Baumann musste sich den Straßenläufern beugen
"Cityläufe haben ihre eigenen Gesetze," meinte Dieter Baumann vor seinem ersten Start beim 20. Neusser Sommernachtslauf. Vorjahressieger Tendai Chimusasa aus Zimbabwe orakelte, dass der Olympiasieger von 1992 "mit den Ecken und Kanten bei einem Stadtlauf" nicht zurecht kommen würde und hatte statt dessen die Kenianer, speziell Laban Chege ganz oben auf der Rechnung.
Laban Chege spurtet zum Sieg (Foto: Gantenberg)
Um 22 Uhr fiel der Startschuss zum "Lauf der Asse", der noch nie so hochkarätig, wie dieses Jahr besetzt war. Als die Läufer den Marktplatz hochstürmten setzten sich Laban Chege und Dieter Baumann sofort leicht vom Feld ab, dahinter folgte Tendai Chimusasa. Der Tübinger war hochmotiviert und man spürte förmlich, dass er hier gewinnen wollte. Ende der dritten Runde war aber alles offen. Niemand hatte sich entscheidend absetzen können. Die Spitzengruppe bestand aus etwa 20 Läufern mit Dieter Bauman und dem deutschen Halbmarathonmeister Carsten Eich. Jetzt spielten die Straßenspezialisten ihre Stärken aus. Kopfsteinpflaster, enge Gassen und unangenehme Bergauf/Bergab-Passagen – kein Problem für sie. Das Läuferband zerriss schnell in viele Teile, die Spitzengruppe bestand nur noch aus fünf Schwarzafrikanern und einem "weißen Kenianer", Dieter Baumann. Der tat sich allerdings schwer und kämpfte um den Anschluss. Als die Läufer zum vorletzten Mal zum Rathaus hochrannten, waren es dann nur noch drei. Laban Chege, Hosea Kogo und Charles Tapala wollten den Sieg unter sich ausmachen. Eine Woge der Begeisterung, angefacht durch zwei Cheerleadergruppen und die beiden Moderatoren Burkhard Swara und Wolfram Kons, konnte den Tübinger nicht mehr näher an die Führenden heranspülen. Nach 28:28 Minuten entschied Laban Chege den Spurt gegen Hosea Kogo für sich. Charles Tapala wurde Dritter vor Dieter Baumann, der die 10000 m lange Strecke in 28:45 Minuten zurücklegte und begeistert gefeiert wurde. Edith Masai dominiert Frauenlauf
Weniger spannend, aber genauso sehenswert war der Elitelauf der Frauen, mit der Cross-Weltmeisterin Edith Masai aus Kenia. Sie war im letzten Winter beim Crosslauf auf der Neusser Rennbahn eine halbe Minute zu spät zum Start gekommen, jagte dem Feld hinterher und gewann schließlich doch noch das Rennen. Undenkbar beim Sommernachtslauf, denn die Favoritinnen wurden einzeln vorgestellt und liefen dann ein paar extra Meter den Marktplatz hinunter zur Startlinie. Mit dabei, aus deutscher Sicht: Luminita Zaituc, Kathrin Weßel und Sonja Oberem, die sich allerdings als Marathonspezialistin auf der 5000 m-Strecke wenig ausrechnete. Nachdem die Läuferinnen auf die Reise geschickt wurden, war es keine Überraschung, dass sich Edith Masai schnell absetzte. Hinter ihr bildete sich mit der Vorjahrsiegerin Simona Staicu aus Ungarn, Luminita Zaituc und Kathrin Weßel eine zäh kämpfende Dreiergruppe, die lange zusammen blieb. Sichtlich unterfordert erreichte dann die Kenianerin als Erste das Ziel. Mit großen Abstand folgten Luminita Zaituc und Kathrin Weßel auf den Plätzen Zwei und Drei und sorgten damit für ein erfreuliches Ergebnis aus deutscher Sicht.
Wolfram Müller fällt diese Saison aus
Weniger Grund zur Freude hatte an diesem Abend Wolfram Müller, der mit René Herms und Franek Haschke vom DLV-Sparkassen-Meeting in Dortmund noch schnell in die Neusser Innenstadt gekommen war. Der Athlet der LG Asics Pirna greift diese Saison nicht mehr ins Wettkampfgeschehen ein. "Bei mir wurde Hepatitis A und Pfeiffersches Drüsenfieber festgestellt. Montag bekomme ich vom Arzt eine endgültige Diagnose." Für das hoffnungsvolle deutsche Talent bricht damit eine schwere Zeit an, aber er gibt sich kämpferisch: "So schnell werdet ihr mich nicht los." Im September möchte er wieder mit dem Training für die Hallensaison beginnen.