Carolin Nytra - „Leistung zum Höhepunkt“
Hürdensprinterin Carolin Nytra hat ein bewegtes halbes Jahr hinter sich. Nach dem Gewinn von EM-Bronze in Barcelona wechselte die 25-Jährige von Bremen nach Mannheim zu Rüdiger Harksen und hatte zuletzt mit einer leichten Verletzung zu kämpfen. Beim Sparkassen-Cup am Samstag in Stuttgart gelang Carolin Nytra mit 7,92 Sekunden und einem Sieg über Hallen-Weltmeisterin Lolo Jones (USA) ein starker Start in die Saison.
Carolin Nytra, wie bewerten Sie Ihren Start in Stuttgart nach den letzten turbulenten Wochen?Carolin Nytra:
Diesen Start hatte ich mir nicht zu träumen gewagt. Ich bin sehr froh, dass Menschen wie mein Freund Sebastian Bayer und mein neuer Trainer Rüdiger Harksen zu mir gehalten und mir einiges abgenommen haben.
Wo lagen die Probleme in dieser Zeit?
Carolin Nytra:
Ich habe mir vor vier Wochen bei Tempoläufen im Training eine Zerrung im Beuger am Sitzbein zugezogen und musste das Training abbrechen. Nur dank täglicher Physiotherapie kam ich wieder auf die Beine, konnte aber kein Hürdentraining absolvieren.
Umso höher sind die 7,92 Sekunden einzuordnen...
Carolin Nytra:
Ich bin noch nie so schnell in eine Saison gestartet, meine Bestleistung liegt bei 7,89 Sekunden. Allein dies ist schon eine Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dass ich dafür gemeinsam mit Malte Mohr beim weltbesten Indoormeeting den Sparkassenpreis für die beste Tagesleistung bekommen habe, kam völlig unerwartet. Das finde ich geil. Ich habe nämlich noch nie einen Preis gewonnen.
War dies auch ein kleiner Ersatz für das Gerangel um die Startfreigabe mit Ihrem alten Verein?
Carolin Nytra:
Die Sache war sehr nervig. Nach den vielen Jahren in Bremen hatte ich mir einen anderen Abschied gewünscht. Ich stand immer zu Bremen, doch dann wurden einige Nebenkriegsschauplätze aufgemacht, die mich einige Nächte nicht schlafen ließen.
Wie wurde das Problem letztlich gelöst?
Carolin Nytra:
Durch eine Spende an die Leichtathletik-Jugend im Verband und in meinem ehemaligen Heimatverein TuS Komet Arsten bin ich aus dem bestehenden Vertrag herausgekommen.
Welcher Betrag ist dabei geflossen?
Carolin Nytra:
Mein komplettes Startgeld, das ich in Stuttgart bekommen habe, ist nach Bremen gegangen, ich habe es also selber bezahlt.
Was sind die wesentlichen Veränderungen seit Ihrem Wechsel?
Carolin Nytra:
Zunächst ist es mir sehr schwer gefallen, unsere schöne Wohnung in Bremen aufzugeben. Da habe ich schon eine Träne weggedrückt. Inzwischen haben wir uns in Mannheim sehr gut eingelebt.
Aber noch entscheidender sind die sportlichen Veränderungen...
Carolin Nytra:
Ich trainiere erstmals in meiner Laufbahn in einer Leichtathletik-Halle. In der Trainingshalle herrscht eine sehr leistungsorientierte Atmosphäre. Dann habe ich mit Rüdiger Harksen den Wunschtrainer im Hinblick auf meine Weiterentwicklung. Meine Freiluftbestleistung von 12,57 Sekunden zu toppen, ist sehr schwierig. Diese Leistung aber genau zu den Höhepunkten abzurufen, ist unser gemeinsames Ziel. Diesbezüglich ist Rüdiger hochkompetent.
Wo liegen Ihre Ziele in der weiteren Hallen-Saison 2011?
Carolin Nytra:
Bei der Hallen-EM in Paris auf den Punkt topfit zu sein, ist ein Ziel. Ich denke schon, dass ich meine Bestleistung von 7,89 Sekunden steigern kann. Alle, die in einem Finale stehen, können gewinnen, denn beim Hürdenlauf kann so viel passieren. Diese Erfahrung habe ich in Barcelona gemacht.
In Stuttgart haben Sie immerhin die Hallen-Weltmeisterin Lolo Jones geschlagen. Gibt das nicht Selbstvertrauen?
Carolin Nytra:
Natürlich. Aber ich war im letzten Jahr schon in Zürich und Berlin vor ihr. Ich will ihr damit zeigen, dass ich da bin.
Wie sieht Ihr weiterer Plan in der Hallensaison aus?
Carolin Nytra:
Ich werde ich Düsseldorf und Karlsruhe starten und dann bei den Deutschen Meisterschaften in Leipzig.
Carolin Nytra begegnet einem fast immer als Strahlefrau mit einem Lächeln im Gesicht. Entspricht das Ihrem Naturell?
Carolin Nytra:
Ich denke, ich bin ein freundlicher Mensch. Deswegen lache ich auch privat sehr viel. Wenn ich im Sport mein Lachen verliere, höre ich auf.
Carolin Nytra und Sebastian Bayer treten in den Stadien und Hallen fast immer miteinander, fast symbiotisch auf. Wie stark ist die Verbindung auf den Sport bezogen?
Carolin Nytra:
Es ist schwierig, wenn wir beide bei Wettkämpfen sind, getrennt wahrgenommen zu werden. Für uns beide ist es jedoch wichtig, dass wir eigene sportliche Wege gehen. Jeder von uns quält sich im Training und hat deshalb auch seine Anerkennung verdient.