Wojtek Czyz – "Der Sport ist mein Leben"
Wojtek Czyz stieg im letzten Jahr bei den Paralympics in Athen mit drei Goldmedaillen (100m, 200m, Weitsprung) und zwei Weltrekorden (200m; Weitsprung) zum Aushängeschild des deutschen Behindertensports auf. Inzwischen sind einige Monate ins Land gezogen. Alexandra Neuhaus und Christian Fuchs haben sich mit dem 24-Jährigen, der bei den Deutschen Meisterschaften in Wattenscheid (2./3. Juli) in einem Einlage-Weitsprung-Wettbewerb im Trikot des Gastgebervereins an den Start gehen wird, unterhalten.
Wojtek Czyz hat sich ganz dem Sport verschrieben (Foto: Chai)
Wojtek, durch Ihren Erfolg bei den Paralympics in Athen wurden sie zum deutschen Superstar des Behindertensports. Wie sehen Sie selbst diese Rolle?Wojtek Czyz:
Ich bin wie ich bin. Ich bin der Gleiche wie vorher auch, nur dass ich jetzt mehr im Rampenlicht stehe. Ich will ganz gezielt den Behindertensport mehr in den Vordergrund bringen und nach außen tragen.
Die Paralympics liegen nun schon ein paar Monate zurück. Ist das mediale Interesse inzwischen zurückgegangen?
Wojtek Czyz:
Nach Athen bin ich von den Medien praktisch überrollt worden. Ich hatte von einem Tag auf den anderen knapp 90 Anrufe auf meiner Mobilbox. Doch überraschenderweise hat sich daran bis zum heutigen Tag nicht viel geändert. Das Interesse ist immer noch so groß, dass ich die Anfragen gar nicht alle alleine bearbeiten kann. Mein Management regelt das für mich. Aber es ist schön, dass es so ist. Es zeigt, dass der Behindertensport ankommt, dass unsere Leistung anerkannt wird.
Welche Erinnerungen haben Sie an Athen?
Wojtek Czyz:
Athen war für mich der schönste Moment in meinem Leben. Ich habe die Möglichkeit bekommen, Menschen zu zeigen, was nach einem Schicksalsschlag noch möglich ist. Ich freue mich jetzt auf Peking 2008 und wäre schon froh, wenn ich dann in allen drei Disziplinen wieder dabei bin.
Welche Bedeutung hat Ihre Sportlerkarriere überhaupt für Sie? Wie werden Sie dabei unterstützt?
Wojtek Czyz:
Ich mache Leistungssport und sehe darin meine Erfüllung. Das findet viele interessierte Menschen. Mich freut es, darüber sprechen zu können. Der Sport ist mein Leben, das Studium in Sport und Ökonomie leidet darunter. Für mich steht der Sport einfach im Mittelpunkt, auch wenn ich weiß, dass ich davon nicht reich werden kann. Ich habe mit Alain Blondel einen guten Mann als Manager an meiner Seite. Außerdem gibt es eine PR-Agentur, die mir bei medialen Anfragen unter die Arme greift. Meine Sportart befindet sich im Moment generell im Aufschwung. Wir profitieren von der positiven Berichterstattung der Paralympics und ich bin sehr froh, dass unsere Leistung anerkannt wird. Das sieht man auch daran, dass ich in Nike einen Ausrüster gefunden habe, der das erste Mal überhaupt einen Behindertensportler unter Vertrag genommen hat.
Großen Wirbel gab es im letzten Winter um die Aussage des Triathleten Norman Stadler, der sich darüber beklagte, dass Sie bei der "Sportler des Jahres"-Wahl als Behindertensportler vor ihm lagen. Wie gingen Sie damit um?
Wojtek Czyz:
Ich habe im Urlaub davon erfahren, als ich dann zurück kam, musste ich nicht mehr soviel dazu sagen. Ich war froh und überglücklich, dass die Öffentlichkeit mit Bundeskanzler Gerhard Schröder schon darauf reagiert und für mich gesprochen hatte. Ich finde, ich habe in Athen auch eine tolle Leistung gebracht und ich hoffe, dass diese Grenzen zum Behindertensport, die dort zu erkennen waren, immer mehr verschwimmen.
Es war auch mal von einem gemeinsamen Projekt mit Norman Stadler und Ihrem Verein, dem TV Wattenscheid 01, die Rede. Was ist daraus geworden?
Wojtek Czyz:
Norman und ich haben uns mittlerweile ausgesprochen und stehen in Kontakt. Er engagiert sich jetzt bei uns im Verein, das heißt, er spendet für die Behindertensportabteilung des TV Wattenscheid 01 und unterstützt so die Jugend- und Nachwuchsathleten.
Sie waren im Winter bei den Hallen-Meetings der Leichtathleten in Erfurt und Leipzig mit dabei und hatten die Gelegenheit, vor einer großen Kulisse im Weitsprung anzutreten. Wie ist das entstanden?
Wojtek Czyz:
Joachim Krebs, der die Veranstaltungen mitorganisiert und zu dem ich inzwischen ein freundschaftliches Verhältnis habe, hatte mich vor dem ersten Auftritt im letzten Jahr gefragt: Was habe ich davon? Wir haben wenig Zeit, wenig Geld, was wollen wir damit erreichen? Ich habe ihm dann versichert, dass er es nicht bereuen würde. Daraus hat sich dann etwas entwickelt, wir haben uns besser kennen gelernt. Ich schätze ihn, er hat sich mit dem Behindertensport einem Thema gewidmet, vor dem viele Angst haben. Es ist schon was anderes, bei einem Wettkampf richtig mit dabei sein, als nur einen Einlagewettkampf zu bestreiten. Man merkt auch, dass es ankommt. Für mich sind diese Wettkämpfe etwas Besonderes und das werden sie auch bleiben.
Wie gehen denn die Größen der Szene damit um?
Wojtek Czyz:
Wir kennen uns zum Teil vom Trainingslager, für die Jungs ist das eine Abwechslung. Dabei ist es egal, ob es sich um Nils Winter oder James Beckford handelt.
Werden Sie auch noch bei anderen Meetings in Erscheinung treten?
Wojtek Czyz:
Am Donnerstag werde ich in Straßburg starten und es laufen zur Zeit auch Gespräche mit den Verantwortlichen des ISTAF in Berlin. Das wäre natürlich eine tolle Sache und nach den Europameisterschaften in Espoo (Finnland) ein klasse Saisonabschluss. Bei all diesen Meetings werde ich, genau wie bei der DM, im Weitsprung, meiner heimlichen Liebe, starten. Hier sehe ich meine Chance, die Menschen zu begeistern, ihnen zu zeigen, welche enormen Leistungen Behindertensportler bringen.
Welche Bedeutung hat die Gelegenheit, am 2. und 3. Juli bei den Deutschen Meisterschaften in Wattenscheid in einem Einlagewettkampf zu starten, wenn eine noch größere Kulisse auf Sie wartet?
Wojtek Czyz:
Ich freue mich sehr darauf und bin sehr glücklich, dass der DLV uns diese Chance gibt. Damit stößt der Behindertensport in neue Dimensionen vor, denn der Weitsprung findet nicht als eine Art Randveranstaltung statt, sondern um 15:45 Uhr am Samstagnachmittag, ist also perfekt in die Gesamtveranstaltung eingegliedert. Die Zuschauer in Wattenscheid können sich auf eine tolle Show freuen.