Ben Johnson feiert seinen 50. Geburtstag
Als Ben Johnson, der heute seinen 50. Geburtstag feiert, 1988 mal kurz die Welt geschockt und seinen größten Rivalen gedemütigt hatte, verzog er keine Miene. Gelassen und ohne jede Regung im Gesicht blickte er auf die Anzeigentafel: 9,79 Sekunden. Nie zuvor war ein Mensch die 100 Meter schneller gerannt. Er war der Sieger des spektakulärsten Wettbewerbs der Olympischen Spiele und auf dem Höhepunkt seiner Karriere.

Der größte Skandal bei Olympischen Spielen
Es folgte der größte Skandal in der Geschichte der Olympischen Spiele - nur zwei Tage nach dem Finale wurde Ben Johnson des Dopings überführt. In seinem Urin hatten die Kontrolleure das verbotene Mittel Stanozolol gefunden. Der Kanadier, eben noch als Held gefeiert, wurde jetzt von aller Welt verspottet und verdammt. Ben Johnson floh nach Toronto und verkroch sich bei seiner Mutter - und strickt bis heute an seiner Verschwörungstheorie.
"Was gefunden wurde, wurde mir untergeschoben"
Gedopt habe er, das ja, aber nicht mit Stanozolol, sagt Ben Johnson, das mache die Muskeln steif. "Es war mein Urin, aber was darin gefunden wurde, wurde mir untergeschoben", wird der Kanadier nicht müde zu behaupten, "ich weiß, wer es getan hat, ich kenne die ganze Wahrheit. Die ganze Welt hat darüber spekuliert, und es war ein geheimnisvoller Mann."
In seiner Version der Geschichte kommen die übermächtigen US-Amerikaner vor mit ihren Sponsoren und auch sein Intimfeind Carl Lewis. Aber welche Rolle der spielt, darüber macht Ben Johnson nur Andeutungen. Sie haben ihm jedenfalls etwas ins Bier gekippt, davon ist er überzeugt.
"Charlie, der Chemiker" und sein Dopingprogramm
Unbestritten ist, dass Ben Johnson von seinem ehemaligen Trainer Charlie Francis (Spitzname: "Charlie, der Chemiker") mit Anabolika für Weltrekorde und Olympiasieg präpariert wurde. Das Dopingprogramm flog erst auf, als Ben Johnson in Seoul erwischt wurde - nach sechs Jahren gezielter Hormonmast. Vor einem kanadischen Untersuchungsausschuss führte Charlie Francis später aus, was Ben Johnson schluckte und spritzte, um "immer gut gerüstet" zu sein. Auch "Charlie, der Chemiker", der im Mai 2010 mit 61 Jahren an Lymphdrüsenkrebs starb, behauptete bis zu seinem Tod, Ben Johnson habe während der letzten Doping-Phase vor Seoul lediglich Furazabol genommen, nicht Stanozolol.
Das schmutzigste Rennen der Olympia-Geschichte
Die Goldmedaille von Seoul musste Ben Johnson zurückgeben, Carl Lewis wurde als Sieger des Rennens ausgerufen. Doch der hätte eigentlich gar nicht laufen dürfen, denn schon vor den Spielen waren ihm Dopingsubstanzen nachgewiesen worden. Der amerikanische Verband ließ ihn jedoch starten.
Bis auf den Amerikaner Calvin Smith (ursprünglich Vierter) wurden alle Teilnehmer des Finales von Seoul im Laufe ihrer Karriere positiv getestet - es gilt als das schmutzigste Rennen der Leichtathletik-Geschichte. "Ich war kein Wissenschaftler, sondern nur ein Bursche, der lief", hat Ben Johnson einmal gesagt, "aber dann dachte ich: 'Warum soll ich mir den Arsch aufreißen, und diese Jungs arbeiten weniger und kommen davon?'"
Eine muskelbepackte Sprintmaschine
Ben Johnsons Familie wanderte von Jamaika nach Kanada aus, als Ben 13 war - im Gepäck nur die Hoffnung auf ein besseres Leben. Sein Vater fand keine Arbeit und kehrte wieder um, seine Mutter arbeitete als Küchenhilfe in einem Flughafenrestaurant. Noch mit 15 war Ben Johnson ein dürrer, nur 50 Kilo schwerer Teenager - zehn Jahre später die muskelbepackte Sprintmaschine.
Fitnesstrainer von Maradona und Gaddafi
Nach dem Skandal von Seoul folgte dem rasanten Aufstieg der noch schnellere Abstieg. Sein WM-Titel von 1987 und der Weltrekord wurden ihm ebenfalls aberkannt. Nach seiner Begnadigung 1990 konnte Ben Johnson nie mehr an seine gezeigten Leistungen anknüpfen. 1993 wurde er erneut positiv getestet und lebenslang gesperrt.
In den vergangenen Jahren verdiente "Big Ben" seinen Lebensunterhalt als Footballspieler, in Stock-Car-Rennen sowie als persönlicher Fitnesstrainer der Fußball-Legende Diego Maradona und eines Sohnes des ehemaligen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Heute wird Ben Johnson 50 Jahre alt. Quelle: Sport-Infomationsdienst (sid)