Big In Japan - Der WM-Blog
Die Weltmeisterschaft in Osaka (25. August bis 2. September) ist eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht. Im WM-Blog "Big In Japan" bekommen Sie auf leichtathletik.de einen exklusiven Einblick in den WM-Alltag in Japan und ganz persönliche Eindrücke.

Ulrike Philipp genießt das japanische Essen
In der Mixed ZoneMeine Aufgabe bei den Weltmeisterschaften hier in Osaka ist es, die Flash-Interviews für das LOC (Local Organizing Committee) zu machen. Unser dreiköpfiges internationales Team führt mit Medaillengewinnern, Vorlaufsiegern und anderen interessanten Athleten kurze Interviews, nachdem sie den TV-Bereich verlassen haben. Diese O-Töne werden dann so schnell wie möglich auf Englisch über den Ergebnisdienst (auf Papier, den Ergebnismonitoren und im Internet) publiziert und der Presse für die Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt.
Es ist hier in der Mixed Zone, wo sowieso immer totales internationales Gewusel herrscht, oft die Hölle los. Es war ja auch schon das 100 Meter Finale der Männer. Nach getaner Arbeit - von Tyson Gay erwischte ich ganz brauchbare Statements - wollte ich noch nicht zurück ins Hotel, sondern ging noch zur 100 Meter-Siegerpressekonferenz. Tyson Gay war immer noch in der Mixed Zone, umringt von Journalisten.
Begegnung mit der Familie von Tyson Gay
Er umarmte eine Frau - wie sich herausstellte, war es nicht seine Schwester oder Freundin, sondern seine Mutter. Er hatte vorher erzählt, dass seine ganze Familie mit nach Osaka gekommen sei. Ist ja eher ungewöhnlich, aber das macht ihn mir sympathisch. Seine Mutter sieht noch total jung aus, dann Tyson's Stiefvater (kein Afro-Amerikaner) und seine kleine Halbschwester und -bruder. Sie waren alle enorm stolz auf ihn und genossen den Rummel um Tyson und um sich selbst. Denn die "Journos" machten auch Fotos von ihnen. Habe mich ebenfalls davon anstecken lassen... :-)
Seine Mutter erzählte mir, dass sie früher nur in der Schule Leichtathletik gemacht habe. Dann wissen wir ja leider nicht genau, von wem er das Talent habe, meinte ich. Doch, sagte sie im Scherz, von mir natürlich! Irgendwie mag ich solche Begegnungen, nicht immer nur Zahlen und Statistiken, sondern ruhig auch mal was Persönliches (dass sein Coach im Gefängnis sitzt, wissen wir ja mittlerweile).
Japanische Lunchbox
Wir Flash-Interviewer haben einen japanischen Vorgesetzten und viele japanische Kollegen im News-Team. Unsere Verpflegung besteht aus Lunch- und Dinnerboxen mit kaltem japanischen Essen, alles mit viel Sorgfalt hergerichtet, so Origami-mäßig, viel Sushi und als Besteck nur Stäbchen. Wir wissen nicht immer ganz genau, was wir da so zu uns nehmen, denn unsere japanischen Kollegen können uns auch nicht jedes Gericht bzw. jede Zutat übersetzen.
Ob Wachteleier, kalte Meeresfrüchte, Algen, unbekanntes Gemüse und würfelförmige Rühreier/Kürbis-Soja-Sülze (die Japaner lieben das Spiel mit den Formen) und andere Köstlichkeiten, deren Namen ich nicht kenne - ich esse mittlerweile mein Plastiktablett mit den vier bis neun Ausbuchtungen immer ganz auf. Lediglich japanische Kutteln würden es nicht bis in meinen Mund schaffen.
Wie die Queen
Was mich hier beeindruckt, ist, für welche Tätigkeiten die freiwilligen Helfer teilweise vorgesehen sind. Wenn wir morgens aus unserem Media-Shuttlebus steigen, der uns vom Hotel zum Stadion gefahren hat, stellen sich die Transport Volunteers alle in einer Reihe auf.
Jeder verbeugt sich vor den vorbeieilenden Journalisten und grüsst (Good Morning, Welcome, ...). Heute morgen waren es sechs links und sieben auf der rechten Seite. So muss sich wohl die Queen fühlen, wenn sie Paraden abnimmt...
Im Pressezentrum sind die Volunteers dafür zuständig, die Wasser- und Grüner-Tee-Flaschen aus dem Eisbad mit einem Handtuch abzuwischen und uns mit einer kleinen Verbeugung zu reichen. Eine schöne Geste, aber in Deutschland wäre das undenkbar. Ich habe auch schon angefangen, mich ständig zu verbeugen oder zu nicken, wenn ich an Sicherheitsleuten oder Volunteers vorbeigehe. Und das Lächeln der Japaner ist ebenfalls sehr ansteckend.
Ich fühle mich sehr wohl hier. Schade ist nur, dass das Stadion nie richtig voll ist.
Viele Grüsse aus dem subtropischen Osaka von Ulrike Philipp
Ulrike Philipp ist Flash-Interviewerin bei der Weltmeisterschaft in Osaka.
Mehr von der WM in Osaka:
Alle Ergebnisse | WM-News im Überblick