Carolin Nytra liebt die Perfektion
Nach einer perfekten Saison bereitet sich Hürdensprinterin Carolin Nytra (Bremer LT) derzeit im Trainingslager in Monte Gordo (Portugal) auf die WM-Saison 2009 vor. „Hätte mir vor einem Jahr einer gesagt, dass ich als Zwölfte von den Olympischen Spielen in Peking zurückkehre, den hätte ich für verrückt erklärt“, sagt die gebürtige Hamburgerin im Rückblick auf den Sommer.
Gerade einmal elf Jahre ist es her, als sie mit ihrem damaligen Trainer Marco Rohrer (LG HNF Hamburg) im Regen vier Kilometer durch den Wald gelaufen ist und erstmals mit der Leichtathletik in Berührung kam. Danach ging es Schritt für Schritt nach oben.Ihren ersten Titel sicherte sie sich 1999 in Hamburg, kam dann 2001 bei der B-Jugendmeisterschaft sofort in den Endlauf, wurde 2004 Sechste bei der Junioren-WM, ehe sie sich 2007 und 2008 jeweils den DM-Titel holte. In diesem Jahr schraubte sie ihre Bestzeit über 100 Meter Hürden beim Bayer-Meeting in Leverkusen schließlich auf 12,82 Sekunden. „Ich bin überzeugt es geht noch mehr, denn eigentlich hätte ich im Halbfinale von Peking (12,99 sec) eine noch bessere Zeit anbieten können“, ist sie optimistisch für die Saison 2009 und das große Ziel WM, denn sie hat in diesem Jahr viel Selbstbewusstsein getankt.
Trainer mit großem Anteil und Hundewette
Einen großen Anteil an ihrem Erfolg schreibt sie ihrem Trainer Jens Ellrott zu, der sie seit ihrem Wechsel nach Bremen trainiert. „Wir sprechen eine Sprache und ich kann immer relativ schnell umsetzen, was er verlangt. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, das von Respekt und Disziplin geprägt ist.“ Vor der Saison hatte der Coach mit ihr gewettet, wenn sie die Qualifikation für Peking schafft, dann bekommt sie von ihm einen Hund geschenkt. „Die Wette habe ich zwar gewonnen, aber er hat sie noch nicht eingelöst.“
Ein weiterer Erfolgsfaktor war die Zusammenarbeit mit dem damaligen DLV-Disziplintrainer und aktuellen DLV-Cheftrainer Track, Rüdiger Harksen, die reibungslos geklappt hat. „Rüdiger hat unsere Trainingspläne um Nuancen ergänzt und Kleinigkeiten waren es oft, die entscheidend waren.“
Berufsausbildung in der Tasche
Ausgezahlt haben sich vor allem die zahlreichen Tempoläufe, denn rein technisch ist Carolin Nytra über die Hürden inzwischen nahezu „perfekt“ - ein Wort das die sympathische Hamburgerin, die privat mit dem Leverkusener Weitspringer Sebastian Bayer zusammen ist, sehr gern und oft in den Mund nimmt.
Nach dem Abitur 2004 hat sie in Hamburg erfolgreich eine Lehre als Bankkauffrau absolviert. „Als ich das Angebot hatte, habe ich erst einmal gezögert, denn Zahlen und ich sind wie Nord- und Südpol.“ Doch heute ist sie froh, eine abgeschlossene Berufsausbildung zu haben.
Im Studium für Spitzensportler
Seit 2006 studiert sie an der Uni Oldenburg BWL für Spitzensportler. Vorteil dabei: Es kann sehr viel online gearbeitet werden. Ob Hausarbeiten im Internet oder Chatten mit den Professoren: gerade wenn man viel unterwegs ist, stellt ein Online-Studiengang ein ideales Modell dar. Hinzu kommt, dass es für Carolin Nytra finanzierbar ist, denn sie hat bis 2010 ein Stipendium vom Energiekonzern EWE.
Schon jetzt freut sie sich auf die Hallensaison und die bevorstehenden Europameisterschaften im März in Turin (Italien). „Ich brauche Wettkämpfe, um mich messen zu können.“ Auch die Trainingslager für die WM-Saison stehen bereits fest: Anfang Januar geht es nach Fuerteventura (Spanien), ehe im April Stellenbosch in Südafrika und im Mai Ayamonte (Spanien) auf dem Programm stehen.
WM-Quali kein Selbstläufer
Die Norm für die WM liegt in Berlin bei 12,96 Sekunden. „Natürlich erwartet jeder, dass ich das schaffe. Es ist sicherlich kein Selbstläufer, aber wenn ich es nicht schaffe, dann habe ich bei der WM auch nichts verloren.“
Doch daran verschwendet sie keinen einzigen Gedanken, denn sie möchte in Berlin auf jeden Fall so schön jubeln wie in Peking. Und wenn es geht, dann nicht nur in drei, sondern in vier Läufen, was die Finalteilnahme bedeuten würde.