Björn Otto kann nichts mehr erschüttern
Björn Otto weiß, wie dünn die Luft in der Höhe ist. Der Hobby-Pilot und Gleitschirmflieger schraubt sich regelmäßig in Sphären von 4.000 bis 5.000 Meter. Einmal düste sogar ein F-16 Kampfjet unter ihm hindurch, als der Adrenalinjunkie wieder einmal den Höhenrausch suchte. Den 34-Jährigen kann nichts mehr erschüttern.
Deshalb war der Stabhochspringer auch nicht enttäuscht, als ihm der Franzose Renaud Lavillenie am Freitag in London (Großbritannien) in einem hochklassigen und spannenden Wettkampf doch noch Olympia-Gold entriss. "Hinten kackt die Ente", sagte Björn Otto nach nur einer halben Stunde Schlaf und jeder Menge Kaltgetränke im Olympischen Dorf anerkennend, "es war klar, dass sich Renaud niemals geschlagen gibt. Ich habe Silber gewonnen, nicht Gold verloren."Lange hatte es danach ausgesehen, dass Björn Otto sogar den ganz großen Coup schaffen und das erste Stabhochsprung-Gold für Deutschland seit 40 Jahren gewinnen könne. Gleich im ersten Versuch segelte der Oldie über 5,91 Meter und hatte den Triumph vor Augen. Doch dann hob "Air France" Lavillenie ab und flog in seinem letzten Versuch über 5,97 Meter.
Schub für den Stabhochsprung
Björn Otto und Youngster Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken), der mit ebenfalls übersprungenen 5,91 Metern Bronze holte, konnten nicht mehr kontern. Und waren trotzdem zufrieden. "Das war ganz wichtig für den deutschen Stabhochsprung, weil wir bei den Höhepunkten in den vergangenen Jahren ja nicht viel geholt haben. Das gibt einen Schub", sagte der 22 Jahre alte Raphael Holzdeppe, der 16 Jahre nach seinem Trainer Andrei Tivontchik wieder auf Rang drei sprang.
Immer wieder waren die deutschen Höhenjäger in der Vergangenheit als Mitfavoriten zu den großen Meisterschaften gereist - und hatten doch meist nur Blech mitgebracht. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Schon bei der EM in Helsinki (Finnland) hatten Björn Otto und Raphael Holzdeppe Silber und Bronze gewonnen. Gold sicherte sich wie in London Renaud Lavillenie. "Er ist der Beste", sagte Björn Otto.
Nervenstark, explosiv und kämpferisch
Doch auch Björn Otto scheint im Spätherbst seiner Karriere immer besser zu werden. In Helsinki sprang er mit 5,92 Metern Bestleistung, in London präsentierte er sich auf dem Höhepunkt seines Könnens - nervenstark, explosiv und kämpferisch.
Dabei stand er schon mehrfach vor dem Aus. Im Winter 2001 wurde bei ihm Morbus Scheuermann diagnostiziert - eine Erkrankung der Wirbelsäule, bei der die Wirbelkörper aufweichen und brechen können. Die Ärzte rieten zum Karriereende. Doch Björn Otto kämpfte. "2009 ist mir die linke Achillessehne angerissen, 2010 die rechte", sagte der Dormagener, "das sind keine Verletzungen, die man mal eben in drei Wochen auskuriert." Doch Björn Otto kämpfte wieder. Und wurde in diesem Jahr mit zwei Silbermedaillen belohnt.
Vielleicht ist die erfolgreichste Saison auch seine letzte. "Ich muss mir darüber noch Gedanken machen", sagte der Biologiestudent, "Ende des Jahres will ich meine Diplomarbeit abgeben." Und dann ist da ja noch der Plan mit dem Pilotenschein. "Das ist ein Kindheitstraum von mir, da kann ich nicht ewig warten", sagte Björn Otto, "mit 45 finde ich als Pilot sicher keinen Job mehr."
leichtathletik.TV:
Björn Otto: "Pilotenschein war Kindheitstraum"
Raphael Holzdeppe: "Manchmal spielt der Magen verrückt"
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)
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