Björn Otto: „Freude überwiegt“
Zuerst war da Enttäuschung. Enttäuschung über die verpasste große Chance, es bei den Weltmeisterschaften in Moskau (Russland) ganz oben aufs Treppchen zu schaffen. Wie Björn Otto (ASV Köln) eine Nacht nach WM-Bronze über seine Platzierung denkt, wie es in der Saison noch für ihn weitergeht und wie er die ständigen Fragen nach seinem Karriere-Ende findet, lesen Sie im Interview.
Björn Otto, herzlichen Glückwunsch zur fünften internationalen Medaille in Folge. Am Montag schwang in Ihrer Einschätzung Enttäuschung mit. Wie sieht es aus, nachdem Sie eine Nacht darüber schlafen konnten?Björn Otto:
Eine Nacht?! Ich habe, wenn’s hochkommt, zwei Stunden geschlafen! (lacht)
Na gut: Wie fühlt sich WM-Bronze nach zwei Stunden Schlaf an?
Björn Otto:
Ich habe Bronze gewonnen. Bei einer Weltmeisterschaft, bei der man sich mit den Besten der Welt misst, fahre ich als Drittbester nach Hause. Das ist eine starke Leistung. Ich habe bei fünf aufeinander folgenden internationalen Meisterschaften fünf Medaillen gewonnen, das muss man auch erstmal nachmachen. Daher überwiegt die Freude. Hundertprozentig zufrieden bin ich nicht. Es war mehr drin. Aber die Umstände waren sehr schwierig.
Was genau war da los?
Björn Otto:
Da gab’s den Kameramann, der 20 Sekunden vor Ablauf meiner Zeit auf die Bahn rennt, sich dreimal im Kreis dreht und vor mir rumtanzt. Und wenn man von Bahn vier loslaufen muss und der Kampfrichter schickt dich immer wieder zurück, ist das natürlich auch nicht einfach. Die andere Anlage wäre sicher für alle stressfreier gewesen. Warum man die nicht gewählt hat, weiß ich nicht. Aber Raphael hat ja gezeigt, dass es gehen kann.
Die russischen Kampfrichter konnten Ihnen nicht helfen, einen ruhigen Wettkampf zu absolvieren?
Björn Otto:
Du kannst ja mit keinem reden! Es kann keiner Englisch! Die russischen Stabhochspringer haben da unten dann relativ viel gedolmetscht. Aber du musst auf Zahlen tippen, um zu zeigen, welche Höhen du haben willst. Das verstehe ich nicht. Wenn du so etwas veranstaltest, musst du doch wenigstens einen da reinsetzen, der Englisch kann.
Welchen Wettkampf hatten Sie im Vorfeld der WM erwartet?
Björn Otto: Mit seinen 6,02 Metern aus London stach Renaud Lavillenie natürlich ein wenig aus dem Feld heraus. Das Teilnehmerfeld war insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Aber mir war eigentlich schon klar, dass es nicht so richtig hoch hinaus gehen würde, weil man eher auf Platzierung springt als auf Höhe. Es war nur die Frage: Wer macht den ersten Fehlversuch? Raphi hat’s hier gut ohne Fehlversuch durchgebracht. Damit setzt man Renaud unter Druck, diesmal hat er den Fehler gemacht und das Glück lag auf unserer Seite.
Werfen wir einen Blick voraus. Die Saison ist noch lange nicht zu Ende für Sie. Welche Stationen sind als nächste geplant?
Björn Otto:
Ich fliege am Mittwoch zurück nach Deutschland. Am nächsten Mittwoch springe ich in Landau. Bis zum Saisonfinale in Brüssel habe ich noch einen relativ engen Zeitplan mit sechs, sieben Wettkämpfen.
Da muss man doch an dieser Stelle die Frage nach Ihrem Alter stellen: Sie sind mit 35 Jahren der älteste Stabhochsprung-Medaillengewinner bei Weltmeisterschaften. Sind Sie nach so einer Saison noch nicht müde?
Björn Otto:
Stabhochsprung ist eine sehr körperbelastende Sportart, gerade, wenn man die Absprünge nicht hundertprozentig trifft. Da macht jeder Stabhochspringer drei Kreuze, wenn die Saison zu Ende ist. Aber mein Körper hält, die zwei Achillessehnen-Risse habe ich gut auskurieren können, mit meinen Füßen habe ich überhaupt keine Probleme. Von daher: es läuft!
Trotz Ihrer Erfolge müssen Sie aber eine Frage immer wieder beantworten: die nach Ihrem Karriere-Ende. Nervt das?
Björn Otto:
Ich wundere mich einfach, dass noch nicht alle die Frage gestellt haben und dass sie immer wieder kommt (lacht)! Langsam müssten doch alle durch sein oder die Antwort wenigstens bei einem anderen abgeschrieben haben. Natürlich, im Oktober werde ich 36, das ist dann nicht mehr das normale Stabhochsprung-Alter. Aber das heißt ja nichts. Jeff Hartwig ist mit 39 noch zu Olympischen Spielen gefahren. Das geht auch! Das ist extrem. Ob ich das will, oder ob ich das hinkriege, weiß ich nicht. Ich habe immer gesagt, ich muss leistungsfähig sein. Wenn ich nicht mehr vorne mitspringen kann, brauche ich eine andere Sportart, in der ich mich auch noch verbessern kann.
Haben Sie da schon was im Blick? Sie sind ja als leidenschaftlicher Gleitschirm-Flieger bekannt…
Björn Otto:
Hin und wieder fliege ich schon bei einem German Cup mit. Aber um dort richtig gut zu werden, müsste ich erstmal umziehen. Ich fliege viel zu wenig. Die Sportart ist sehr taktisch, da muss man sich in den Gebieten sehr gut auskennen – das ist als Kölner eher schwierig. Aber es muss ja auch nicht immer Wettkampf-Sport sein. Ich spiele gerne Beachvolleyball, fahre gerne Wakeboard und Ski. Und das Golfen hat mich auch ein bisschen angefixt. Das ist was, das ich in diesem Jahr noch erreichen will: Mit dem Handicap unter 36 zu kommen! Das werde ich im September und Oktober mal angehen.
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