Bunte Bahnen - Rot? Blau? Oder grün?
Die Leichtathletik-Bahnen werden immer bunter. Gerade in Deutschland folgt ein Farbtupfer dem nächsten. Liefen die besten Athleten der Welt am letzten Wochenende beim DKB-ISTAF in Berlin noch auf einem knallig blauen Untergrund, so müssen sie sich jetzt beim Weltfinale in Stuttgart mit einem außergewöhnlich grünen Belag anfreunden.
Thomas Blaschek begutachtete bereits die Bahn in Stuttgart (Foto: Walker)
"Die Farbe ist mir egal, so lange der Boden unter meinen Füßen fest ist", sagt Kirsten Bolm. Die Vize-Europameisterin über 100 Meter Hürden hat dabei noch den Lauf am letzten Samstag beim DKB-Cup-Finale in Elstal auf einer vermeintlichen Aschenbahn im Hinterkopf ("Das war ein Acker!") und mit diesem Eindruck nunmehr andere Prioritäten.Der Disziplinkollege der Mannheimerin, der Leipziger Thomas Blaschek, konnte die Stuttgarter Bahn bereits besichtigen. Für die Leistungen spiele die Farbe allerdings keine Rolle, meint der Vize-Europameister, der beim Weltfinale in den Genuss einer Wild Card kommt, dafür maßgeblich sei die Härte der Bahn und natürlich die Form der Athleten.
Grüne Premiere
Im Gottlieb-Daimler-Stadion kommt es jedenfalls zu einer Premiere, denn erstmals wird ein internationaler Leichtathletik-Wettkampf auf einer grünen Laufbahn ausgetragen. In Stuttgart bildet das Stadionrund nun mit dem Rasen des Fußballfeldes eine Einheit. Bereits vor der Fußball-WM war die 290.000 Euro teure Sanierung der Laufbahn in Angriff genommen worden.
So wurden die vorhandenen Schadstellen komplett ausgebessert und ein neuer, fünf Millimeter dicker Belag aufgebracht. Es handelt sich dabei um flüssiges Polyuhrethan in das ein grünes EPDM-Kunststoffgranulat eingestreut wurde. Im August wurde die Laufbahn nochmals gereinigt und anschließend neu vermessen. Erst danach konnte mit der Linierung der leichtathletischen Bahn begonnen werden.
Blau kommt gut an
Einige der internationalen Gäste werden sicherlich staunen, wenn sie diese grüne Bahn betreten. Denn wesentlich mehr als die deutschen Asse diskutieren die Athleten aus Übersee, die in aller Regel nur an rote und manchmal schwarze Untergründe gewohnt sind, über die Farben. Hürdensprinterin Perdita Felicien aus Kanada schwärmt vor allem für blau. Auch beim EAA-Meeting in Linz (Österreich) konnte sie im August auf einer solchen, brandneuen Bahn laufen: "Das ist etwas Besonderes."
Der viermalige Weltmeister auf den 110 Meter Hürden, Allen Johnson (USA), verbindet eine blaue Bahn vor allem mit dem Olympiastadion in Berlin. Er erzählt: "Ich war vor zwei Jahren bei der Einweihung dabei. Blau hebt sich ab, das ist etwas anderes als auf dem Rest der Welt." Auch die schnellste Frau des Jahres, die Jamaikanerin Sherone Simpson, war am letzten Sonntag ganz verzückt: "Die Bahn hier ist soooo schön."
"Rot macht aggressiv"
Von solcher Schwärmerei der Athleten unbeeindruckt zeigt sich der neue Meeting-Direktor der Züricher Golden-League-Veranstaltung, Patrick Magyar. Er schloss bereits aus, dass die Bahn im neuen Letzigrund-Stadion ab dem nächsten Jahr auch blau werden würde und griff bei seiner Begründung tief in die Psychologiekiste. Rot mache aggressiver.
Perdita Felicien, die in Nordamerika noch keine blaue Bahn entdeckt hat, grübelt angesichts dieser These: "Wenn man logisch darüber nachdenkt, könnte etwas dran sein." In der Psychologie der Farben wirkt blau eher beruhigend, kann aber auch Unsicherheiten ausgleichen. Rot dagegen ist eine Farbe der Leidenschaft, sie steht für Mut, während man Grün gemeinhin als die Farbe der Hoffnung sieht.
"Blau beflügelt!"
Der Linzer Meeting-Macher Percy Hirsch, der die Kombination von blau mit dem grünen Rasen positiv als kontrastreich bewertet, lässt sich von solchen Gedankenspielen nicht beeindrucken und entgegnet selbstbewusst: "Blau beflügelt!"
Für Perdita Felicien trifft das allemal zu. Sie hat zuletzt in Linz auf blauem Untergrund gewonnen, Weltmeisterin ist sie auf Rot geworden, von sportlichen Höchstleistungen kann sie die Farbe also ohnehin nicht abhalten: "Wichtig ist, dass der Belag aus einem guten Material ist. Und so lange ich nicht auf Bahn null oder zehn laufen muss, ist mir die Farbe auch nicht so wichtig." Wobei sie insgeheim schon einen Wunsch hätte und verrät: "Meine Lieblingsfarbe ist lila! Eine lila Bahn, das wäre toll…"