Beim Wettkampf in Bestform
In diesem Herbst zählt es: 10 Kilometer, Halbmarathon oder Marathon – das ist Ihre Strecke. Ankommen oder Bestzeit laufen – das ist Ihr Ziel. Hier lesen Sie, wie Sie in den letzten Wochen und Tagen vor Ihrem Start optimal trainieren.
Noch eine Woche bis zum Wettkampf. Am Samstagmorgen klingelt der Wecker: Aufbruch zum langen Dauerlauf. Nach zwei bis drei Stunden wartet das leckere, ausgiebige Frühstück auf Roswitha Weinert. Dieser Ablauf ist zum allsamstäglichen Ritual geworden für die 57-Jährige, seit sie im Frühjahr beschlossen hat, beim Berlin-Marathon an den Start zu gehen.An diesem Samstagmorgen ist nun die Vorbereitung abgeschlossen. Den auf ein halbes Jahr angelegten Trainingsplan hat Roswitha Weinert zum Großteil umgesetzt. Dennoch wächst eine Woche vor dem Tag X die Nervosität. „Bin ich genug gelaufen?“, fragt sie sich und hofft, gesund zu bleiben.
Mit solchen Gedanken im Kopf starten an diesem Samstagmorgen tausende Läufer in den Trainingslauf, der kaum länger als 90 Minuten sein soll. Und bei manchem dürfte eine Woche vor dem Marathon der Gedanke keimen, noch einmal zu testen, ob die Fitness für die 42,195 Kilometer tatsächlich genügt. Ein solcher Test ist immer falsch. Eine Woche später zählt es. Die Arbeit ist getan, so kurz vor dem Rennen stehen nur noch Feinschliff und Ausruhen an.
Eigentlich kann bis zum Marathon nicht mehr viel schiefgehen, wenn man sich an die grundlegende Regel hält, die aktiv laufen-Trainingsexpertin Stefanie Mollnhauer so formuliert: „Je härter, länger und wichtiger der Wettkampf ist, um so ausgeruhter - psychisch wie physisch - sollten sich Läufer der Herausforderung stellen.“
In der Ruhe liegt die Kraft
Also: In der Ruhe liegt die Kraft - niemals gilt dieser Satz mehr als in den letzten Tagen vor einem Marathon. Es reicht nicht, lediglich am Tag vor dem Rennen einen Pausentag einzulegen, sondern es ist ratsam, eine mehrtägige, so genannte „Tapering-Phase“ einzuplanen. Dabei werden Umfang und Intensität des Trainings reduziert. Den Schwerpunkt bilden wenige wettkampfspezifische Belastungen, die nicht schwer fallen dürfen. Für den Marathon heißt das: kürzere Strecken im geplanten Marathon-Tempo laufen.
Weitere Zutaten im Erfolgsrezept für die letzten Wochen vor dem Wettkampf: ausreichend Schlaf und eine ausgewogene, kohlenhydratbetonte Ernährung. Und: Stress vermeiden. In Job und Familie ist das nur schwer steuerbar, im Sport lässt sich Wettkampfstress zumindest reduzieren - zumal er meist selbst auferlegt ist.
Wettkampf als tolles Abenteuer
Wer den Wettkampf nicht als Bedrohung, sondern als tolles Abenteuer ansieht, lässt sich kaum davon stressen. Natürlich will aber auch ein Abenteuer geplant sein. Schwierigkeiten, die am Wettkampftag auftreten können, sind halb so schlimm, wenn sie bereits vorher im Kopf durchgespielt wurden: Durchwachsenes Wetter, Muskelkrämpfe oder auch Seitenstiche - für die meisten Probleme gibt es eine Lösung. Wer die schon beim Start kennt, weiß, wie er im Rennen auf Widrigkeiten reagieren muss.
Das gibt Sicherheit. Genauso wie positives Denken. Wer sich in den Tagen vor einem Marathon bildlich vorstellt, ins Ziel zu laufen, entwickelt größere Vorfreude, als diejenigen, die bereits ans Aufgeben denken, bevor sie losgelaufen sind.
Es gibt allerdings auch Wettkämpfe, für die sich ein solcher zeitlicher und emotionaler Aufwand nicht lohnt. Viele Athleten bauen in ihre Marathonvorbereitung Trainingswettkämpfe ein, beispielsweise einen 10-Kilometer-Lauf oder einen Halbmarathon. Ein solcher Trainingswettkampf wird meist aus einer ganz normalen Trainingswoche heraus bestritten und mit angezogener Handbremse gelaufen.
Wettkampf als Training
Er stellt eine Trainingseinheit unter verschärften Bedingungen dar. Sinnvoll sind Trainingswettkämpfe vor allem für Läufer, die viel alleine trainieren und dabei Probleme haben, sich auch einmal intensiver zu belasten. Durch die Wettkampfstimmung und Gruppendynamik kommt die Motivation zu höherer Belastung wie von alleine.
Wie bei Michael Kantrowitsch. Der 21-Jährige rannte in der Vorbereitung auf den Berlin-Marathon gleich zwei Halbmarathons, einen davon als Trainingswettkampf. Den anderen nahm er ernst und steigerte sich gleich um zwölf Minuten. Beim Lutter-Lauf in Marienfeld lief der Lichtdesign-Student 1:31 Stunden. Gute Voraussetzungen, um sein Ziel von 3:30 Stunden in Berlin zu unterbieten.
Zwei Wochen vor dem Marathon lief er noch einmal 35 Kilometer und steigerte dabei sein Tempo immer mehr: 57 Minuten für die ersten zehn Kilometer folgten 54 für die zweiten zehn und 49 Minuten für Kilometer 21 bis 30. Nach weiteren fünf Kilometern zum lockeren Auslaufen war er reif für die Couch – und fand damit den besten Einstieg in die Kraft spendende Ruhephase vor dem Wettkampf.
Feintuning für jede Distanz:
10 Kilometer
Halbmarathon
Marathon