekommen. Ich habe probiert anzusteuern, aber es ist jetzt halt so. Vorgestern war ich unfassbar nervös, heute ging’s. Mein letzter Wettkampf davor war ja die EM in Amsterdam, da fehlt einem die Sicherheit. Naja, es ist halt bitter, weil die Weiten nicht so unfassbar gut sind, das können wir alle werfen. Es ist schade, dass die zwei schlechtesten Wettkämpfe in diesem Jahr bei EM und Olympia waren. Keine Ahnung. Ich muss erstmal mit meinem Papa [Trainer Udo Hussong] reden. Ach, das ist für uns alle… Storli vorhin Siebter, habe ich mitbekommen… Das ist alles nicht so super gelaufen. Aber irgendwie bin ich auch froh, dass es vorbei ist. Das Jahr war so nervenaufreibend. Ich habe keinen einzigen Wettkampf genossen bisher. Weil immer die Nominierung im Hinterkopf war. Das war echt anstrengend für den Kopf.

 

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