Betty Heidler - Elf hammermäßige Tage
Elf erfolgreiche Tage liegen hinter Betty Heidler. Dreimal deutscher Rekord, drei Würfe über bisher unbekannte 75 Meter, Siege in Fränkisch-Crumbach und Lille (Frankreich), die eigene Bestleistung von 72,73 Meter in Serie auf nunmehr 75,38 Meter gesteigert und damit als aktuelle Nummer zwei mittendrin in der Weltspitze.
Betty Heidler warf sich in die Schlagzeilen (Foto: Crespel)
Die Hammerwurf-Welt der Frankfurterin hat sich mit ihren Bewegungen im Ring rasend schnell gedreht und verändert.Doch die Olympia-Vierte war durchaus ein wenig darauf vorbereitet. Nach ihren 72,91 Metern in Ostrava (Tschechische Republik), mit denen alles angefangen hatte, ließ sie gemeinsam mit ihrem Trainer Michael Deyhle die Leichtathletik-Szene noch im Ungewissen, was ihre momentane Verfassung und ihr wahres Potenzial betraf. "Wir möchten die Leute lieber überraschen", unkte der Coach.
Die Überraschung ließ keine Woche auf sich warten. In Fränkisch-Crumbach folgten am Pfingstwochenende 75,16 Meter, die den dortigen Meeting-Organisator Peter Falter mit den Worten "Der Hammer ist der Hammer" jubeln und Michael Deyhle zu Prokokoll geben ließ: "Der Knoten ist geplatzt! Jetzt kann man oben anklopfen."
Längst kein "Lucky Throw"
Dass von einem "Lucky Throw", also einem Glückswurf, wie die Athleten manchmal sagen, keine Rede sein kann, zeigte Betty Heidler nun am Freitagabend in Lille, wo sie mit Würfen auf 75,20 und 75,38 Meter sogar noch etwas draufpacken konnte.
Die deutsche Leichtathletik hat eine heiße Medaillenkandidatin für die Europameisterschaft in Göteborg (Schweden; 7. bis 13. August), immerhin ist die Zweite der U23-EM nun aktuell im Jahresvergleich die Nummer zwei in der Welt und Europa. Im Ausblick auf den Saisonhöhepunkt kündigt Michael Deyhle, für den sich die Leistungen seines Schützlings in den vergangenen Tagen zu einem "Selbstläufer" entwickelten, an: "Wir wollen uns dort nicht abschlachten lassen."
Die jüngsten Ergebnisse versetzten Betty Heidler zwischenzeitlich selbst ins Staunen. Im Training habe sie noch nicht soweit geworfen, als "gigantischen Sprung" bezeichnete sie ihre Steigerung. Selbst Michael Deyhle gestand ein, dass eine solche Weite nicht zu erahnen gewesen sei.
Alles passt zusammen
Bei der BGS-Angehörigen, die auf ein gutes Wintertraining zurückblicken kann und ihre Technik verfeinert hat, passt derzeit alles. Angenehme äußere Bedingungen und eine gute Stimmung beim Wettkampf treiben sie an, das Selbstvertrauen hat sie nun sowieso. Seit ihrem ersten Rekord in Ostrava wird sie von einer (Erfolgs)Welle getragen, die noch länger als eben diese elf Tage andauern sollte.
Denn stabil waren ihre Leistungen schon zuvor. Bei ihrem Trainingsaufenthalt im Frühjahr in Südafrika hatte sie bereits bei einem Wettkampf in Pretoria 70,78 Meter angeboten, im Mai folgten in Osaka (Japan) und Halle mit 70,45 und 71,89 Metern ähnliche Weiten, bei nicht idealen Bedingungen.
Auch wenn Betty Heidler mit ihren 22 Jahren noch zu den jüngeren Trümpfen der deutschen Leichtathletik gehört, so ist sie doch längst kein unbekanntes Gesicht mehr. Bei den Olympischen Spielen in Athen (Griechenland) wurde sie vor zwei Jahren Vierte, auch damals schon mit deutschem Rekord von 72,73 Metern. Eine glückliche Vierte, mit ihrem Strahlen gewann sie viele Sympathien und erregte auch die Aufmerksamkeit des bekannten PR-Managers Werner Köster, der sie später in seine Kartei aufnahm. "Ich freue mich riesig, auch wenn ich am Ende nur die Holzmedaille gewonnen habe", sagte sie damals zu den erstaunten Journalisten.
Richtiger Schritt
2003 war sie zum ersten Mal bei einem Großereignis. In Paris (Frankreich) warf sie locker auf, stand im WM-Finale und kam dort auf Platz elf. "2003 war es eine Überraschung, dass ich überhaupt dabei war", stellte Betty Heidler, die in ihrer jungen Karriere mit dem Aus und schwachen Leistungen in den Qualifikationen bei der WM in Helsinki und 2002 bei der Junioren-WM in Kingston (Jamaika) auch schon bittere Rückschläge einstecken musste, fest.
Dorthin geführt hatte sie bereits damals Michael Deyhle. Im Oktober 2001 war Betty Heidler aus Berlin gekommen, um in Frankfurt ihr Glück zu versuchen und ihr Talent beim Bundestrainer in die Waagschale zu werfen: ""Ich habe mir gedacht, die Spitze im Hammerwerfen ist in Frankfurt und wenn ich weiterkommen will, gehe ich dorthin, wo die besten Bedingungen gegeben sind." Heute trainiert sie dort unter anderen mit ihren Vereinskolleginnen, der Olympia-Teilnehmerin Andrea Bunjes und der WM-Starterin Kathrin Klaas, zusammen. Ausgesprochen erfolgreich, so dass der der Rotschopf mitunter sagte: "Für den Sport hat es sich der Wechsel damals auf jeden Fall gelohnt."
Tolle Aussichten
Das Talent wurde ihr bereits in die Wiege gelegt. Sportliche Pfade finden sich nämlich im Stammbuch von Betty Heidler. Die frühere Hürdensprinterin und Olympia-Teilnehmerin Cornelia Oschkenat ist ihre Großcousine, ihr Urgroßvater war bei den Olympischen Spielen 1936 einer der Fackelläufer. "Den Fackelstab habe ich zuhause", erzählte sie stolz, "dieser sportliche Hintergrund motiviert mich total." Dass es ihr an Motivation nicht fehlt, da muss man ihr unweigerlich recht geben. Umso mehr nach den letzten elf Tagen.
Wohin der Weg führen kann, zeigt ein Ausspruch, der sich auf der Internetseite ihres Vermarkters, der Agentur Köster, finden lässt. Dort steht nämlich: "Wenn Betty gesund bleibt, wird sie bis zu den Olympischen Spielen 2016 so viele Medaillen gewinnen wie kein anderer deutscher Leichtathlet." Tolle Aussichten also!
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