Bernie Ecclestone ebnet Wien den Marathonweg
Stellen Sie sich vor, es ist in Österreich allergrößte "Vienna City Marathon"-Zeit und keiner kriegt's mit, weil im Fernsehen der Alpenrepublik Formel 1 läuft. So sah das Horrorszenario der Laufveranstalter in Wien vor wenigen Tagen tatsächlich aus. Ein Horrorszenario, das sogar die ganze Veranstaltung in Frage stellte. Doch kein Geringerer als Rennsport-Machthaber Bernie Ecclestone lenkte dann ein.

Die Laufbewegung in Österreich wäre fast ins Stocken geraten (Foto: Swiss-Image)
Ein Rennen live im Fernsehen, aber ohne die entscheidenden Augenblicke vor dem Zielleinlauf? Undenkbar. Genau dieser aberwitzigen Situation sah sich der "Vienna City Marathon" vor wenigen Tagen gegenüber. Eine Terminkollision mit dem Grand Prix der Formel 1 in Monaco am Vormittag des 22. Mai drohte die Live-Übertragung des Marathon im ORF zu verhindern. Aufgrund der Verträge mit der höchstklassigen Motorsportserie ist der ORF verpflichtet, nicht nur die Rennen live zu übertragen, sondern auch das in der aktuellen Saison neu eingeführte zweite Qualifying am Renntag. Dieses Qualifying von 10 bis 11 Uhr hätte sich mit den entscheidenden Phasen des Vienna City Marathons überschnitten.
"Schumi" statt Kilometer 40
Zwischen Kilometer 20 und Kilometer 40 wäre die Marathonspitze nicht im Fernsehen zu sehen gewesen, sondern Michael Schumacher hätte stattdessen im ORF seinen Boliden durch den Stadtkurs des Fürstentums gesteuert. Ebenso wenig der Zieleinlauf des erstmals durchgeführten Halbmarathons. Das der österreichischen Laufbewegung drohende erschreckende Ergebnis: eine Sportübertragung der bedeutendsten österreichischen Laufveranstaltung, die in entscheidenden Phasen ausblendet.
Der ORF wäre verpflichtet gewesen, die Formel 1-Qualifikation zur Gänze ohne Veränderung des Bildsignals auszustrahlen. Kopfzerbrechen bereitete diese Konstellation auch ORF-Sportchef Elmar Oberhauser. Er griff dann in die Trickkiste und hat Bernie Ecclestone persönlich mit der Problematik konfrontiert. Intensive Verhandlungen zwischen dem Vienna City Marathon, dem ORF und den Behörden in Wien sowie dem mächtigen Formel 1-Boss brachten schließlich ein rettendes Ergebnis.
Bernie Ecclestone lenkt ein
Der Bernie Ecclestone hat einer Ausnahmeregelung zugestimmt und dem ORF erlaubt, zwischen den beiden Ereignissen, dem Marathon und der Formel 1-Qualifikation, hin und her zu schalten. Der "Vienna City Marathon" wird im Gegenzug bei seiner 22. Auflage am 22. Mai die Startzeiten für alle Läufe um dreißig Minuten verschieben. Damit ist die Übertragung gesichert.
Veranstalter Wolfgang Konrad schaudert es immer noch: "Der Marathon stand buchstäblich vor der Absage, denn ohne Fernsehübertragung ist diese Veranstaltung nicht durchführbar. Alle Sponsorenverträge sind darauf abgestimmt. Der Marathon live im Fernsehen ist seit 1993 ein Fixpunkt für die Laufbewegung in Österreich. Der Sport braucht die Öffentlichkeit. Wir mussten eine neue Lösung suchen, und ich bin sehr erleichtert, dass es uns gelungen ist.
Größte Sommersportveranstaltung
Elmar Oberhauser meint inzwischen nicht weniger erleichtert: "Ich bin sehr glücklich, dass wir eine Lösung mit Bernie Ecclestone und dem Laufveranstalter gefunden haben. Der Vienna City Marathon als größte Sommersportveranstaltung des Landes ist ein Kernpunkt unserer Sportberichterstattung. Die jährlichen Sendungen haben sicher auch zum Aufschwung des Laufsports in Österreich beigetragen. Ohne die Startverschiebung wäre eine Live-Übertragung des Rennens inklusive Zieleinlauf nicht möglich gewesen."
Zusätzlich konnte erreicht werden, dass während des Formel 1-Qualifyings Einblendungen vom Geschehen beim Vienna City Marathon gesendet werden. Einer spannenden Übertragung steht nichts mehr im Wege. Der ORF hofft nun sogar, aufgrund der kurzfristigen Parallelübertragung ein besonders großes Zuschauerpotential zu erreichen.
Der Vienna City Marathon wurde 1993 zum ersten Mal in einer über dreistündigen Sendung im ORF live übertragen. Die jährliche Fernsehberichterstattung von diesem Event mit seinen mittlerweile 20.000 Teilnehmern aus über siebzig Nationen wurde in den letzten Jahren in Österreich von durchschnittlich 300.000 Zuschauern verfolgt, was einem Marktanteil von rund 45 Prozent entspricht!