Betty Heidler - „Ganz komisches Gefühl“
Olympia-Bronze hing für Betty Heidler in London (Großbritannien) an einem virtuellen Faden. Nachdem bei der Frankfurter Hammerwerferin am Freitag der Silber-Wurf auf 77,12 Meter zunächst im System nicht zur Anzeige gebracht worden war, musste sie warten, bis das Ergebnis tatsächlich offiziell gemacht wurde. Nach dem Wettkampf sprach sie über die Situation.
Betty Heidler, werden Sie jetzt in Ihrem nächsten Leben selbst Kampfrichterin?Betty Heidler:
Nein. Beim nächsten Mal warte ich im Ring, bis das Ergebnis angezeigt wird.
Erzählen Sie einfach mal, was los war…
Betty Heidler:
Der Versuch wurde gemessen, er wurde aber nicht an der Anzeigetafel angezeigt. Dann ist die nächste Werferin rein und dann war es einfach ein Durcheinander von den Zahlen im Computer. Der Wurf war im System drinnen. Sie haben es verglichen mit den Fernsehaufnahmen, haben dann noch einmal nachgemessen und eben offiziell bestätigt.
Warum haben Sie einen Extrawurf bekommen, obwohl die Weite im System war?
Betty Heidler:
Weil sie es nicht gleich gesehen haben, sondern natürlich auch erst einmal gucken müssen, nachdem die nächsten Werferinnen dastanden und auch schon geworfen hatten. Wir haben Protest eingelegt, dann habe ich diesen Versuch bekommen. Dann kamen sie zu mir und haben gesagt: Wir haben den Wurf im System. Es war ein Hin und Her. Später haben die Chinesen Protest eingelegt. [Anm. der Protest der Chinesen wurde in der Nacht noch abgewiesen]
Ab wann haben Sie gewusst, dass sie Bronze haben?
Betty Heidler:
Als sie mir gesagt haben, dass der Wurf im System ist, konnten sie mir aber nicht sagen, wie weit der Wurf war. Dann bin ich zu meinem Trainer gegangen, weil sie unten natürlich auch ganz aufgeregt waren. Sie hatten vom Fernsehen her nur das Bild, dass der Wurf über 77 Meter war. Da wusste ich halt, dass er weit war und reichen würde. Aber man sitzt natürlich da und wartet auf das offizielle Ergebnis.
Sie haben ganz viel mit den Kampfrichtern geredet. Wie war das?
Betty Heidler:
Die waren total nett. Es tat ihnen ganz doll leid. Sie haben alles möglich gemacht, dass der Wurf zugeordnet und offiziell gemacht wurde. Sie sitzen natürlich da unten und arbeiten und ich warte. Da spricht man natürlich auch miteinander.
Hatten Sie mehr Angst oder mehr Wut, als sie nicht wussten, was los war?
Betty Heidler:
Gar nicht. Weder das eine noch das andere. Es ist nur einfach so, dass man nicht weiß, was man denn nun machen soll. Ich war relativ schnell beruhigt, als ich wusste, dass es so ein weiter Versuch war. Man kann sich halt nicht freuen, man ist auch nicht traurig. Ein ganz komisches Gefühl, das hatte ich vorher auch noch nicht.
Kann man sich dann überhaupt noch auf den letzten Wurf konzentrieren?
Betty Heidler:
Das ist sehr schwierig. Auch dass der zweite fünfte Versuch nicht gut war, war verständlich. Die Chance habe ich natürlich dann trotzdem genutzt. Ansonsten geht man in den Sechsten rein und versucht, alles möglich zu machen.
Können Sie verstehen, dass sich die Chinesin benachteiligt fühlt?
Betty Heidler:
Natürlich kann ich das verstehen. Ich glaube, als Deutsche hätten wir das [Protest] auch gemacht. Es ist normal, dass ein Verband das macht. Weil sie ja am Ende auch nicht weiß, dass sie Vierte ist und dass sie noch einmal kontern kann mit dem Wissen, dass eine andere weiter geworfen hat.
Können Sie sich erinnern, dass so etwas schon einmal vorgekommen ist?
Betty Heidler:
Nein, gar nicht. Sowas ist auch noch nicht vorgekommen.
Wie war die Kommunikation mit dem Trainer?
Betty Heidler:
Er ist, glaube ich, noch durch mehr Hochs und Tiefs durch als ich und hat noch mehr graue Haare gelassen.
Sie haben sehr viel gelacht. War das Galgenhumor?
Betty Heidler:
Nein, ich habe mich einfach gefreut. Ich wusste ja, dass der Versuch weit war und dass es nur offiziell gemacht werden musste. Es hätte ja auch sein können, dass der Versuch weg ist.
Was ist Ihnen diese Bronzemedaille wert?
Betty Heidler:
Riesig viel. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen.
Wie ging es Ihnen zwischendurch, als Sie nur auf Platz acht lagen?
Betty Heidler:
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit 73,90 Metern Achte bin. Aber es war auch Anreiz für mich, um noch einen draufzusetzen, denn ich bin nicht die Achtbeste der Welt, ich bin wesentlich besser. Das habe ich eigentlich auch gezeigt.
Video:
Betty Heidler: "Traum ist in Erfüllung gegangen"
Alles rund um die Olympische Leichtathletik:
News | Ergebnisse | Videos | Vorschau | DLV-Team | Zeitplan (pdf) | Twitter
TV-Termine | DLV Lounge | Olympia-Buch | DOSB-Teambroschüre (pdf)