Carlo Thränhardt will’s noch mal wissen
Hochsprung-Legende Carlo Thränhardt (55) wagt sich beim 34. Hochsprung-Meeting in Eberstadt noch einmal mit Spikes über Latte und Matte. Der zweimalige Eberstadt-Sieger (1988 und 1989) will sich am Freitag (17. August; 16.30 Uhr) im Rahmen des Juniorinnen-Wettbewerbs die Senioren-Weltbestleistung der Altersklasse M55 holen, die seit 2006 vom zweifachen Deutschen Meister Thomas Zacharias (USC Mainz) mit 1,84 Meter gehalten wird.
Das Hochsprung-Mekka Eberstadt hat auf Carlo Thränhardt schon immer eine magische Anziehungskraft ausgeübt. Elf Mal war „der lange Blonde“ unterm Eberfürst am Start. Neben zwei Siegen wurde er dreimal Zweiter und einmal Dritter.„Ich mag einfach Veranstaltungen, bei denen mit viel Atmosphäre und toller Zuschauerunterstützung großartige Leistungen möglich sind“ sagte Carlo Thränhardt, als er 1993 die Spikes an den Nagel hing. „Was ist schon eine Olympiateilnahme gegenüber der Auszeichnung zum Ehrenwengerter“, kommentierte er seinen Abschied vom Hochsprung zwischen Wein und Reben.
Meeting-Direktor Peter Schramm ist noch heute voll des Lobs für eines seiner Aushängeschilder. „Carlo hat unheimlich viel für das Eberstädter Meeting getan“, lobt er eines seiner Zugpferde.
Vielseitiger Lebemann
Dabei übte Eberstadt nicht nur wegen der Höhenflüge unter dem Eberfürst große Reize aus. Carlo Thränhardt war nach jedem Meeting Gast in der Winzergenossenschaft, um sein Weindepot aufzufüllen. Unmittelbar nach seinem letzten Sprung in Eberstadt wurde der Hochspringer, dem immer das Image des „Lebemanns“ anhaftete, auf dem Tennisplatz unter der Eberfürst-Arena gesehen: In der einen Hand den Tennisschläger, in der anderen ein Weizenbierglas und die Zigarette im Mund.
„Ich habe härter trainiert als alle anderen und dann zur Regeneration eben mal ein Glas Wein oder Bier getrunken und eine Zigarette geraucht“, merkte Carlo Thränhardt zu seinem Image an. Nach seinem Abschied von Latte und Matte arbeitete er als Kommentator im Fernsehen. Er kommentierte unter anderem für „Premiere“ die Golden League-Meetings der Leichtathletik.
Für Aufsehen sorgte Carlo Thränhardt als Teilnehmer der ersten Staffel der Soap-Serie „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“. In der Münchner Szene zählt er zum Freundeskreis von Tennis-Star Boris Becker. Inzwischen ist er verheiratet, Vater eines 13-Jährigen Sohns und als Personal Coach tätig.
Europarekordler und Olympia-Teilnehmer
1988 stellte Carlo Thränhardt in Berlin mit 2,42 Metern den bis heute gültigen Hallen-Europarekord auf. Nur Weltrekordler Javier Sotomayor (Kuba; 2,45 m) sprang jemals höher als der Deutsche. Insgesamt zehn Athleten überwanden jemals 2,40 Meter. Dazu zählt als Letzter Ivan Ukhov, der Olympiasieger von London (Großbritannien), der in Eberstadt am Sonntag (19. August) starten wird.
„Wir waren damals mit Patrick Sjöberg, Igor Paklin, Dietmar Mögenburg, Sorin Matei eine verschworene Gilde, die sich gegenseitig motivierte und über die 2,40 Meter trieb“, erinnert sich der zweimalige Olympiateilnehmer Carlo Thränhardt an diese erfolgreiche Zeit.
Test über 1,80 Meter
„Wie hoch kann ich noch springen?“ fragte sich Carlo Thränhardt vor ein paar Monaten und dachte sofort an Eberstadt-Macher Peter Schramm. „Ich bin ins Münchner Olympiastadion gegangen und habe zuerst 2,42 Meter aufgelegt und dann die 1,85 Meter, die Weltbestleistung in meiner Altersklasse bedeuten“, berichtet er.
Carlo Thränhardt begann mit Lauftraining, sprang dreimal über die Latte und überquerte sofort 1,80 Meter. „Mit der Eberstadt-Atmosphäre müssten die 1,85 Meter möglich sein“, glaubt er. Dies hat für einen, der in seinen besten Zeiten beim Einspringen im Schersprung 2,15 Meter überwand, immer noch einen Reiz. Und das Eberstädter Publikum wird ihm zurufen: Mach‘s nochmal, Carlo!