Betty Heidler: „Ich plane von Jahr zu Jahr“
In gewisser Weise schließt sich der Kreis. Betty Heidler (LG Eintracht Frankfurt), Deutschlands Vorzeige-Hammerwerferin, hat ihre Wahlheimat Frankfurt verlassen und ist zurück in ihre Geburtstadt Berlin gezogen. Dorthin, wo sie 1998 mit dem Hammerwurf begann. In Interview mit leichtathletik.de spricht die Weltrekordlerin über ihr neues, altes Leben in Berlin, warum sie sich im Herbst operieren ließ und warum sie nie wieder bei Weltmeisterschaften starten will.
So wird man Betty Heidler bei einer WM nie wieder sehen (Foto: Chai)
Betty Heidler, andere
Leichtathleten schnaufen im Herbst erstmal durch. Für Sie dagegen
scheint der Herbst die Zeit für Umbrüche zu sein. Betty Heidler:
Könnte man in diesem Jahr so sagen, ja. In den letzten Monaten ist viel passiert. Die größte Veränderung war sicher mein Umzug zurück nach Berlin. Warum ich den Schritt gemacht habe, möchte ich gerne für mich behalten, das waren familiäre Gründe. Aber für mich stand immer fest, dass ich irgendwann zurück nach Berlin gehen würde, die Verbindung in meine Heimat ist ja auch nach meinem Umzug nach Frankfurt 2001 nie abgerissen.
Dann war Ihr Auftritt in der Fernsehsendung „mieten, kaufen, wohnen“, wo Sie Mitte des Jahres auf VOX zu sehen waren, also kein reiner PR-Auftritt?
Betty Heidler:
Naja, sagen wir es so: Ich konnte damit zwei Dinge verbinden. Zum einen etwas Aufmerksamkeit für den Hammerwurf schaffen, zum anderen mich aber auch nach Wohnungen umschauen. Damals aber eher noch generell, da stand der Weggang aus Frankfurt noch nicht fest. Ich wohne auch jetzt in keiner der beiden Wohnungen, die ich mir damals angeschaut habe.
Wie schwer fällt dieser Weggang aus Frankfurt dennoch? Immerhin haben Sie dort zwölf Jahre lang gelebt.
Betty Heidler:
Das war schon sehr komisch. Ich habe auch keine Flasche Sekt aufgemacht, als ich dort Ende September meine Sachen in Kisten gepackt habe. Aber ich werde auch weiterhin den Kontakt halten und privat des Öfteren nach Frankfurt kommen.
Sie sagen privat. Das impliziert abseits einer neuen Adresse aber noch jede Menge weitere Veränderungen in Ihrem Leben.
Betty Heidler:
Auf jeden Fall. Und das fühlt sich alles noch ziemlich komisch an. Ich studiere jetzt Jura an der Humboldt-Uni in Berlin, der Wechsel von der Goethe Uni in Frankfurt hat dank der Hilfe des Olympiastützpunkts Berlin ziemlich problemlos geklappt. Jetzt trainiere ich auch wieder am Sportforum Hohenschönhausen, also da, wo ich mit dem Hammerwurf begonnen habe, und treffe dort jetzt auf lauter Leute, die früher schon mit mir Sport gemacht haben und die inzwischen Trainer sind. Es ist ein großes Wiedersehen nach zwölf Jahren. Einiges bleibt aber auch beim Alten. Ich werde weiterhin für Frankfurt starten und von Michael Deyhle trainiert. Aber momentan muss ich ohnehin viel alleine machen, da ich gerade erst wieder im Aufbautraining nach der Knie-Operation bin.
Gut acht Wochen ist diese Operation nun her. Warum mussten Sie operiert werden?
Betty Heidler:
Ich hatte eine chronische Entzündung im linken Knie. Das hat mich zwar nicht bewusst im Training oder Wettkampf gestört, aber man weiß ja nie, welche Rolle das Unterbewusstsein so spielt. Und da ich immer über 100 Prozent gehen will, habe ich die Pause genutzt, um dieses Problem loszuwerden. Und die Operation ist auch gut gelaufen, der Heilungsprozess geht schneller als gedacht.
100 Prozent ist ein gutes Stichwort. Nach der verkorksten WM in Moskau haben Sie gesagt, dass war Ihre letzte WM. Ist Betty Heidler nun im kommenden Jahr auf Abschiedstournee?
Betty Heidler:
Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ich habe noch keinen festen Termin für mein Karriereende im Kopf, sondern denke wirklich von Jahr zu Jahr. Aber ich werde nicht mehr bei Weltmeisterschaften starten.
Warum schließen Sie eine WM-Teilnahme so kategorisch aus?
Betty Heidler:
Das ist eine ganz persönliche Entscheidung, aus meinem Inneren heraus. Das möchte ich auch nicht weiter erläutern.
Nachdem wir dann jetzt nicht übers Karriereende sprechen müssen, können wir ja über die EM 2018 sprechen. In Ihrer neuen, alten Heimat Berlin. Ist das ein Ziel?
Betty Heidler:
Da will ich auf jeden Fall dabei sein, keine Frage. Aber als was, das kann ich jetzt noch nicht sagen. Vielleicht als Teilnehmerin, vielleicht als Zuschauerin, als Helferin, oder auch als Co-Kommentatorin im Fernsehen, mal sehen.
2018 werden Sie 35 Jahre alt. Das ist für Werfer ja noch kein Alter.
Betty Heidler:
Das finde ich zum Beispiel ganz schwer abzuschätzen, denn Hammerwurf ist ja noch eine recht junge Disziplin. Momentan sind die besten Werferinnen der Welt zwischen Mitte und Ende Zwanzig, da gehöre ich ja jetzt schon zu den Ältesten. Es wird sich erst nach und nach zeigen, wie belastend das Hammerwerfen auf Dauer doch ist. Ich merke schon jetzt, dass manche Bewegungen schwieriger werden. Und ich trete nur an, wenn ich konkurrenzfähig bin. Dafür bin ich zu erfolgsorientiert.
Welcher Erfolgsgedanke treibt Sie an, wenn Sie an das kommende Jahr denken?
Betty Heidler:
Ganz oben steht immer noch der Traum von den 80 Metern. In zwei, drei Wochen sollte das Knie wieder so gesund sein, dass ich ins normale Training einsteigen kann. Im Dezember und Januar geht es dann für zwei Wochen ins Trainingslager nach Kienbaum und dann von Mitte Februar bis Mitte März in die Wärme nach Südafrika. Und dann können die Wettkämpfe kommen.
Video auf leichtathletik.TV
Betty Heidler: "Zurück nach Berlin"