| Sparkassen-Gala

Bei Gina Lückenkemper geht’s „steil in die Decke“

Wie schnell sich die Zeiten ändern. Vor einem Jahr hoffte Gina Lückenkemper bei der Sparkassen-Gala in Regensburg noch darauf, überhaupt als „Wasserträgerin“ mit zur Erwachsenen-WM in Peking (China) genommen zu werden. Jetzt ist die 19-Jährige die schnellste Deutsche und voll auf Kurs zur EM in Amsterdam (Niederlande) sowie zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien).
Christian Fuchs

Und möglicherweise sogar auf dem Weg zu einem neuen deutschen Sprintstar, der bald auch die Herzen der Sportfans über die Leichtathletik-Szene hinaus erobern könnte. Mit ihren schnellen Beinen und den lockeren Sprüchen, die sie immer auf Lager hat, kommt sie gut an.

Doch bei Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund) ist selbst nach den 22,67 Sekunden über 200 Meter, die sie am Sonntag in Regensburg gelaufen ist – so schnell war seit 1999 (Andrea Philipp; 22,25 sec) keine Deutsche mehr – und die sie „megageil“ fand, und den vorausgegangenen 11,13 Sekunden über 100 Meter vor allem noch Bescheidenheit angesagt.

„Für mich ist das alles einfach noch ein bisschen crazy. Ich kann das alles noch nicht so richtig fassen und gar nicht realisieren, dass ich jetzt über beide Strecken schnellste Deutsche bin“, gibt sie zu. "Dass es bei mir zu Beginn der Saison schon so gut läuft, hätte ich absolut nicht gedacht. Ich freue mich auf Rio und ich fliege gerne dahin. Aber jetzt heißt es erst einmal, gesund und verletzungsfrei durch die Saison zu kommen.“

Fußstapfen von Verena Sailer noch zu groß

Die Fußstapfen der im letzten Sommer zurückgetretenen Ex-Europameisterin Verena Sailer sind ihr trotz ihrer neuen Bestzeiten, der momentanen Pole Position und ihrer Perspektiven noch zu groß: „Soweit, dass ich in ihre Fußstapfen trete, würde ich noch nicht gehen. Dazu fehlt mir schon noch ein bisschen. Außerdem gibt es noch einige andere.“

Dass die Mannheimerin, die über viele Jahre den deutschen Sprint geprägt hatte, aber schon im letzten Jahr auf den Teenager große Stücke hielt, habe sie „wahnsinnig gefreut“. Auch jetzt sind die beiden noch in Kontakt: „Ich bekomme von Verena nach jedem Lauf eine Nachricht. Das ist echt schön.“

Ihr momentanes Erfolgskonzept erklärt Gina Lückenkemper, der Schützling von Uli Kunst, so: „Wir haben das Training trotz meiner Abiturklausuren für mich optimal timen können. Ich hatte genug Erholungspausen. Wenn wir trainiert haben, konnten wir aber relativ hochwertiges Training machen. Es hat alles gepasst in der Vorbereitung.“

DLV-Staffel rennt wie der Teufel

Sie schließt auch ihre DLV-Kolleginnen explizit in den unübersehbaren Hype mit ein. Im deutschen Sprint gehe es „steil in die Decke“, sagt Gina Lückenkemper. „Wir haben im letzten Jahr bereits ein ganz krasses Hoch erlebt. Wir finden es alle geil, was momentan im deutschen Frauen-Sprint vor sich geht und freuen uns, dass wir eine gute, konkurrenzfähige Staffel laufen können.“

Gerade diese Staffel hatte es auch am Sonntag in Regensburg in sich. In 42,00 Sekunden rannte das Quartett mit Kurven-Expertin Gina Lückenkemper die schnellste Zeit eines deutschen Quartetts der letzten 15 Jahre. „Das lief von vorne bis hinten praktisch wie am Schnürchen. Die Wechsel sind noch verbesserungsfähig gewesen. Gerannt sind wir aber alle wie der Teufel, wie um unser Leben.“

Lockerheit das größte Ziel

Ihr größtes Ziel für die nächsten Meilensteine ihrer Karriere definiert die Dortmunderin nicht mit Zeiten oder Erfolgen, sondern damit, dass sie sich ihre Lockerheit bewahren will. „Wenn ich locker bleibe, dann kann ich auch alles schaffen. Das hat man letztes Jahr bei der U20-EM gesehen. Wenn der Kopf locker ist, dann läuft der Rest auch. Gewinnen tut man bekanntlich im Kopf.“

Dazu kommt, dass sie zumindest bei der Europameisterschaft in Amsterdam im Juli auch wieder auf die Unterstützung von Familie und Freunden zählen kann. Ihre Fans würden es dann sogar mit einem Stadion voller Holländer aufnehmen können, ist sich die Hoffnungsträgerin sicher: „Sie haben alle ein sehr lautes Schreiorgan. Das wird nicht mein Problem werden. Familie Lückenkemper ist schon ganz schön laut.“ Dazu passt auch, dass sie ihren Staffelkolleginnen nach der Stabübergabe aus voller Kehle hinterher schreit.

Dass es an Stimmgewalt nicht fehlt, ist aber nicht die einzige Einsicht in der jungen Karriere der Sprinterin, die vor den <link>Deutschen Meisterschaften in Kassel (18./19. Juni) noch in Luzern (Schweiz; 14. Juni) startet. Eine weitere Erkenntnis hat Gina Lückenkemper als aktuell schnellste deutsche Frau darüber hinaus bereits gewonnen: „Vor mir muss keiner versuchen wegzurennen, ich krieg ihn – solange es kein Julian Reus ist.“

Mehr:
<link news:47901>Großes Sprint-Feuerwerk in Regensburg

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